Smart Motor, Sonceboz: Pumpendirektantrieb mit integrierter Steuerungselektronik
08.06.2011 -
Motor und Antrieb mit einem hohen Wirkungsgrad hat ein Schweizer Unternehmen in einem „Smart Motor" vereint - und das Ganze noch in ein kompaktes Gehäuse gesteckt. Er eignet sich nicht nur für die Blutwäsche im Krankenhaus, sondern könnte auch in der Industrie vielerorts eingesetzt werden. Wo genau und was sich noch hinter der Kombination verbirgt, erfahren Sie auf den nächsten zwei Seiten.
Es ist der Traum eines jeden Dialyse-Patienten: Ein möglichst kompaktes Gerät, das kaum Geräusche von sich gibt und dennoch die Behandlung bestmöglich und störungsfrei sicherstellt. Denn die Blutwäsche, die mehrfach wöchentlich mehrere Stunden in Anspruch nimmt, ist eine große psychische Belastung. Auch in Analyselabors, in denen oft viele Apparate gleichzeitig arbeiten, werden Eigenschaften wie Geräuscharmut, kompakte Bauform, geringe Wärmeabgabe und Zuverlässigkeit von den Mitarbeitern sehr geschätzt. Deshalb legen Hersteller für Medizin- und Labortechnik verstärkt Wert auf Komponenten für ihre Geräte, die diese Anforderungen erfüllen. Sonceboz aus dem gleichnamigen Ort im Berner Jura hat jetzt speziell für solche Anwendungen einen Direktantrieb auf Basis der Hybrid-Schrittmotortechnologie entwickelt. Er baut sehr klein, verfügt über eine eigene elektronische Intelligenz und weist einen hohen Wirkungsgrad bei geringer Wärmeentwicklung auf. Zusätzlich zu seiner hohen Effizienz bietet der Antrieb ein stark reduziertes Geräuschniveau im Vergleich zu herkömmlichen Schrittmotor-Anwendungen.
Der „Smart Motor"
Eine Kombination aus Motor und Antrieb bei kompakten Abmessungen und einem hohen Wirkungsgrad hat das Schweizer Unternehmen im „Smart Motor" vereint. Hierbei handelt es sich um einen Hybrid-Schrittmotor mit einer neuartigen Elektronik und Steuerung, die dafür sorgt, dass die üblichen Nachteile einer Schrittmotorlösung kompensiert werden, die Vorteile aber erhalten bleiben. Seine Elektronik sorgt dafür, dass der Schrittmotor sich gewissermaßen wie ein DC-Motor verhält und auch in den bisher für diesen Motortyp reservierten Anwendungen verwendet werden kann. Der neue Direktantrieb für Pumpen besticht ihnen gegenüber durch eine getriebelose Konstruktion, eine erhöhte Verfügbarkeit, große Steifigkeit und hohe Geschwindigkeitspräzision auch in niedrigen Drehzahlbereichen. Dabei ist er gegenüber DC-Motoren auch genauer bei der Positionierung und weniger beeinflusst bei wechselnder Last. Mit einem Hybridschrittmotor lässt sich eine definierte Position lastunabhängig ohne Übersteuerung präzise anfahren. Die Vorteile liegen also auf der Hand: Positionsgenauigkeit, Drehzahlfestigkeit, Steifigkeit und hohes Drehmoment bei geringer Geschwindigkeit. Das Drehmoment reicht von 1-5 Nm je nach Typ. Ein vergleichbar leistungsfähiger DC-Motor wäre deutlich voluminöser. Der neue Pumpendirektantrieb kann dagegen etwa 50 % kleiner bauen als Motoren, die bisher hier zum Einsatz kamen.
Vorteile durch Closed Loop und Load Sensing
Ein großes Plus, das der Pumpendirektantrieb gegenüber bisherigen Lösungen bietet, ist die Möglichkeit, durch seine elektronische Sensor-less-Closed-Loop- und Load-Sensing-Technologie auch ohne Sensor im geschlossenen Regelkreis zu arbeiten. Dies ist bei Schrittmotoren normalerweise nicht üblich. Im offenen Regelkreis gibt man dem Motor einen Schritt vor, der Motor führt in der Regel diesen Schritt aus. Es fehlt aber die Kontrolle, ob der Schritt auch tatsächlich ausgeführt wurde. Eine gewisse Sicherheit für den reibungslosen Betrieb ist hier nur garantiert, wenn der Motor und auch der Strom deutlich überdimensioniert sind. Denn dadurch verfügt man stets über eine Drehmomentreserve und der Motor sollte nicht mehr blockieren und dabei Schritte verlieren. Das bedingt aber einen größeren Motor, der auch mehr Strom benötigt und eine dementsprechend stärkere Erwärmung aufweist.
Die Idee von Sonceboz war es, den Motor im geschlossenen Regelkreis zu betreiben und dies ohne einen kostenintensiven Geber einzusetzen. So nutzt die Steuerelektronik die Information über die Rückinduktion des Motors, um die jeweils optimale Bestromung zu wählen. Die Bedarfssteuerung kontrolliert beim Betrieb im Closed Loop nicht nur mögliche Schrittverluste, sondern misst auch die herrschende Last und damit den benötigten Strombedarf.
Das führt dazu, dass man beispielsweise in batteriebetriebenen Aggregaten kleinere Batterien einsetzen kann oder höhere Laufzeiten erreicht. Ein positiver Nebeneffekt hierbei ist auch die deutliche Reduzierung der Selbsterwärmung. So kann man auf laute Ventilatoren zur Kühlung verzichten und damit ebenfalls den Geräuschpegel senken. Denn in Pumpen-Applikationen kommt es immer zu stark wechselhaften Drehmomentanforderungen. Dazu erhält der Motor immer nur den notwendigen Strom. Damit lässt sich eine Reduktion der Selbsterwärmung um den Faktor 2 oder mehr erreichen.
Sollte es zu einer Überlast kommen, ist der Sonceboz-Antrieb in der Lage, den Motor kurzzeitig überzubestromen, um den Lastpunkt zu übergehen. Sollte es zu einer Blockade kommen, werden Schrittverluste detektiert und falls möglich, ein kontrolliertes Weiterfahren gewährleistet. Dadurch muss der Motor nicht überdimensioniert werden und das Kundengerät kann kleiner gebaut werden.
Die genannten Eigenschaften bewirken einen hohen Energiewirkungsgrad durch einen laufend der Last angepassten Phasenstrom und einen minimalen Wartungsaufwand durch den Einsatz von bürstenlosen Technologien.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
Die Bandbreite der Anwendungen ist groß. So ist der Direktantrieb mit Steuerungselektronik bisher in der Medizintechnik und in der Analyse im Einsatz. Er ist aber auch für den Betrieb in Extruder-Schnecken denkbar, um Kunststoff-Extruder-Maschinen zu beschicken. Hier wird ein geringes Drehmoment benötigt, wenn alles reibungslos läuft. Falls das Kunststoffgranulat den Antrieb aber blockiert, ist das benötigte Drehmoment sehr hoch, um die Blockade zu überwinden. Nur im Störfall benötigt man also eine sehr hohe Motorleistung. Mit dem neuen Antrieb von Sonceboz hat man einen passend dimensionierten kleinen Motor, der lediglich im Störungsfall in den Boost-Betrieb geht, um das erforderliche erhöhte Drehmoment aufzubringen. Der Strom kann im Anschluss daran wieder reduziert werden, so dass der Motor nicht heiß läuft und die Positioniergenauigkeit erhalten bleibt.
Weitere Einsatzgebiete können Industrie- und Verpackungsmaschinen sein, etwa überall dort, wo Störungen durch Verschmutzung auftreten können und eine genaue Positionierung gefragt ist.
Die Einsatzgrenze liegt durch die Elektronik im Moment bei etwa 100 °C Umgebungstemperatur und der Antrieb ist derzeit nur begrenzt vibrationstauglich. Sonceboz sieht aber das Potential, anhand konkreter Kundenaufträge auch diese Anforderungen durch spezifische Lösungen zu erfüllen. So ist die heutige Standardelektronik geeignet für Nema-23-Motoren. Aber auch an einem Nema-34-Antrieb mit integrierter Elektronik wird in naher Zukunft gearbeitet. Dann wird es auch für große Motoren mit 2 kg und mehr sowie mit 3, 4 oder 5 Nm eine Lösung geben. Außerdem entwickelt Sonceboz derzeit beispielsweise für einen Kunden einen Motor mit IP 55 Schutzklasse.
Viele Vorteile
Je nach Applikation können die Vorteile dieses neuen Antriebs von den Kunden unterschiedlich genutzt werden. Die einen sehen den optimierten Strombedarf als Vorteil bei batteriebetriebenen Geräten, die anderen nutzen die Geschwindigkeit und die Dynamik, wieder andere werten den geringen Geräuschpegel als besonderes Plus. Auch die Sicherheit oder der geringe Bauraum können ein Argument für den Einsatz des „Smart Motors" sein.