Automatisierung

Drastische Reduktion der Systemkosten bei komplexen Inspektionsaufgaben

28.09.2011 -

Immer neue Qualitätsanforderungen bei gleichzeitig zum Teil rasant steigenden Geschwindigkeiten führen in vielen Bereichen der Inspektion zu teils dramatischen Engpässen in den Bus-Systemen der heute erhältlichen PC-Systeme. Der Beitrag beschreibt anhand des Websight-Systems der Basler AG, wie diese Probleme gelöst und die Inspektions-Systeme auch für zukünftige Aufgaben ausgelegt werden können - und dies alles bei einer gleichzeitigen drastischen Reduktion der Systemkosten!

Basler AG, einer der führenden Hersteller industrieller BV-Systeme, bietet seit 2001 unter dem Namen Websightsysteme für die Webinspektion, also die Inspektion von Warenbahnen, an. Diese Systeme werden weltweit (Anteil des Exports liegt bei über 70 %) vertrieben. Zielkunden sind Hersteller von technischen Spezialfolien, wie bspw. Polarisationsfolien für die Herstellung von TFT-Monitoren. Allen Kunden gemeinsam sind hohe Anforderungen an die Qualität, die eine 100%-Inspektion notwendig machen. Aufgrund der Marktsituation ist eine Produktion im 24 Stunden-/ 7 Tage-Betrieb eher die Regel als die Ausnahme. Daher ist eine hohe Verfügbarkeit des Inspektions-Systems unerlässlich.

Neben der eigentlichen Fehlererkennung wird selbstverständlich auch Wert auf die Dokumentation sowie das Reporting gelegt. Hier hat die Software des Websight ihre besonderen Stärken: Umfangreiche Auswertungs- und Berichtoptionen ermöglichen es dem Kunden, nicht nur seine Qualität zu 100% zu dokumentieren, sondern darüber hinaus aus den gewonnenen Daten Maßnahmen für die Qualitätsverbesserung abzuleiten. Die Websight hat also beim Endkunden gleich mehrfach eine Schlüsselstellung als unverzichtbarer Bestandteil der Produktionslinie.

Die Kundenforderungen lesen sich beeindruckend:

  • Warenbreite bis zu 160 cm
  • Warengeschwindigkeit 30 m/min
  • Benötigte Auflösung 50 μm

Auf Basis dieser Spezifikationen ist das Websight mit derzeit neun Zeilenkameras à 4096 Pixel ausgerüstet, die mit einer Datenrate von 41 MHz arbeiten (Abb.1).

Zukünftige Anforderungen mit in etwa verdoppelter Auflösung (dann 25 μm) und möglicher Weise erhöhter Geschwindigkeit machen den Einsatz weiterer Kameras mit noch wesentlich höheren Datenraten notwendig.

Ein weiterer Aspekt ist die von Kundenseite geforderte hohe Verfügbarkeit, da jeder Fehler am Inspektions-System sofort zum Produktionsstillstand führen würde. Aus Kundensicht ist auch eine raumsparende Installation wichtig, da sich die Anlagen zum größten Teil in Reinräumen befinden.

Für Basler entscheidend ist eine große Flexibilität, die es möglich macht, das System auf verschiedenste Kundenbedürfnisse jetzt, aber auch in Zukunft, einrichten zu können. Dies umfasst das Einbinden neuer Kameras ebenso wie die Adaption an verschiedene Maschinen diverser Hersteller von Anlagen und Maschinen für die Kunststoffverarbeitung.

Basler AG hat diese Anforderungen bisher mit folgendem Systemaufbau gelöst: Für jede Zeilenkamera stand ein Grabber (PCI) zur Verfügung. Aufgrund der Bandbreite des PCI-Busses wurde nicht mehr als ein Grabber pro PC eingesetzt, sondern mehrere PCs miteinander vernetzt. Auf Basis der oben angesprochenen Anforderungen bestand ein System also aus 

  • 9 Zeilenkameras à 4.096 Pixel
  • 9 PCI Bus Frame Grabbern
  • 9 PCs (diese sind miteinander vernetzt)
  • spezielle, maßgeblich von Basler entwickelte Leuchten ermöglichen eine gleichbleibend hohe Lichtausbeute bei niedrigen Temperaturen

Für die bisherigen Anforderungen war somit eine stabile, wenn auch sehr kostspielige Lösung gefunden worden. Allerdings war klar, dass man sich mit dieser Lösung an der Leistungsgrenze bewegte, zumal die Vernetzung selbst zunehmend dringend für die Auswertung benötigte Prozessorleistung verwendet und mit der Anzahl der Clients auch immer weniger echtzeitfähig wird.

Eine der Kernkompetenzen von Basler ist die Software und so verwundert es nicht, dass im Zuge der geplanten Umstellung auf Windows XP auch das Systemdesign neu überarbeitet werden sollte. Ziel war es, die Anzahl der PCs und Framegrabber drastisch zu reduzieren, um die derzeitigen Anforderungen mit deutlich weniger Hardwareaufwand lösen zu kön-nen, sowie genügend Leistung für künftige Entwicklungen zu Verfügung zu haben.

Wie bisher sollte als Kameraschnittstelle die bewährte CameraLink-Schnittstelle zum Einsatz kommen. In diesen Überlegungen kam es Basler sehr entgegen, dass mit PCI-X und PCI-Express (PCIe) neue Bus-Systeme mit enorm hoher Bandbreite zu Verfügung stehen. Bei genauerer Marktbetrachtung stellte sich jedoch rasch heraus, dass der PCIe derzeit weniger geeignet scheint. Zwar bieten PCIe x4 Slots genügend Bandbreite, um bis zu zwei Kameras mit Datenraten jenseits von 40 MHz zu grabben, aber derzeit gibt es am Markt noch keine Motherboards, die mehr als einen x4 Slot bieten. Damit wäre theoretisch eine Halbierung der Anzahl der benötigten PCs möglich (zwei Kameras pro Grabber, ein Grabber pro PC). PCI-X hingegen ermöglicht schon heute sowohl die geforderte Datenrate pro Slot (bis zu 1Gbyte/s mit einem PCI-X/133MHz Slot), wie auch die Verwendung von mehreren Grabbern in einem System. Nachteilig ist bei dieser Lösung allerdings das eingeschränkte Angebot an PCI-X Computern sowie deren Preis. Ideal wären also Boards, die eine Migration auf PCIe ermöglichen, sobald die entsprechenden Motherboards verfügbar sind.

Vor diesem Hintergrund wurde man auf das Solios XCL Board von Matrox Imaging aufmerksam. Wie auf dem Blockschaltbild (Abb. 2) ersichtlich, ist dieses Board in einer Variante für den PCI-X und mittlerweile auch für den PCIe, ein Framegrabber mit zwei voneinander unabhängigen CameraLink Eingängen in Base-Spezifikation, verfügbar. Zusätzlich kann der Solios mit einem frei programmierbarem FPGA erweitert werden, so dass die Vorverarbeitung auf dem Grabber möglich wird, ein Feature, dem bei steigenden Geschwindigkeiten und Datenraten immer mehr Bedeutung zukommt. Selbstverständlich läuft das Board unter Windows 2000 und XP, darüber hinaus ist eine Linux-Version verfügbar.

Für Basler ergab sich aus diesen Daten folgendes Bild: Durch die Verwendung des Solios XCL in der PCI-X Version wäre es möglich, drei Grabber in einem PC gleichzeitig zu betreiben, jeden Grabber mit zwei Kameras. Sind beim bisherigen System in der typischen Konfiguration mit neun Kameras noch neun PCs und neun Framegrabber notwendig, so würde man bei Verwendung des Solios sieben PCs und vier Framegrabber einsparen.

Der Einsatz neuer Hard- und Softwarekomponenten für die BV in einem System ist nie einfach und muss wohl überlegt sein. Neben den faktischen, oben angeführten, Überlegungen und dem Vergleichen von Spezifikationen sind noch eine Reihe anderer Kriterien wichtig, die man im Allgemeinen unter dem Stichwort ‚Service’ zusammenfasst. Dies beinhaltet sowohl die technische Unterstützung bei Schwierigkeiten, die Liefertreue und Langzeitverfügbarkeit des Produktes, wie auch den Willen und die Fähigkeit des Lieferanten, auf spezielle Bedürfnisse einzugehen.

Für Basler war bereits in den Vorüberlegungen eine ausgefeilte Encoder-Steuerung wichtig. Die Kameras werden über den Encoder der Maschine (je nach Installation auch über einen im Websight integrierten Encoder) getriggert. Dabei muss der Framegrabber in der Lage sein, die Drehrichtung und damit die Laufrichtung der Ware zu erkennen. Im Produktionsalltag kommt es immer zu kurzen Maschinenstillständen, sei es, um manuell Proben für andere Tests zu entnehmen, oder aus anderen Gründen. Technisch stellt sich ein solcher Stillstand jedoch als relativ komplex dar, denn faktisch steht die Maschine nicht, sondern oszilliert um den Haltepunkt.

Da die Bilder, insbesondere die Fehlermarkierungen, mit den – ebenfalls durch den Encoder gewonnenen – Längendaten synchronisiert sind, muss dafür Sorge getragen werden, dass das BV-System erst wieder Bilder zur Analyse liefert, wenn der Haltepunkt in der richtigen Drehrichtung, also in Richtung der normalen Warenbewegung, durchschritten ist. Zu diesem Zweck muss der Grabber die entgegen der Maschinenlaufrichtung eintreffenden Encoderimpulse zählen und darf erst dann wieder grabben, wenn dieser Zähler wieder den Nullpunkt erreicht.

In den Vorgesprächen mit Matrox Imaging wurde auf diese Schwierigkeit hingewiesen. Matrox Imaging erklärte sich bereit, die entsprechenden Änderungen an der Solios Firmware durchzuführen und vor einem Kauf durch Basler ein System aufzubauen. Es wurde eine Demonstration mit drei Solios XCL, jeweils mit zwei 40 MHz/4096Pixel Zeilenkameras, in einem PC aufgebaut. Der Trigger wurde durch einen Encoder generiert. Dieses so konfigurierte System wurde der Basler AG vor Ort vorgeführt und damit der Beweis erbracht, dass die gestellte Aufgabe erfüllt werden kann.

Nachdem sich Basler für den Kauf der ersten Solios XCL entschieden hat, ist in einer sehr engen Zusammenarbeit der Entwicklungsabteilung von Basler AG sowie dem technischen Support von Matrox in Deutschland und der Produktentwicklung in Kanada ein ausgesprochen leistungsfähiges Inspektions-System der neuesten Generation entstanden. Mittlerweile sind drei Systeme ausgeliefert worden. Allein in diesen drei Systemen konnten 21 PCs und 15 Framegrabber eingespart werden.

Weitere Einsparungen ergeben sich selbstverständlich durch den wesentlich vereinfachten Systemaufbau und damit einhergehend der leichteren Installation und Inbetriebnahme, vereinfachten Lie-ferlogistik und Ersatzteilhaltung. Hinzu kommt ein Zugewinn an Flexibilität, z. B. den Aufstellungsrot betreffend. Durch die neue Technologie kann auch der Vertrieb gezielt neue Märkte bearbeiten, in der Gewissheit, dass das System auch höhere Anforderungen jederzeit abbilden kann.

Erklärtes Ziel ist es denn auch, mit Websight neue Märkte im Bereich der High-Tech-Folien zu erschließen. In den nächsten Schritten werden neue Zeilenkameras mit 6 K-Pixel und 8 K-Pixel integriert. Auch hier kommt Basler AG die große Flexibilität des Solios XCL zu Gute. Die Adaption neuer Kameras kann wahlweise von Basler selbst mit dem Hilfsprogramm Intellicam vorgenommen oder kostenfrei vom Support der Matrox Imaging übernommen werden.

Auch dem Umstieg auf neue Rechnergenerationen mit PCIe Bus kann Basler mit großer Gelassenheit entgegen sehen, da Matrox Imaging als kostenlosen Service den Test der in Frage kommenden PCs mit den Framegrabber-Karten anbietet.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die neuen Bus-Systeme für die BV große Chancen bieten. Nach wie vor müssen allerdings die einzelnen Komponenten sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. In enger Zusammenarbeit mit Matrox Imaging ist es Basler AG gelungen, ein Maximum an Performance, Stabilität bei gleichzeitig drastischer Reduktion der Systemkosten zu realisieren. Gleichzeitig ist es gelungen, eine Plattform zu schaffen, die auch neuen Anforderungen gewachsen ist. Weitere Einsparpotentiale können bspw. durch den Umstieg auf PCIe realisiert werden.

Schließlich steht für ein Unternehmen wie Basler AG der Kundennutzen an erster Stelle. Auch hier sind große Vorteile zu verzeichnen. Die einfachere Struktur, schnellere Installation und Inbetriebnahme sind, neben der in Reinräumen immer gewünschten Platzersparnis, zählbare Vorteile für den Endkunden.

Der Autor: Andreas Marx Matrox Electronic Systems GmbH Tel. 089/621700 Andreas.marx@matrox.com www.matrox.com

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