Grundlagen

Orientierung im Wildwuchs der Protokolle

OPC UA, MQTT und REST API – Kommunikationsprotokolle im Vergleich

19.11.2021 - Seit über 30 Jahren währt der sogenannte Feldbus-Krieg. Ein Ende ist nicht in Sicht. Ebenso undurchsichtig geht es auch in höhreren Ebenen zu. Wie also soll man sich im ­Dickicht der IIOT- und Steuerungsprotokolle zurechtfinden? Der folgende Artikel gibt Antworten

Das IIoT gewinnt in der industriellen Praxis zunehmend an Bedeutung. Immer häufiger werden IIoT-Protokolle wie OPC UA, MQTT oder die REST API dazu genutzt, um detaillierte Daten aus der untersten Feldebene transparent und durchgängig bis in die Cloud verfügbar zu machen. Predictive Maintenance zur Reduzierung von Stillstandzeiten oder flexible Produktionsnetzwerke, die eine effiziente Fertigung in Losgröße 1 ermöglichen, werden Realität. Doch unterscheiden sich die IIoT-Protokolle in ihren Eigenschaften maßgeblich von den bekannten Steuerungsprotokollen wie Ethernet/IP, Profinet oder Ethercat und auch zwischen den einzelnen IIoT-Protokollen gibt es Unterschiede, die eine applikationsspezifische Betrachtung unerlässlich machen. Wie finden sich Kunden also im Wildwuchs der Protokolle zurecht, um den maximalen Nutzen für die eigene Anwendung zu realisieren?

IO-Link standardisiert die ­Sensorkommunikation

Grundvoraussetzung für Lösungen im Zeichen von IIoT und Industrie 4.0 sind detaillierte Daten. IO-Link als standardisierte Sensorschnittstelle, die einen Datenzugriff auf detaillierte Sensor-/Aktordaten aus der untersten Feldebene ermöglicht, erfüllt diese Voraussetzungen. Wo digital schaltende Sensoren bisher nur einzelne Bits bereitstellen, ermöglicht IO-Link den Zugriff auf detaillierte Identifikations-, Diagnose und Parameterdaten eines Sensors bzw. Aktors. Hierdurch wird smarte Sensorik ermöglicht. Bereits heute verfügen einige optische Sensoren von Pepperl+Fuchs über eine Verschmutzungserkennung und können so bei Verschmutzung der Linse eine Diagnosemeldung erzeugen. Hierdurch kann eine vorausschauende Wartung realisiert werden, bei der der Sensor gereinigt wird, noch bevor es durch fehlerhafte Messergebnisse zu möglichen Ausfällen in der Produktion kommt.

IIoT-Protokolle ergänzen ­Steuerungsprotokolle

Bisher basieren Automatisierungssysteme meist auf einer zentralen SPS, welche die Logik der Applikation beinhaltet. Um hier beispielsweise einen Roboterarm koordiniert ansteuern zu können ist es unerlässlich, die Daten der Sensoren mit höchster Taktgenauigkeit und Zuverlässigkeit in wenigen Millisekunden zu erfassen. Wiederum in wenigen Millisekunden errechnet die SPS die Ausgangssignale und überträgt diese an Aktoren wie Ventile oder Motoren. Diesen Anforderungen werden aktuell nur steuerungsbasierte Ethernetprotokolle wie Profinet, Ethernet/IP oder Ethercat gerecht. Zwar basieren diese im Grunde auf dem Ethernet-Standard, welcher auch von normalen Office-PCs unterstützt wird, allerdings mussten hier spezifische Eigenschaften abgeändert werden, damit die hohe Taktgenauigkeit und schnellen Zykluszeiten im Millisekundenbereich erreicht werden. Hierdurch können die Daten allerdings nur mit Spezialhardware wie einer SPS ausgetauscht und auch nur mit spezifischen Softwarelösungen der Steuerungshersteller verarbeitet werden. Doch genau die Weitergabe der Daten aus der Feldebene an übergelagerte Systeme wie eine Cloud ist wie erwähnt eine der Grund­voraussetzungen für das IIoT.
An dieser Stelle setzen die sogenannten IIoT-Protokolle wie OPC UA, MQTT oder die REST API an. Diese setzen weniger auf Echtzeit im Millisekundenbereich, sondern mehr auf eine durchgängige Datenverfügbarkeit über Hersteller- und Systemgrenzen hinweg. Einen Nachteil bedeutet der weniger ausgeprägte Determinismus allerdings nicht. Beim IIoT geht es weniger um die einzelnen Prozessdaten von Sensoren und Aktoren, sondern vielmehr um ein Gesamtbild. Im Fokus stehen hier beispielsweise das Sammeln von Zustandsdaten, um sich ankündigende Ausfälle zu vermeiden oder das Erkennen von Korrelationen in Prozessparametern, die einen Einfluss auf die Produktqualität haben. Bei diesen Vorgängen ist eine harte Anforderung an die Echtzeit nicht gegeben.

OPC UA als gesamtes Framework

Mehr als nur ein einfaches Kommunikationsprotokoll, sondern ein gesamtes Framework, das beispielsweise auch ausgeprägte Security-Mechanismen beinhaltet, ist OPC UA. Ein weiterer zentraler Vorteil von OPC UA liegt darin, dass keine spezifischen Gerätebeschreibungsdateien notwendig sind. Jedes Gerät verfügt selbst über alle notwendigen Daten wie beispielsweise die eigene Datenstruktur in einem maschinen- und menschenlesbaren Format. Auf der einen Seite bedeutet das für Kunden eine gewisse Sicherheit, auf der anderen Seite ergibt sich ein großer Datenoverhead, wodurch bei vielen Teilnehmen schnell eine sehr hohe Netzlast entsteht. Aus diesem Grund eignet sich OPC UA vornehmlich für größer angelegte IIoT-Projekte, bei denen Geräte verschiedener Hersteller zusammengeführt werden müssen, gleichzeitig aber das Netzwerk entsprechend dimensioniert werden kann.

MQTT als Leichtgewicht

Während bei OPC UA eine eher starre Client/Server-Verbindung besteht, basiert MQTT auf dem Publish/Subscribe-Mechanismus. Hierbei stellt ein Publisher (Anbieter von Daten) seine Daten zentral in einem Netzwerk zur Verfügung. Subscriber (Datenkonsumenten) können hierbei flexibel entweder die gesamten Daten des Publishers oder nur einzeln ausgewählte „Topics“ abonnieren. Da hierbei keine stehende Verbindung zwischen dem Publisher und jedem Subscriber besteht, fällt der Datenoverhead bei MQTT deutlich geringer aus. Hierdurch eignet sich MQTT vor allem für Netzwerke mit begrenzter Verfügbarkeit oder wenn eine Information gleichzeitig an mehrere „Konsumenten“ weitergegeben werden muss.

REST API als Programmierschnittstelle

Bei einer API (Application Programming Interface) handelt es sich um eine Programmierschnittstelle, die ein Gerät bereitstellt. REST steht hierbei für Representation State Transfer und fasst Rahmenbedingungen zusammen, wie die API gestaltet werden soll. Die REST API ermöglicht es Kunden, eigene Anwendungen auf Basis der Daten eines Gerätes aufzusetzen, wobei einige Rahmenbedingungen unverbindlich definiert sind. Meist werden innerhalb eines Unternehmens die APIs für die eigenen Geräte standardisiert. Hierdurch eignet sich die REST API vor allem für Anwendungen, in denen viele Geräte ein- und desselben Herstellers eingesetzt werden. 

Den einen IIoT-Standard gibt es nicht

Die Ausführungen zu den drei IIoT-Protokollen OPC UA, MQTT und der REST API zeigen, dass es, wie aus der Steuerungswelt bekannt, nicht den einen Standard gibt. Doch besitzt jede dieser Schnittstellen ihre Daseinsberechtigung, indem sie spezifische Vor- und Nachteile aufweisen und damit je nach Applikation das eine oder andere Protokoll sinnvoller einzusetzen ist. Der entscheidende Unterschied der IIoT-Protokolle zu den Steuerungsprotokollen liegt allerdings darin, dass sie einen durchgängigen und transparenten Datenfluss vom Sensor in die Cloud ermöglichen, wodurch erst die riesigen Potentiale von Industrie 4.0 und des IIoT ermöglicht werden.

Autor
Lukas Pogoda,
Produktmanager für Industrielle Kommunikation

Kontakt

Pepperl+Fuchs SE

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