Automatisierung

Gläser auf dem Catwalk

Visuelles Inspektionssystem prüft Etiketten, Siegel und Ablaufdatum auf Gläsern

21.11.2013 -

Lebensmittelverpackungen sind eine heikle Sache. Denn diese müssen nicht nur hygienisch einwandfrei sein - hier müssen auch Etikett, Originalitätssiegel und Ablaufdatum sitzen. Geprüft wird das mit einem visuellen Inspektionssystem, das mit Farbkameras ausgestattet ist.

Gläser mit Lebensmitteln müssen vor dem Versand inspiziert werden, um sicherzustellen, dass deren Deckel mit einem Ablaufdatum bedruckt und die richtigen Etiketten befestigt wurden. Zudem muss geprüft werden, ob die manipulationssicheren Originalitätssiegel vorhanden sind. In der Vergangenheit wurden die Gläser manuell kontrolliert - ein zeitaufwändiger und teurer Prozess, der anfällig für menschliche Fehler war. Um die Kosten für die manuelle Kontrolle zu senken und die Effizienz zu steigern, hat Adbro Controls ein automatisiertes visuelles System für die Inspektion ihrer Produkte entwickelt. Durch die Neukonfiguration der Kontroll-Software des Systems kann es verschiedene Formen und Größen von Gläsern mit Lebensmitteln, wie zum Beispiel Mayonnaise, Senf und Salatdressing inspizieren.
Im Betrieb werden die Gläser mit bestimmten Lebensmitteln per Förderband mit einer Geschwindigkeit von 0,5 m/s in das Inspektionssystem transportiert. Dort wird eine Lichtreflexschranke aktiviert und mit einem auf dem Förderband montierten Encoder die Position des Glases verfolgt, bis es die optimale Position im System erreicht hat. Dann werden fünf Kameras ausgelöst, die eine 360°-Rundumsicht des Glases und eine Abbildung des Deckels aufnehmen. Vier der fünf BFLY-PGE-13E4-Blackfly-Farbkameras von Point Grey haben CS-Mount-Objektive mit 6 mm Brennweite und sind in der X/Y-Achse 300 mm vom Glas entfernt montiert, um vier Bilder von der Außenseite aufzunehmen. Jede Kamera ist mit einem Polarisationsfilter ausgestattet, um sicherzustellen, dass weißes LED-Licht nicht das Bild der gegenüberliegenden Kamera überbelichtet. Die fünfte Blackfly-Kamera wird PC-gesteuert zur Einstellung auf unterschiedlich hohe Gläser in der Vertikalen bewegt. Diese Kamera nimmt ein Bild von der Oberseite des Glases auf. Das Objektiv der senkrecht montierten Kamera ist an einer undurchsichtigen Platte aus Hartplastik mit Blendenöffnung montiert. Dies bietet eine günstige Alternative zu einer Lichtkuppel. Das Licht der vier LEDs in der X/Y-Achse wird von der Platte reflektiert, wodurch die Oberseite des Glases einheitlich diffus ausgeleuchtet wird. Nachdem das System ausgelöst und die Daten von den Kameras aufgenommen wurden, werden die Daten über GigE-Interfaces zu einem GigE-Switch in einen Intel-Multicore-i7-PC geladen, wo die fünf Bilder von der Vision-Inspektions-Software verarbeitet werden.

Gläser positionieren und inspizieren
Die Software-Komponenten des gesamten Vision-Inspektionssystems wurden mit der objektorientierten Programmiersprache C# entwickelt. Die Komponenten berechnen gemeinsam die Position der Gläser am Förderband, lösen die Kameras zur Bildaufnahme aus und berechnen, ob ein fehlerhaftes Glas gefunden wurde. Falls dies der Fall ist, wird ein Ausleitsystem aktiviert, das das Glas aus der Linie entfernt. Um das Vorhandensein von Ablaufdatum, Etikett und Siegel festzustellen, umfassen die Bildverarbeitungskomponenten des Systems verschiedene C#-Klassen, die für jedes Inspektionsverfahren geschaffen wurden. Diese Klassen rufen Routinen zur Bildverarbeitung von der integrierten Entwicklungsumgebung (Integrated Development Environment, IDE) der Halcon-Software auf, um die spezifischen Sätze der Bildverarbeitungsroutinen auszuführen.
Durch die C#-Programmierung können die mit den spezifischen Operationen innerhalb der Klassen verbundenen Eigenschaften der Bildverarbeitungsroutinen dem Nutzer durch eine HMI-Schnittstellen-Komponente, die ebenfalls in C# geschrieben wurde, angezeigt werden. Dadurch können sie mittels einer grafischen Benutzerschnittstelle modifiziert werden.
Bevor die entsprechenden Bildverarbeitungsoperationen ausgeführt werden, wird das System auf das Finden einer spezifischen Glasart programmiert. Dazu wird zuerst ein Glas in die Bildverarbeitungsstation gestellt und ein Bild davon aufgenommen. Dann wird ein auf der Form beruhendes Modell der gekrümmten Bereiche im Bild von der Oberkante des Verschlusses bis zum Körper erstellt. Dieses auf der Form beruhende und für jede Produktart einzigartige Modell wird gemeinsam mit dem dazu relativen Ort des Etiketts in der Datenbank des Systems gespeichert.
Während eines Arbeitslaufs wird die gleiche Form unter Anwendung eines auf der Form beruhenden Matching-Algorithmus der MVTec-Bildverarbeitungsbibliothek identifiziert. Das System kann dann die genaue Position des Glases im Bild bestimmen. Von diesen Daten kann dann die Position des Etiketts abgeleitet werden. Während des Einrichtungsprozesses wird dem System auch ein Bereich von akzeptablen Werten für die Farbe des Etiketts beigebracht. In einem Arbeitslauf wird der Bereich, wo ein Etikett vorhanden sein sollte, unter Anwendung eines Farbschwellenwert-Algorithmus verarbeitet, um zu bestimmen, ob der Bereich innerhalb der festgelegten Toleranzen liegt.
Auch wenn die Blackfly-Farbkameras RGB-Werte liefern, werden diese zur Verarbeitung im HSI-Farbraum umgewandelt. Der HSI-Farbraum wurde gewählt, da er stark der menschlichen Farbwahrnehmung entspricht. Es ist üblicherweise mit HSI einfacher, einen guten Schwellenwert zu finden. Das System unterstützt aber auch das Einstellen von Schwellenwerten mittels RGB-Farbraum.
Das manipulationssichere Originalitätssiegel ist normalerweise ein farbiger Streifen, der am Deckel und Körper des Glases befestigt ist. Um festzustellen, ob es vorhanden ist, benutzt das System ebenfalls die auf der Form beruhende Matching-Technik, um die Position des Glases im Bild zu bestimmen. Nachdem dies durchgeführt wurde, legt die Software den Bereich fest, wo das Siegel am wahrscheinlichsten gefunden werden kann. Danach wird ein Farbschwellenwert-Algorithmus der Halcon-Bildverarbeitungsbibliothek benutzt, um die Teile des Bildes zu entfernen, die in einen festgelegten Farbbereich fallen. Dadurch können dann Objekte mit Werten außerhalb dieses Bereichs - wie beispielsweise das Siegel - identifiziert werden.
Nicht nur die Algorithmen zur Erkennung des Etiketts und des Siegels benutzen auf der Form beruhendes Matching, sondern auch die Software zur Erkennung des Ablaufdatums. Mit diesen Daten legt das System den Bereich am Deckel des Glases im Bild fest, wo sich das Ablaufdatum wahrscheinlich befindet. Nachdem dies ausgeführt wurde, wird am Bild ein lokaler Farbschwellenwert-Algorithmus angewendet, um jegliches auf dem Deckel vorhandene Ablaufdatum zu extrahieren. Das System kann dann bestimmen, ob ein Ablaufdatum vorhanden ist oder nicht. Die Daten jeder Kamera werden für die Bildverarbeitung jeweils einem individuellen Thread zugewiesen, die das Betriebssystem wie erforderlich frei auf die Prozessorkerne verteilen kann. Zudem unterstützen viele der Algorithmen der Halcon-Software automatisch mehrere Kerne.

Ausschuss erkannt und vom Förderband verbannt
Nachdem das Vision-System bestimmt hat, ob das Glas ein Ablaufdatum, ein Etikett und Originalitätssiegel hat oder nicht, werden die Ergebnisse von drei Inspektionsprozessen von einer anderen Komponente der C#-System-Software protokolliert. Falls einer der drei Bestandteile fehlt, nutzt die System-Software die Daten der Lichtreflexschranke und des Encoders, um zu bestimmen, wann es einen Satz an Luftdüsen von SMC sequentiell auslösen muss, um das fehlerhafte Produkt beim Verlassen der Vision-Station auszuwerfen. Wenn das Vision-System ausgelöst wird und kein Produkt in den Bildern der Kameras findet, dann nimmt es an, dass ein schlechtes Produkt gefunden wurde und aktiviert automatisch die Sequenz zum Auswerfen.
Um sicherzustellen, dass keine fehlerhaften Produkte an Kunden ausgeliefert werden, wird eine zweite Lichtreflexschranke ausgelöst, wenn ein als Ausschuss bestimmtes Produkt weiterhin auf dem Förderband transportiert wird. Dadurch wird eine Alarmmeldung an den Bediener geschickt, um diesen zu informieren, dass das Produkt manuell entfernt werden muss.
Da in dem System verschiedene Arten an Gläsern und deren Eigenschaften mittels dem Einsatz von spezifischen, auf der Form beruhenden Modellen gespeichert wurden, kann es vom Bediener mit dem HMI-Touchscreen-Interface neu konfiguriert werden und so eine Vielzahl an verschiedenen Produktarten inspizieren. Zusätzlich zur Identifizierung von fehlerhaften Gläsern mit Lebensmitteln führt die Software auch eine statistische Datenbank, die dem Anlagenbetreiber die vorkommenden Ausschussarten nennt - entweder fehlende Etiketten, Siegel oder Ablaufdaten. Es werden auch Daten generiert, wie viele der Inspektionsparameter, wie beispielsweise die Farbe der Etiketten, während einem Arbeitslauf innerhalb der Spezifikationen lagen. Diese Daten werden in Excel-Tabellen eingepflegt, damit das Produktionspersonal die vom System bereitgestellten statistischen Daten visualisieren kann.
Das System kann auch Bilder der Gläser eines Arbeitslaufs exportieren, wodurch Techniker per Fernzugriff die Wirksamkeit des Systems während dem Betrieb analysieren und jegliche gegebenenfalls erforderlichen Modifizierungen der Software vornehmen können. Das System kann auch zur Durchführung anderer Inspektionen, zum Beispiel dem Lesen von Ablaufdaten, durch Hinzufügen neuer Messklassen erweitert werden. Messklassen können die Ergebnisse vorangegangener Messungen in ihren Berechnungen nutzen, zum Beispiel könnten die in den lokalen Schwellenwert-Messungen gefundenen Bereiche zur Bestimmung, ob ein Ablaufdatum vorhanden ist, an eine OCR-Messklasse zum Lesen des Datums weitergereicht werden.

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