Vision-Systeme zur Nahterfassung und Positionsregelung in der Faserverbund-Produktion
Prozessautomatisierung beim Preformen von Halbzeugen aus Kohlenstoff-faserverstärkten Kunststoffen
Die Prozessführung beim automatisierten Preforming gilt als schwierig. Im Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist es dem Automatisierungsspezialisten ISW mit Hilfe eines bildbasierten Kamerasystems von Cognex gelungen, das COPRO-Verfahren prozessstabil zu automatisieren und profitabel zu machen. Mit der neuen, patentierten Technologie lassen sich die Kosten von CFK-Bauteilen jetzt deutlich reduzieren und die Qualität und Reproduzierbarkeit steigern.
Im COPRO-Verfahren können Preforms - Zwischenprodukte für die Herstellung von Composite-Bauteilen - nun prozesssicher und kosteneffizient in der Serie hergestellt werden. Die Innovationstreiber Arne Stahl und Henrik Borgwardt gründeten das Unternehmen COPRO Technology in Braunschweig, um diese Technologie branchenübergreifend kommerziell verfügbar zu machen. Die von ihnen entwickelte modulare Anlage nutzt rotierende Walzen mit frei wählbarer Rotationsgeschwindigkeit, um textile Halbzeuge kontinuierlich und schonend umzuformen.
Im Speichermodul der Anlage befinden sich Rollen, die das Faserband abspulen und dem Prozess spannungsfrei zuführen. Im Zuführmodul wird es ausgerichtet und vorgeformt. Hier findet zudem die Erwärmung des Binders statt, der bereits in geringen Mengen auf dem Material vorhanden ist. Er dient zur Stabilisierung der Geometrie nach dem Formen und zur Verbindung mehrerer Lagen zu einer Preform. Im nachfolgenden Umformmodul werden Preforms mit frei einstellbaren Krümmungsradien hergestellt. Dies gelingt durch die stufenlose Variation der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den sich drehenden Walzen, die das Material kontinuierlich bewegen und mit Geschwindigkeiten bis 30 m/min in festen Bahnen führen. Für die Echtzeit-Regelung des Preforming-Prozesses kommen optische Sensoren und ein Vision-System von Cognex zum Einsatz.
Kamera erfasst Materialnaht
Das Fasermaterial ist inhomogen und sehr flexibel, deshalb ist die Prozessführung schwierig. Ein robuster Prozess ergibt sich, wenn die Bahnführung des Fasermaterials kontinuierlich geregelt wird. Eine genaue Bahnführung kann über das Verändern des Anstellwinkels der Walzen realisiert werden. Hierfür kommt die Cognex Kamera In-Sight 5403 zum Einsatz. Sie detektiert Materialkanten und erbringt alle notwendigen Informationen für die präzise Regelung des Materialdurchlaufs.
Cognex Bildverarbeitungssysteme sind unübertroffen, wenn es um das Prüfen, Identifizieren und Führen von Teilen geht. Die autarken und industrietauglichen Kamerasysteme verfügen über eine extrem schnelle Bildverarbeitung einschließlich hochentwickelter Vision-Tools. Deshalb gehören sie für den Systemintegrator ISW (Industrielle Sensorsysteme Wichmann), der seit 25 Jahren als Spezialist für anspruchsvolle Bilderverarbeitungslösungen gilt, zur ersten Wahl.
Stefan Tukac von ISW sagt zur Ausgangslage: „Unser erstes Ziel war das Stabilisieren des Prozesses und das Sichern der Prozessfähigkeit.“ Die Cognex Kamera In-Sight 5403 erfasst die Position der äußersten Materialnaht mit einer Messgenauigkeit von +/- 0,2 mm und übermittelt die Daten an die Beckhoff-Steuerung. Durch das kontinuierliche Erfassen der aktuellen Materialposition und die Berechnung der Abweichung passt die Steuerung den Anstellwinkel der Walzen unverzüglich so an, dass das Material wieder in die Sollposition gelangt.
Hier kommt es auf eine schnelle und exakte Regelung an, die nur mit einem leistungsfähigen, zuverlässigen Vision-Sensor möglich ist. Die Cognex In-Sight 5403 ist eine robuste und industrietaugliche 2-MP-Kamera in stabilem Aluminium-Druckguss-Gehäuse in Schutzart IP 67. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn hohe Auflösungen und große Genauigkeiten gefordert werden. Mit ihren 1600 x 1200 Pixeln entgeht der In-Sight 5403 nichts - gleichgültig, ob große Teile auf kleine Defekte geprüft oder, wie hier, präzise Messungen mit hohen Geschwindigkeiten vorgenommen werden müssen.
Hohe Auflösung und integrierte Beleuchtung
Neben der hohen Auflösung sind in der COPRO-Anlage kurze Reaktionszeiten und eine gute räumliche Integrierbarkeit besonders wichtig. Die In-Sight 5403 erreicht trotz ihrer hohen Auflösung bei vollständiger Gesamtbilderfassung eine Bildfrequenz von 15 fps. Sie ist zudem sehr kompakt und kann fast überall integriert und einfach appliziert werden. In der COPRO-Anlage ist die Kamera an einem Montageblech befestigt, das die einfache Justierung erlaubt. Tukac resümiert: „Der geringe Zeitaufwand bei der Inbetriebnahme war ein großer Vorteil. Ein E/A-Breakout-Modul und Erweiterungen sorgen für einen einfachen Anschluss der In-Sight Systeme.“
Bei der COPRO-Bildverarbeitungsaufgabe kommt es auf eine optimal angepasste Beleuchtung an, denn die Kohlenstofffasern reflektieren sehr stark, so dass die Nähte im schlimmsten Fall von einer Reflektion überstrahlt und damit unsichtbar werden. Durch eine geeignete Beleuchtung wird eine homogene Bestrahlung erreicht und ein deutlicher Kontrast zwischen den Kohlenstofffasern und dem Polyamid-Nähfaden erzielt. Die In-Sight 5403 verfügt hierfür über eine integrierte Ringbeleuchtung, die bei guter Grundbeleuchtung sogleich ein optimales Licht ergibt. Um stets das bestmögliche Bild zu erhalten, bietet die Cognex Kamera außerdem Möglichkeiten zur Steuerung von externen Beleuchtungen sowie Optionen für direktes als auch diffuses Licht und Module für Lichtringe, -Spots und -Streifen.
Software entscheidet über Prozesserfolg
Eine besondere Rolle in der COPRO-Applikation spielt die Software. Tukac sagt hierzu: „Mittels leistungsfähiger Software wird die Kante identifiziert und die Naht verfolgt. Das Plug-and-Play-System mit modularem Aufbau ist kalibrierfähig und skalierbar, falls es mal für mehrere Linien eingesetzt werden soll.“ Die Lösung von ISW basiert auf der Cognex In-Sight Explorer Software. Mit dessen Spreadsheet Benutzeroberfläche können neben Ausrichtungs-, Führungs- und Messanwendungen auch Prüf- und Fehlererkennungsroutinen auf einfache Weise eingerichtet werden. Die Software bietet Tools für die Blob-, Kanten-, Kurven- und Linienermittlung, Histogramm- und Geometrie-Tools sowie Filter. Die Vision-Tools können in der In-Sight Explorer Tabellenkalkulation flexibel und effizient konfiguriert werden. Das Visualisierungstool VisionView ermöglicht das Überwachen und Steuern der in der COPRO-Anlage eingesetzten Cognex Kamera.
Ergebnisse und Ausblick
Die COPRO-Technologie ist die zukünftige Alternative zur Herstellung von CFK-Profilen mit massiven Werkzeugen: Im vollautomatischen und kontinuierlichen COPRO-Prozess können gegenüber dem diskontinuierlichen Roboter-Preforming die Kosten um bis zu 35 % reduziert werden. Er lässt sich problemlos in bereits bestehende Fertigungslinien integrieren. Zukünftig soll die Cognex Designer Bildverarbeitungssoftware zum Einsatz kommen - eine integrierte Entwicklungsumgebung für 2-D-Multi-Kamera- und 3-D-Bildverarbeitungsanwendungen. Denkbar ist dann auch die Anwendung der neuen Cognex In-Sight VC200 Systeme: Die erst kürzlich vorgestellten Multi-Smartkamera Vision-Systeme übertragen die bewährte Leistung und Zuverlässigkeit der In-Sight-Bildverarbeitung auf Multi-Kamera-Applikationen.