Automatisierung

Wie Condition Monitoring das Manufacturing revolutioniert

24.07.2023 - Services: von der manuellen Zustandsüberwachung bis hin zur vorausschauenden Wartung

Durch die Digitalisierung können Maschinen selbst Auskunft geben, wann und wo Wartungen und Reparaturen erforderlich sind. Bislang müssen sie in zeit- und arbeitsintensiven Prozessen überwacht und etwaige Daten oder Ereignisse korrekt interpretiert werden, bevor notwendige Instandhaltungsmaßnahmen eingeleitet werden konnten. Heute sind wir durch Condition Monitoring in der Lage, den Zustand der Anlagen automatisiert zu überwachen – kontinuierlich und in Echtzeit. 

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Condition Monitoring? Dieser beschreibt die systematische Überwachung, Analyse und Visualisierung des Zustandes von Maschinen und Anlagen während ihres normalen Betriebs. Überwachen lässt sich nahezu alles, von Temperatur, Druck und Schallemission über Schmierstoffzustand, Wirkungsgrad und Vibration bis hin zu Verschleißerscheinungen. Möglich ist das durch das Industrial Internet of Things (IIoT), einen Teilbereich des Internets der Dinge (IoT), der sich auf industrielle Anwendungsfälle bezieht. Dabei dreht sich alles um den Einsatz vernetzter Sensoren, Geräte und Systeme. Sensoren, die an Maschinen angebracht sind – entweder direkt oder als Retrofit – erfassen verschiedene Parameter und übermitteln sie an lokale Recheneinheiten, sogenannte Gateways oder Edge-Devices. Von dort werden die aufbereiteten Daten an eine IoT- oder Cloud-Plattform des Herstellerunternehmens weitergeleitet, in der sich die Informationen analysieren und visualisieren lassen. 

Mehr Transparenz durch Echtzeitüberwachung 

In einer Welt, in der Effizienz, Produktivität und Produktionsqualität für den Erfolg maßgeblich sind, erweist sich Condition Monitoring als entscheidender Wettbewerbsvorteil im Maschinen- und Anlagenbau. Ziel von Condition Monitoring ist es, den aktuellen Zustand von Maschinen transparent zu überwachen, um Unregelmäßigkeiten oder Fehlfunktionen frühzeitig zu erkennen. So können Herstellerunternehmen sofort reagieren sowie die Zeit zwischen Problemerkennung und der eingeleiteten Gegenmaßnahme verkürzen. 

Betriebsverantwortliche und Techniker müssen sich dabei nicht mehr ausschließlich auf ihre Erfahrung oder Intuition verlassen. Sie können zusätzlich auf präzise Daten zurückgreifen, um ein noch tiefgreifenderes Verständnis für die laufenden Anlagen und Prozesse zu entwickeln. Wenn sie wissen, welche mechanischen Faktoren oder Umweltbedingungen zu Ausfällen führen, können sie dem Kundenunternehmen dabei helfen, Prozesse zu implementieren, die beispielsweise die Wartung der Maschinen vorausschauend gestalten. Durch diese sogenannte Predictive Maintenance ist es möglich, potenzielle Fehler zu antizipieren. Damit lassen sich Ausfallzeiten kurzhalten oder bereits präventive Maßnahmen ergreifen – und zwar, bevor Leistungseinbußen und oder Stillstände auftreten. So können Herstellerbetriebe und Kundenunternehmen eventuelle Wartungsarbeiten smart in den Betriebsprozess einbauen und Zeit wie auch Kosten einsparen.

Condition Monitoring als Treiber für neue Geschäftsmodelle

Die Vorteile, die sich aus dem Condition Monitoring ergeben, können also fertigende Firmen, die eine Maschine in Betrieb haben, ebenso nutzen, wie dem Maschinenbauunternehmen selbst: Letzteren gestattet es zum Beispiel, ihren Kunden entsprechende Service- und Wartungsverträge anzubieten. Indem sie Trends in den Maschinendaten der Anwenderunternehmen erkennen, können sie auch anbieterseitig Wartungen vorausschauend planen, zielgerichtete Reparaturen durchführen und präventive Instandhaltungsmaßnahmen ergreifen – und das stets, bevor ein Problem entsteht. Wird Condition Monitoring zusätzlich mit Augmented Reality kombiniert, sind Maschinenbaufirmen in der Lage, Wartungen aus der Ferne durchzuführen oder Mitarbeitenden vor Ort visuelle Hilfestellungen bei Reparaturen zugeben. Das sorgt für weniger Reisekosten und einen verbesserten Kundenservice durch schnellere Reaktionszeiten.

Pay-per-Use und Pay-per-Outcome

Neben digitalen Services lassen sich auch neue Abrechnungsmodelle etablieren, die auf einer sicheren und verlässlichen Datenbasis fußen. Statt Vorabgebühren und einen Fixpreis zu verlangen, der ausschließlich auf der Hardware basiert, können Maschinenbauer ihre Anlagen im Rahmen von Pay-per-Use- oder Pay-per-Outcome-Modellen zur Verfügung stellen. Herstellerunternehmen können kontinuierliche und planbare Zahlungsströme realisieren und Kunden müssen keine großvolumigen Einmalinvestitionen tätigen. Weiterer Bonus für die Produktionsbetriebe, die eine Anlage in Betrieb haben: Sie können die ausgewerteten Daten der Herstellerbetriebe im Rahmen von Data-as-Service-Ansätzen nutzen, um ihre eigenen Produktionsprozesse zu verbessern.

Proof of Concept 

Damit Maschinenbauunternehmen, den Schritt ins Condition Monitoring wagen, empfiehlt sich eine erste Analyse der Kundensituationen: Ein geeigneter Anknüpfungspunkt für Condition Monitoring findet sich zum Beispiel dort, wo Transparenz und ein kollaborativer Umgang mit Maschinendaten den Alltag eines Fertigungsunternehmens erleichtern können. Zum Einstieg in das Condition Monitoring kann es für Techniker hilfreich sein, sich in einem Proof of Concept (PoC) mit den unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten zu beschäftigen. Dabei empfiehlt es sich stets, mit Anwendungsfällen zu starten, die sich mit wenig Aufwand umsetzen lassen und schnell einen spürbaren Mehrwert bieten. Damit am Ende aber keine Insellösungen entstehen, lediglich punktuelle Verbesserungen herbeigeführt werden oder gar die Maßnahmen im Sand verlaufen, ist ein strategischer Plan notwendig, den das Management des Maschinenbauunternehmens ausarbeiten und etablieren sollte. So ist sichergestellt, dass Condition Monitoring nicht zum Selbstzweck wird, sondern auf konkrete Ziele einzahlt und wirkliche Probleme von Hersteller- und Kundenunternehmen löst.

Agile Umsetzung für maximalen Erfolg

Für die Umsetzung von Condition Monitoring empfiehlt sich eine agile Herangehensweise. So können Maschinenbauunternehmen neue Erkenntnisse sofort in den Transformationsprozess einfließen lassen und Anpassungen rasch vornehmen. Dies ist besonders sinnvoll, weil vielfältige voneinander abhängige Aspekte in unterschiedlichen Projektphasen zu berücksichtigen sind. Zunächst sollten sich die Verantwortlichen Gedanken über die Gegebenheiten der IT-Architektur machen und sich einen Überblick über vorhandene und benötigte Komponenten verschaffen. Dabei ist zu bedenken, dass neue Anlagen womöglich bestimmte Voraussetzungen für die Integration von Sensoren erfüllen müssen, während ältere Maschinen gegebenenfalls nachzurüsten sind oder hier eine separate Sensorik notwendig ist. Mit der Erhebung der Daten allein ist es allerdings nicht getan. Erst wenn verschiedene Systeme miteinander kommunizieren, lassen sich Daten auch reibungslos verarbeiten. Wichtig dabei ist, zu prüfen, ob sie hierfür die bestehende Netzwerk-Infrastruktur verwenden können oder eine unabhängige Technologie erforderlich ist. Dabei sollten sie auch Fragen bezüglich Stromversorgung, Reichweite und Datenrate berücksichtigen. Neben diesen technischen Aspekten spielen Datenschutz und Cybersicherheit eine zentrale Rolle. Es gilt zu klären, wer Zugang zu den Daten erhalten soll, wo die Daten gespeichert und verarbeitet werden und wie sich unautorisierte Zugriffe verhindern lassen. 

Autor
Timo Fritz, Senior IoT Consultant 

Kontakt

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