Smart-Kamera als modularer Nachrüstsatz zur Nachweisbarkeit von Sendungen
16.12.2019 - Auch wenn sich durch 1D- und 2D-Codes vieles im Bereich von Warensendungen nachverfolgen und automatisieren lässt, geben die Codes keinerlei Auskunft beispielsweise über den Zustand der Warensendungen. Um die letzte Lücke in der Beweisführung zu schließen, bietet die Firma ivii aus Graz mit der ivii.photostation nun ein nachrüstbares, auf einer Smart-Kamera basierendes Bilderfassungssystem an.
Das Internet hat das Konsumverhalten grundlegend verändert. Nicht nur Konsumenten, sondern auch Unternehmen bestellen immer mehr Waren über das Internet. Folglich ist seit dem Jahr 2000 und mit Ausnahme des Finanzkrisenjahrs 2009 die Zahl der Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) kontinuierlich gestiegen und hat mit 3,35 Milliarden Sendungen im Jahr 2017 einen Höchststand in Deutschland erreicht. Zwar gibt es noch keine aktuelleren Zahlen vom Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), doch zeichnet es sich ab, dass diese Zahl wohl auch 2018 übertroffen wurde.
Da sich jedoch die Anzahl der Zusteller bzw. der Paketdienste nicht erhöht, steigt der Zeitdruck, um das Pensum der annährend 11 Millionen Warensendungen pro Sendungstag zu schaffen. Es liegt auf der Hand, dass der Umgang mit den Warensendungen darunter leidet, was freilich durch gutes Verpacken teilweise aufgefangen werden kann. Sobald aber zerbrechliche Ware oder Lebensmittel versendet werden, kommt auch das beste Verpackungskonzept an seine Grenzen. Beschädigte Waren sind für den Versender dreifach ärgerlich. Erstens leidet seine Reputation. Zweitens schickt er, um seinen Ruf zu retten, meist aus Kulanz die Ware auf eigene Kosten erneut. Drittens stehen noch die Streitigkeiten aus, die er mit dem Zusteller hat, um die Ursache und die Kostenfrage zu klären.
Rücksendung von 280 Millionen Paketen
Dass es sich bei den Kosten nicht um „Peanuts“ handelt, zeigt die Statistik der Forschungsgruppe Retourenmanagement für das Jahr 2018. Letztes Jahr wurden rund 280 Millionen Pakete zurückgesandt, was Gesamtkosten in Höhe von schätzungsweise 5,46 Milliarden Euro verursachte. Eine Retoursendung allein kostete somit im Durchschnitt 19,51 Euro, die Hälfte davon für den Transport. Gewiss handelt es sich bei vielen Fällen um B2C-Sendungen, bei denen beispielsweise Waren ausprobiert wurden, die Größe nicht passte und die Sendungen dann zurück gingen. Aber auch falsch kommissionierte sowie beschädigte Ware machen einen erheblichen Teil der Retouren aus.
Die fehlende Nachweismöglichkeit des Versenders hinsichtlich Sendungszustands und Kommissionierung hat ivii erkannt und sich entschlossen, eine praktikable Lösung zu finden. Praktikabel heißt, dass die Lösung kompakt und modular sein soll, sodass es problemlos als zusätzliche Einheit beispielsweise an einem Förderband nachgerüstet werden kann. Das Produkt ivii.photostation erstellt ein Foto des Ladehilfsmittels wie Karton oder Kunststoffbehälter, verknüpft dieses mit einem Zeitstempel und Routing-Label des Ladehilfsmittels und legt diese Informationen auf einem Server ab.
Intelligent Kamera ≠ intelligente Kamera
Bei geschätzten 1.600 Behältern in der Stunde, von denen ivii ausging, war relativ schnell klar, dass eine klassische Lösung aus Industrie-PC und -Kamera für eine modulare Lösung zu überdimensioniert ist, zu viel Strom verbraucht und den Aufbau zu komplex macht, was sich wiederum auch auf die Gesamtkosten auswirken würde. Daher begann ivii, im Bildverarbeitungsmarkt zu recherchieren.
Bei der Recherche stieß das Unternehmen auf das Konzept der intelligenten Kamera. Intelligente Kameras sind kleine, optimierte All-in-one-Lösungen, das heißt Kamera, Schnittstellen und PC in einem Gehäuse vereint, die im Verhältnis zu ihrer platzsparenden Größe und zum Stromverbrauch über eine hohe Leistung verfügen. Doch intelligente Kamera ist nicht gleich intelligente Kamera. Die einen Kameras bieten nur ein Linux OS an, wobei sich der Anwender komplett von Einrichten bis Programmieren selbst um die Bildverarbeitung kümmern muss, die anderen geben eine Bildverarbeitungssoftware vor, deren Syntax gelernt und deren Anwendungen passend parametrisiert werden müssen und keine zu weit abweichenden Werte verzeihen.
Technische Basis
Beides wäre für ivii zwar keine Herausforderung gewesen, aber warum abmühen, wenn es für ihre Anforderungen entsprechende Lösungen auf den Markt schon gibt. Die mvBlueGemini von Matrix Vision ist nicht nur eine intelligente Kamera, sondern wird mit der Smart-Vision-Software mvImpact Configuration Studio zur Smart-Kamera. Die Smart-Kamera bietet alles, was ivii für ihre kompakte Lösung suchte. Von Haus aus besitzt die Hardware die passenden Schnittstellen, um getriggert Bilder aufzunehmen, eine Beleuchtung zu steuern und einen Netzwerkanschluss, um Bilddaten auf einen Server laden zu können. Nach einem Trigger-Ereignis kann die Software die Beleuchtung schalten und ein Bild aufnehmen sowie die Bilddaten gemeinsam mit Zeitstempel und Routing-Label auf einem FTP-Server ablegen.
Damit war die technische Basis für die ivii.photostation gefunden. Das Konfigurieren der vorhandenen Tools reichte aus, um an das Ziel zu gelangen. Mit einer elegant konstruierten Mechanik, die neben der Smart-Kamera auch die Beleuchtung beinhaltet, erreichte ivii das selbstgesteckte Ziel von einem Gesamtgewicht der nachrüstbaren Lösung von rund 50 kg und einem Platzbedarf von 1.200 x 1.200 x 1.140-2.040 mm (L x B x H). Die ivii.photostation kann in Förderanlagen integriert werden, deren Fördertechnik eine minimale Oberkante von 300 mm, eine maximale Oberkante von 1.000 mm und eine Nennbreite von 270 bis 450 mm aufweisen. Unterstützt werden Ladehilfsmittel mit einer Länge von 250 bis 650 mm, einer Breite von 180 bis 430 mm und einer Höhe von 50 bis 310 mm.
Durchgängige Dokumentation
Mit der ivii.photostation schließt die ivii eine Dokumentationslücke im Bereich der Warensendungen. Hierbei eignet sich die ivii.photostation sowohl zur Protokollierung des Warenausganges (bevor das Paket verschlossen wird) und des äußeren Zustandes des verschlossenen Paketes, um nach Versandschäden gegenüber Paketdiensten besser argumentieren zu können, als auch wie die Pakete im Wareneingang angekommen sind und welche Artikel enthalten waren. Zudem können auch weitere Kontrollen in der Intralogistik bewerkstelligt werden.