Standardisierte optische 3D-Koordinatenmessmaschinen
Automatisierte Qualitätssicherung bei Opel
Die Blechbauteile aller neuen Opel Modelle werden im Anlauf und in der Produktion geprüft. Hierfür setzen die Opel Presswerke auf neue automatisierte optische 3D-Koordinatenmessmaschinen für große Bauteile. Bei diesen Maschinen stehen insbesondere schnelle Messung, einfache Bedienbarkeit und die zentrale Programmierbarkeit im Vordergrund.
Opel verbindet am Standort Rüsselsheim Historie und moderne Produktion: Bereits 1862 wurde dort die erste Nähmaschine von Adam Opel hergestellt, seit 1899 die ersten Automobile. Heute fertigen die Opelaner dort den Insignia und den Zafira, beide in einem standardisierten Produktionssystem. Die Durchführung eines standardisierten Qualitätsprozesses für die Karosseriequalität bei Neuentwicklungen und Facelifts, von einzelnen Blechbauteilen über Schweißzusammenbauten bis zu Seitenwänden und Rohkarosserien, liegt im Verantwortungsbereich der Zentralen Qualitätssicherung (ZQS). Diese Abteilung ist auch für die Einführung neuer Karosseriemesstechnik zuständig.
Als internationaler Automobilhersteller produziert Opel europaweit in zehn Werken und betreibt dafür vier Entwicklungs- und Testzentren. Bereits zu Beginn der 2000er-Jahre führten erhöhte Anforderungen, unter anderem eine größere Anzahl zu prüfender Merkmale, dazu, Technologien einzuführen, die zu einer Beschleunigung der messtechnischen Prozesse führen sollten. Im Zuge dessen führte der Automobilbauer sukzessive die automatisierte optische Messtechnik zur Geometrie- und Formerfassung von Fahrzeugteilen und –Komponenten ein.
Neue Technologien als Teil der Unternehmenskultur
Die strategische Ausrichtung auf vollflächige und berührungslose optische Messtechnik ist für Opel inzwischen einer der wesentlichen Bausteine der Qualitätssicherung im Karosseriebau. Nachdem verschiedene Systeme verglichen und bewertet wurden, entschieden sich die für Qualitätssicherung und Messtechnik Verantwortlichen schließlich für 3D-Koordinatenmesssysteme des Braunschweiger Messtechnikunternehmens GOM. Diese Systeme erfüllten die geforderten, spezifischen Anforderungen im Hinblick auf Präzision, Zeit- und Kostenersparnis und vor allem einfache Bedienbarkeit.
Qualitätssicherung für große Bauteile
Die neu entwickelte automatisierte 3D-Koordinatenmessmaschine Atos Scanbox 7260 steht seit Herbst 2015 in der Presswerkzeugproduktion (PWP) der Zentralwerkstätten in Rüsselsheim. An ihrem Einsatzort prüft die Koordinatenmessmaschine fertigungsnah die Geometrie und Form von Blechbauteilen bis zu einer Größe von Fahrzeugseitenwänden. Anhand der Messergebnisse werden dann die erforderlichen Werkzeugoptimierungen veranlasst. Im Gegensatz zu der bisher eingesetzten taktilen 3D-Koordinatenmesstechnik mit zeitaufwändiger Programmierung, wird das Messprogramm mit der GOM Software fast automatisch und sehr schnell erstellt.
Mit der neuen Anlage konnte der Messablauf um mehr als 80 Prozent beschleunigt und der Programmieraufwand von einer Woche bei der taktilen Messmaschine auf einen halben Tag mit der automatisierten 3D-Koordinatenmessmaschine reduziert werden.
Auto Teaching reduziert den Programmieraufwand
Das Auto Teaching sorgt für eine deutliche Reduzierung des Programmieraufwands. Das neue Software-Feature als Teil des Virtuellen Messraums (VMR) vereinfacht die Programmierung des automatisierten Messablaufs. Hauptfunktion ist die automatisierte Pfaderzeugung: Einzelne Messsequenzen, die der Sensor für einen kompletten Messablauf durchführt, generiert die Software ohne manuelle Interaktion. Passende Sensorpositionen für jedes zu prüfende Merkmal werden anhand der Inspektionspunkte auf dem CAD berechnet. Das führt zu einem optimierten und effizienten Bewegungsablauf des Roboters inklusive der optimalen Reihenfolge und Anzahl der benötigten Einzel-Scans. Außerdem integriert die ATOS ScanBox die komplette Messaufgabe in die Berechnung. Sie plant selbsttätig geeignete Zwischenschritte ein, falls ein Kollisionsrisiko des Roboters z. B. mit der Einhausung oder dem zu vermessenden Bauteil besteht.
Das Auto Teaching verkürzt somit den kompletten Messablauf und erhöht die Prozesssicherheit und –zuverlässigkeit, indem es durch die automatisierte Roboterprogrammierung Benutzereinflüsse reduziert.
Optische Messtechnik ersetzt taktile Methode
Die Einführung der Atos Scanbox 7260 ist der nächste Schritt in der Neuausrichtung der Messtechnik von Opel. Bereits 2003 schaffte der Automobilhersteller für die vollflächige optische 3D-Koordinatenmessung das erste mobile Messsystem von GOM an. Vorhandene Messpläne werden in die Software des Systems eingelesen und bearbeitet. Die Ergebnisse gelangen automatisch über eine Schnittstelle in das Opel-eigene Qualitätssicherungssystem. Mittlerweile sind 27 mobile und automatisierte optische 3D-Koordinatenmessmaschinen des Braunschweiger Messtechnikspezialisten bei Opel europaweit im Einsatz.
Um die Prozesse noch zeit- und kosteneffizienter sowie flexibler zu gestalten, sollte auch die optische Messung automatisiert werden. Die erste automatisierte Projektmesszelle mit einem integrierten Atos Triple Scan wurde 2011 in der ZQS Rüsselsheim eingeführt und in Folge als Standard-Messzelle für Anbauteile (Haube, Türen, Heckklappe) in alle europäischen Opel Rohkarosseriewerke ausgerollt. Der Aufwand, insbesondere für das Projektmanagement und den Support, war für die zentrale Qualitätssicherung verhältnismäßig groß. Die Zentrale Qualitätssicherung von Opel übernahm die komplette Projektsteuerung bis hin zum Anlagenbau. Jede Absprache zwischen dem Karosseriewerk, dem Anlagenbauer und dem Braunschweiger Messgerätehersteller lief über die ZQS. Auch die Sicherstellung der Anforderungen für die Arbeitssicherheit lag in der Verantwortung des Teams. Support, Schulungen und Offline Programmierung gehörten ebenfalls zu dessen Aufgabenbereich. Damit wuchs bei Opel der Bedarf nach einer standardisierten Lösung für automatisierte 3D-Koordinatenmesstechnik. Besonders wichtig ist Opel, dass für Konzeption, Aufbau, Schulung und Support nur ein einziger Ansprechpartner für alle Belange zur Verfügung steht. Selbst die ansonsten aufwendige Sicherheitsabnahme wird durch den standardisierten Aufbau der Atos Scanbox deutlich erleichtert.
Automatisierte Inspektion an mehreren Standorten
Das europaweite Rollout der Atos Scanbox 7260 ist für 2016 vorgesehen. Bis Mitte 2017 werden die vier Presswerke in Saragossa, Gleiwitz, Rüsselsheim und Ellesmere Port die Qualität großer Blechbauteile mit der ATOS ScanBox 7260 prüfen. Auch wenn die automatisierten optischen Systeme an verschiedenen Standorten eingesetzt werden, kann Opel sein Qualitätsmanagement zentral von Rüsselsheim aus steuern. Denn die standardisierten Mess- und Inspektionsprozesse werden zentral programmiert und in den virtuellen Messraum der jeweiligen Koordinatenmessmaschine eingespielt. So ist die Anwendung an unterschiedlichen Standorten zugleich gewährleistet und die gesamte Qualitätsprüfung wird nachvollziehbar und rückverfolgbar.