Wireless-Schaltgeräte für industrielle Anwendungen
Mehr Freiheiten durch Funk
Von der kabelgebundenen Verbindung über die Punkt-zu-Punkt-Kommunikation per Funk zum Funknetzwerk: Diese drei Stationen kennzeichnen die Entwicklung der Signalübertragung bei zentralen Schaltgeräte-Baureihen von Steute. Dabei hat nicht die eine Station die vorherige ersetzt, sondern es ist jeweils eine Technologie zusätzlich ins Programm aufgenommen worden. Den ersten Entwicklungsschritt von Stufe 1 (kabelgebunden) zu Stufe 2 (Funk) hat das Unternehmen schon vor rund zehn Jahren vollzogen. Die Grundidee war es, den Anwendern zuverlässige Funkschalter und -sensoren für industrielle Anwendungen anzubieten, die größere Flexibilität bei der Montage ermöglichen. Auf dieser Entwicklungsstufe gehörten energieautarke Funkschaltgeräte mit der Energy-Harvesting-Technologie von EnOcean zum Portfolio. Sie generieren die zum Senden des Funksignals benötigte Energie selbsttätig aus der Umgebung – zum Beispiel aus der Bewegungsenergie, die beim Betätigen des Schaltstößels entsteht.
Dieses Prinzip ist allerdings für viele industrielle Anwendungen nicht oder nur bedingt geeignet. Zum Beispiel kann es nicht eingesetzt werden, wenn eine bestätigte Kommunikation und/oder eine regelmäßige Abfrage des Zustands eines Sensors gewünscht ist. In diesen Fällen benötigt man sowohl eine bidirektionale Kommunikation als auch eine Batterie, und beides ist mit der EnOcean-Technologie nicht sinnvoll umsetzbar.
Zudem bieten die EnOcean-Funkschaltgeräte aufgrund des Dreifach-Sendens von Funksignalen mit Wartepausen zwar ein günstiges Duty-Cycle-Verhältnis, bei vielen und häufiger sendenden Schaltern und Sensoren gerät dieses Prinzip aber schnell an seine Grenzen. Um hier Verbesserungen zu erreichen und zugleich das sehr gute Low-Power-Verhalten beizubehalten, hat Steute – immer noch auf der Ebene der Punkt-zu-Punkt-Verbindung – mit sWave eine eigene Funktechnologie entwickelt.
Funkschaltgeräte für individuelle Anwendungen
Folglich wurde das Schaltgeräteprogramm, aber auch die Vielfalt der Funksysteme weiter ausgebaut. Heute stehen verschiedene Funktechniken zum Beispiel auch für sehr dicht belegte Funknetze oder für störanfällige Umgebungen zur Verfügung. Diese Entwicklung wurde auch kundenseitig getrieben, wie zum Beispiel der Wunsch nach einem bidirektionalen Funksystem oder Betätigungssignal des Empfangs.
Daraufhin wurde ein modulares Konzept für Funkschaltgeräte entwickelt, bei dem verschiedene Funkstandards (energieautark, bidirektional, mit Bestätigungs- und/oder Präsenzsignal) mit unterschiedlichen Schalterbaureihen – sowohl elektromechanisch als auch berührungslos – miteinander kombiniert werden können. Parallel dazu hat Steute in nahezu jedem Industrieland eine Funkzulassung für diese Technologie erwirkt.
Vernetzung statt Punkt-zu-Punkt-Verbindung
Dieses System wird intensiv genutzt. Einige Anwender regten jedoch auch hier eine Weiterentwicklung an, weil sie viele Funkschaltgeräte in einem Fertigungsbereich nutzen und somit die entsprechende Anzahl von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und Funk-Empfangseinheiten im Schaltschrank installieren mussten. Einfacher und kostensparend lässt sich dies realisieren, wenn ein Funknetzwerk gespannt wird, in das eine nahezu beliebige Anzahl von Funkschaltgeräten integriert werden kann. Eben das war – um in der Aufzählung zu bleiben – Schritt drei aus Sicht von Steute.
Montage bis Versand: Anwendungen in der Intralogistik
Dabei kommt das von Steute entwickelte Netzwerkprotokoll sWave.NET zur Anwendung. Die Infrastruktur für dieses System mit Access Points als Router im Feld und einem IoT-Gateway für die zentrale Anbindung an die IT-Infrastruktur des Anwenders kann kundenspezifisch konfiguriert werden. Ein führender deutscher Küchenhersteller zum Beispiel nutzt diese vernetzte Technologie in seinem Versandbahnhof. Über kabellose Bedienelemente kann das Personal die nächste zu bearbeitende Kommission anfordern. Eine ebenfalls in das System integrierte Andon-Tafel zeigt den aktuellen Bearbeitungsstatus an.
Wunsch nach Standardisierung
Da jedes einzelne dieser Projekte Engineering-Aufwand erforderte, entstand schnell der Wunsch nach einem standardisierten Funksystem. Dieses Ziel hat das Unternehmen mit dem nexy-System erreicht. Dabei handelt es sich – das ist Schritt vier – um eine kabellose Netzwerklösung, in die Sensoren, Aktoren und Bediensysteme eingebunden werden.
Diese Funk-Endgeräte senden und empfangen Daten über sWave.NET. Die Daten werden von Access Points gesammelt und an eine Sensor Bridge übertragen, die den Datentransfer an das IT-System des Anwenders übernimmt. So entsteht eine durchgängige Kommunikation von der Shopfloor-Ebene bis in die Management-Ebenen der Unternehmens-IT oder ins IoT. Zu den Neuheiten der aktuellen nexy-Generation gehört eine OPC-UA-Schnittstelle.
Anbindung an SAP-Updates „on air“
In der aktuellen Software-Version kann die Sensor Bridge auch mit dem SAP-System des Anwenders kommunizieren, und die angeschlossenen Nexy-Feldgeräte erhalten neue Firmware-Updates „on air“, das heißt per Funk. Das gilt auch für Sensoren anderer Hersteller, die mit einem sWave.NET-Modul ausgestattet werden und in Nexy-Funknetzwerke integriert werden können.
Mit diesen Funktionen schafft Nexy die Voraussetzung dafür, dass der Anwender bzw. die IT des Anwenders den Überblick über den gesamten innerbetrieblichen Materialfluss behält. Das gilt für aktuelle Lagerbestände einschließlich aller Zwischen- und Pufferlager und die Aufenthaltsorte und Füllstände der Transporteinheiten. Wenn diese Informationen nahezu in Echtzeit automatisch zur Verfügung stehen, kann das Produktionssteuerungssystem den Materialbedarf der Maschinen und Montageplätze anhand der Auftragsdaten aus dem ERP-System vorausschauend planen. Das steigert die Produktivität und Effizienz im Betrieb.
Zielmarkt Intralogistik
Der Einsatz des Nexy-Systems wird aus Anwendersicht dadurch erleichtert, dass Steute vorkonfigurierte Schnittstellen für definierte Applikationen entwickelt hat – zum Beispiel für den Materialfluss in eKanban-Systemen, für die Kommunikation zwischen Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und stationären Übergabepunkten sowie für das „Aufwecken“ von FTS aus ihrem Ruhezustand. Namhafte FTS-Hersteller wie DPM Daum & Partner Maschinenbau setzen dieses System ein.
Zu den Vorteilen des Nexy-Funknetzwerks gehören der sehr geringe Energieverbrauch und die kurze Reaktionszeit. Zudem können mehrere Applikationen – zum Beispiel FTS, eKanban-Anlagen, Routenzüge und/oder Andon-Systeme – in ein und demselben Funknetz betrieben werden. Für diese zentralen Anwendungen steht applikationsspezifische Software zur Verfügung, über die sich die jeweiligen Funktionen einfach konfigurieren lassen. Deshalb ist Nexy vor allem für die automatische Erfassung von Statusänderungen im Material- und Teilefluss über alle Lager- und Verarbeitungsstationen hinweg geeignet.
Autor
Andreas Schenk, Produktmanager Wireless