Vier KI-Tools lösen jeden Machine-Vision-Fall
Deep-Learning-basierte Bildanalyse mit grafischer Programmierumgebung
Wenn sich Aufgabenstellungen in der industriellen Bildverarbeitung durch Regeln lösen lassen, sind traditionelle Systeme meist die richtige Wahl. Sie stoßen jedoch oft an ihre Grenzen, wenn sich die zu prüfenden Objekte nicht ohne weiteres mit Regeln beschreiben lassen. Dieses Problem tritt bei der Kontrolle von Lebensmitteln, beim Beurteilen von Löt- oder Schweißnähten und in vielen anderen Anwendungen auf. In diesen Fällen haben sich in den vergangenen Jahren Machine-Vision-Systeme auf Basis von Deep-Learning-Technologien etabliert.
Die Anwendung von Deep-Learning-Methoden erforderte bislang ein solides Basiswissen. Visionpro Deep Learning von Cognex senkt diese Einstiegshürde nun durch eine grafische Benutzeroberfläche erheblich und vereinfacht das Trainieren des neuronalen Netzwerks für Anwender*innen.
Intuitives grafisches Trainieren
Die Werkzeuge von Visionpro Deep Learning werden, im Gegensatz zu traditionellen regelbasierten Bildverarbeitungsmethoden, mit Bildern trainiert. Die intuitive grafische Benutzeroberfläche stellt eine einfache Umgebung zur Kontrolle und Entwicklung von Anwendungen zur Verfügung und reduziert den Aufwand für das Sammeln von Bildern, das Trainieren des neuronalen Netzwerks und dessen Test an verschiedenen Bildsätzen erheblich.
Anwender*innen haben die Auswahl zwischen vier Tools zur Bildanalyse, die speziell für die Fabrikautomatisierung entwickelt wurden. Sie sind für Vision-Inspektionen in diesem Einsatzbereich optimiert und benötigen daher nur wenige Bilder, um ein schnelles Trainieren zu ermöglichen. Mit Blue Locate, Red Analyze, Green Classify und Blue Read lassen sich Anwendungen lösen, die für traditionelle regelbasierte Bildverarbeitungsansätze zu komplex sind.
Robust identifizieren mit Blue Locate
Das Tool Blue Locate eignet sich für Aufgaben, bei denen Teile mit unterschiedlichem Erscheinungsbild erkannt oder gezählt werden müssen. Durch die robuste Auslegung identifiziert die Software die gesuchten Merkmale auch auf unruhigem Hintergrund, auf kontrastarmen Teilen und auch auf Teilen, die sich verbiegen, ihre Form verändern oder schlecht beleuchtet sind. Auch bei Abweichungen der Perspektive, der Ausrichtung, der Helligkeit, des Glanzes oder der Farbe lokalisiert das Tool die von Musterbildern gelernten Teile zuverlässig. Darum eignet sich Blue Locate unter anderem für den Einsatz in der automatisierten Montageüberprüfung.
Defekte erkennen mit Red Analyze
Wenn kleine Fehler trotz vieler Hintergründe und Oberflächentexturen von Teilen sicher gefunden werden müssen, ist das Tool Red Analyze zur Defekterkennung und -segmentierung die richtige Wahl. Durch das Antrainieren von Beispielen guter und schlechter Teile kann es normale Abweichungen in Bezug auf das Aussehen tolerieren, Fehler, Verunreinigungen und andere Mängel jedoch sicher erkennen.
Die Software lässt sich auch dafür einsetzen, um variable Bereiche in einem Bild zu segmentieren. Beispiele dafür sind unter anderem Schweißnähte, geklebte oder lackierte Stellen, deren Abdeckung später mit traditionellen Bildverarbeitungstools gemessen wird, und Hintergrundmerkmale, die dynamisch aus dem Bild ausgeblendet werden, um andere Prüfungen zu vereinfachen.
Klassifizierung mit Green Classify
Das Deep Learning Tool Green Classify ist ein robuster Klassifikator, der Objekttypen unterscheiden, Fehlertypen identifizieren sowie gute und schlechte Teile klassifizieren kann. Nach dem Anlernen von gelabelten Bildern identifiziert es Objekte anhand ihrer gemeinsamen Merkmale wie Farbe, Textur, Material, Verpackung sowie Fehlertyp und teilt sie in Klassen ein. Dabei toleriert das Tool natürliche Abweichungen innerhalb derselben Klasse und unterscheidet zuverlässig akzeptable Varianten aus verschiedenen Klassen. Green Classify bewältigt auch komplexe Klassifizierungsaufgaben schnell und erfordert kein kompliziertes und zeitaufwändiges Programmieren.
Lesen mit Blue Read
Das Lesen und Erkennen von Schriften und Codes zählt zu den häufigsten Aufgaben von Bildverarbeitungssystemen. Häufig sind dabei verformte, schiefe oder schlecht geätzte Zeichen ein echtes Problem, das Blue Read löst. Das Tool nutzt eine vorab trainierte Deep-Learning-Schriftenbibliothek und erkennt auf dieser Basis auch schwierige Zeichen sicher.
Das benutzerfreundliche GUI macht auch bei diesem Tool eine komplexe Programmierung überflüssig und reduziert die Entwicklungszeit dadurch drastisch: Anwender*innen müssen lediglich den Zielbereich festlegen, die Zeichengröße einstellen und die Zeichen in den Bildern kennzeichnen. In nur wenigen Schritten kann das robuste Tool somit ohne Bildverarbeitungs- oder Deep-Learning-Kenntnisse antrainiert werden, um auch anwendungsspezifische Klarschrift zu lesen, die für herkömmliche OCR-Tools nicht zu dekodieren sind. Außerdem erkennt die optische Debug-Funktion falsch gelesene Zeichen, die sich dadurch leicht korrigieren lassen.
Deep Learning und regelbasierte Bildverarbeitung: Das Beste aus beiden Welten
Ein wesentlicher Vorteil von Visionpro Deep Learning ist die Fähigkeit zur Verkettung der verfügbaren Tools. So lassen sich komplexe Probleme in kleinere Einzelschritte zerlegen, um ein Projekt einfacher zu verbessern und die Anzahl der erforderlichen Trainingsbilder zu reduzieren. Eine weitere Besonderheit der Software-Umgebung ist, dass Entwickler*innen durch die Kombination mit den regelbasierten Vision-Bibliotheken von Visionpro einfach das beste Tool für die spezifische Aufgabe wählen können. Projekte können dazu zunächst in der Entwicklungsumgebung von Visionpro Deep Learning erstellt und anschließend in ein Visionpro-Projekt exportiert werden. Auf diese Weise ermöglichen es beide Programme, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden.
Autorin
Janina Guptill, Senior Marcomm Specialist bei Cognex