Automatisierung

Wie die Bildverarbeitung von GigE Vision profitiert

05.09.2013 -

GigE Vision zählt heute zu den wichtigsten Schnittstellen für die industrielle Bildverarbeitung. Welche Vorteile der Standard hat und wodurch sich Gig E Vision von anderen Standards abhebt, beschreibt der folgende Beitrag.

Vor der Einführung von GigE Vision im Jahr 2006 entstanden die ersten digitalen Lösungen für die BV-Branche. In den späten Neunzigern wurden IEEE 1394 und Firewire entwickelt und im Jahr 2001 folgte Camera Link. Dennoch waren die Zeiten von analogen Verbindungen noch nicht vorbei. Firewire-Kameras waren günstig und verfügten über standardmäßige Netzkarten anstatt Framegrabbern und zeichneten sich durch einen niedrigen Preis aus. Camera Link bot zwar die schnellere Übertragung und höheren Bildfrequenzen, doch das hatte auch seinen Preis. Zudem waren sowohl Firewire als auch Camera Link hinsichtlich der Kabellänge auf fünf bis 10 m beschränkt, sodass keines der beiden Formate den Markt für sich entscheiden konnte.
GigE Vision wurde dann als digitale Lösung entwickelt, die auch die Nutzung langer Kabel bei BV-Anwendungen ermöglichte. GigE Vision besteht aus zwei Protokollen, die die Datenübertragung in Paketen innerhalb eines Netzwerks abwickeln. Ein Protokoll ist für die Kamerasteuerung zuständig, das andere steuert die Bildübertragung. GigE Vision basiert auf Ethernet-Technologie, dem IEEE802.3-Standard für Gigabit-Ethernet. Daher gestaltet sich die Verbindung von mehreren Kameras in einem Bildsystem einfach.
Nach einer Studie der Automated Imaging Association (AIA) aus dem Jahr 2012 zu Bildverarbeitungskameras liegen GigE Vision und Firewire bei der Anzahl verkaufter Exemplare ungefähr auf gleichem Niveau. Bei GigE Vision sind Übertragungsraten von 125 MB/s in Echtzeit möglich. Genormte CAT5e- oder CAT6-Kabel können bis zu 100 m lang und mit Standard-Anschlüssen ausgestattet sein. Da das Ethernet-Protokoll native Unterstützung für Glasfaser bietet, können GigE-Vision-Anwendungen in einer Reichweite von über 500 m betrieben oder kabellos verwendet werden. GigE-Vision-Kameras sind günstig und benötigen keinen Framegrabber, was die Kosten für die Ausrüstung niedrig hält. Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal von GigE Vision besteht darin, wie der Standard die herkömmliche Struktur von Bildsystemen verändert hat. Zuvor steuerte ein einzelner PC eine einzelne Kamera mittels Punkt-zu-Punkt-Konfiguration. Durch GigE Vision kann mit einem einzigen PC aus der Ferne ein ganzes Netzwerk aus Kameras gesteuert werden. Zudem können Bilddaten im gesamten Netzwerk übertragen werden.

Funktionen in Version 2.0
Das Synchronisationsprotokoll IEEE 1588 wurde in GigE Vision 2.0 integriert (Uhrensynchronisation). Im Wesentlichen synchronisiert das Protokoll die integrierten Zeitstempel der Kameras. Diese Funktion ist vor allem bei parallelen Systemen hilfreich, in denen viele Kameras über unterschiedliche PCs laufen. Die Synchronisierung von Kameras in einem herkömmlichen Framegrabber-System erfordert ein separates Kabel, das alle Framegrabber verbindet. Diese müssen dann im Code der Anwendung synchronisiert werden, was viele Bildverarbeitungsingenieure als mühsam bezeichnen. Das Protokoll IEEE 1588 überträgt im Wesentlichen eine übergeordnete Uhr an alle Geräte im Netzwerk. Diese Geräte messen die Latenz anhand des Ethernet-Switch oder der Netzkarte und gleichen die Differenz aus. Kameras können dann die Bildaufnahme innerhalb weniger Mikrosekunden synchronisieren. Diese Latenz ist für die meisten Anwendungen annehmbar.
Für viele Branchen, in denen Kameras zur industriellen Bildverarbeitung eingesetzt werden, ist die Datenreduktion relevant. Denn bei einigen Anwendungen mit vielen Kameras, die auf einem PC zusammenlaufen, ist die Bildkompression die einzige Möglichkeit, alle Bilddaten zu übertragen. Dies trifft beispielsweise auf die Verkehrsüberwachung zu. GigE Vision 2.0 definiert ein Protokoll für das Aufteilen komprimierter Daten (JPEG, JPEG2000 und H.264) in Pakete, die einfach übertragen und vom Host-PC wiederhergestellt werden können. Das GigE-Vision-Video-Streaming-Protokoll legt fest, dass Daten in drei Blöcken übertragen werden. Ein vorausgehendes Paket übermittelt dem PC Informationen darüber, was folgt, und ein nachfolgendes Paket schließt das Bild. Dazwischen befinden sich die Datenpakete, die das Bild enthalten. Die Anzahl der übertragenen Datenpakete hängt von der Größe des Bildes ab. Hin und wieder wird nicht bedacht, dass sich am anderen Ende des Kabels ein PC befindet, der die Pakete wieder zum vorherigen Bild zusammenfügt. Dies ist ein wichtiger Schritt, bei dem die Ressourcen der CPU genutzt werden. Bei GigE Vision kann die All-In-One-Übertragung verwendet werden, um den Aufwand für die Verarbeitung von vorausgehendem und nachfolgendem Paket zu verringern. Dies geschieht, indem das vorausgehende Paket, die Bilddaten und die nachfolgenden Informationen zu einem Paket zusammengefasst werden. Das ist sinnvoll, wenn kleine Bilder oder Single-Line-Bilddaten von einer Zeilenkamera übertragen werden.
Obwohl 10 GigE und Link Aggregation eigentlich durch das IEEE definiert sind und indirekt in GigE Vision 1.0 unterstützt werden, wurde dies in den Spezifikationen der Version 2.0 verdeutlicht. Link Aggregation bezieht sich auf das Zusammenfassen mehrerer Kabel zu einem großen virtuellen Kabel, was die Bandbreite weiter erhöht. Mit einem Kabel erhält der Nutzer 125 MB/s und mit zwei Kabeln eine doppelt so schnelle Verbindung. GigE Vision ermöglicht dem System jedoch, diese beiden Kabel als eines zu betrachten.
Flow Control wurde ebenfalls in der Version 2.0 verbessert. Der Zweck von GigE Vision liegt darin, Pakete so schnell wie möglich auf den PC zu streamen. Die Netzwerktechnik reicht zwar aus, um eine MP3-Datei über das Internet zu streamen, doch ist sie meist nicht dafür entwickelt oder darauf getestet worden, mit den hohen Geschwindigkeiten betrieben zu werden, die die industrielle Bildverarbeitung fordert. Das IEEE löste dies, indem ein Pausenmechanismus eingesetzt wurde - Quittungsverkehr zwischen Überträger und Empfänger, um den Fluss der Paketübertragung zu regulieren. Wenn der Empfänger zu viele Pakete erhält oder seine Puffer voll sind, signalisiert er dem Überträger, dass dieser einige Mikro- oder Nanosekunden warten soll. Das GigE-Vision-Komitee empfiehlt Kameraherstellern, diesen Pausenmechanismus einzubauen, um den Übertragungsfluss zu regulieren. Die Spezifikation von GigE Vision unterstützt zudem ab Version 1.2 Non-Streaming-Devices. Dieselbe GigE-Software, die Kameras steuert, kann auch andere Geräte wie E/A-Prozessoren oder Lichtquellen steuern.
Das Hinzufügen von Metadaten zum gestreamten Bild ist eine weitere Funktion von Bildverarbeitungsanwendungen. Aktuell soll GigE Vision der einzige Standard sein, der diese Funktion unterstützt. USB3 Vision wird diese allerdings auch unterstützen. Es wird immer geläufiger, dass BV-Anwendungen Bilder mit verschiedenen Kameraeinstellungen erfassen. Anwendungen können sogar zwischen mehreren Einstellungen umschalten. Metadaten sind eine Methode, Kamerainformationen in das Bild zu integrieren. Das sind beispielsweise die Dauer der Belichtung, ein Histogramm, Verstärkung oder Offset.

Standardisierte GigE-Geräte
Das GigE-Vision-Komitee ist bemüht, die Integrität des Standards zu schützen, die Qualität der Produktkonformität sicherzustellen und Kompatibilität zu gewährleisten. Aktuell konzentriert sich das Komitee darauf, robustere Werkzeuge bereitzustellen, um Hersteller bei der Entwicklung von GigE-Vision-Kameras zu unterstützen. Wireshark ist ein Open-Source-Programm zum Zerlegen von Paketen. Des Weiteren handelt es sich um ein Debugging-Werkzeug, das alle Pakete untersucht, die im Netzwerk übertragen werden und die Daten benutzerfreundlich darstellt. Mit einem kostenlosen Plug-In-Werkzeug können technisch versierte Kunden ihre Systeme entwickeln und Fehler beseitigen und das Komitee behält einen standardisierten Testing-Prozess bei.

Welche Gründe sprechen für GigE Vision?
In einigen Anwendungsbereichen ist die Bereitstellung mit GigE Vision einfacher als mit anderen Technologien. Die Verkehrsüberwachung profitiert beispielsweise von der Ethernet-Technologie, da es nicht praktikabel ist, einen PC an einer Ampel anzubringen. Mit einem langen Kabel können jedoch alle Daten einfach an einen zentralisierten Kontrollraum übertragen werden. Dies ist unter Umständen auch kabellos möglich. Ebenso ist ein entfernter PC zur Verarbeitung sinnvoll, wenn sich die Kamera in einer anspruchsvollen Umgebung befindet, sie zum Beispiel großer Hitze, Vibrationen, Wasser oder Staub ausgesetzt ist. Mit Ethernet-Technologie ist diese Trennung von Kamera und PC einfach herzustellen.
Die Vorteile werden bei Anwendungen mit mehreren Kameras noch deutlicher. Das Hinzufügen oder Entfernen von Kameras ist genauso einfach wie das Anschließen oder Lösen eines Geräts von einem Netzwerk. Zudem können durch den Uhrensynchronisationsmechanismus von GigE Vision mehrere Kameras einfacher gesteuert werden als mit einem herkömmlichen Framegrabber-System. Dies ist wichtig, wenn ein großes Objekt, zum Beispiel ein Auto, inspiziert werden soll oder wenn aus rechtlichen Gründen gleichzeitig Bilder vom vorderen und hinteren Kennzeichen des Autos sowie dem Gesicht des Fahrers aufgenommen werden sollen.

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