Optogenetik setzt auf Multiphotonen-Mikroskopie
Längerwellige Laserquellen mit hohen Leistungen im nahen Infrarot
Neue längerwellige Laserquellen, die bei zwei Wellenlängen im nahen Infrarot hohe Leistungen zur Verfügung stellen, bilden die Grundlage für die neuesten Fortschritte in der Optogenetik und anderen Imaging-Techniken, die auf der Multiphotonen-Mikroskopie basieren.
Die Neurowissenschaften haben sich aufgrund beträchtlicher Forschungsgelder zur Kernapplikation für optische Multiphotonen-Mikroskope entwickelt. Die Multiphotonen-Mikroskopie ermöglicht die Aufnahme hochauflösender neuronaler Bilder aus der Hirnrinde lebender Tiere. Mit der Technik der Optogenetik werden neue Erkenntnisse auf Basis einzelner Neuronen und ihrer Funktion im neuronalen Netz auf Patientenebene gewonnen. In diesem Artikel wird beschrieben, wie die neuesten durchstimmbaren Laser mit ihrer höheren Leistung und ihren längeren Wellenlängen es Wissenschaftlern ermöglichen ihr Forschungsfeld der Optogenetik auf noch größere neuronale Netzwerke auszuweiten.
Multiphotonen- Mikroskopie und Optogenetik
Die Multiphotonen-Mikroskopie ist eine der wertvollsten Imaging-Methoden für die Biowissenschaften und für vorklinische Applikationen: sie liefert dreidimensional aufgelöste Bilder ohne dabei die Probe zu zerstören. In der Multiphotonen-Mikroskopie wird ein Ultrafast-Laser eng auf eine bestimmte Zieltiefe in der Probe fokussiert. Er erzeugt dabei eine Folge von Pulsen mit hoher Frequenz (von bis zu 100 MHz) und Pulsbreiten (Pulsdauern) von nur einigen zehn Femtosekunden. Im Fokus - und zwar nur im Fokus selber - ist die Peakintensität hoch genug, um Zwei- und sogar Dreiphotonen-Absorption anzuregen (siehe Bild 1). So kann beispielsweise ein Fluoreszenz-Farbstoff, der gewöhnlich im blauen Spektralbereich bei 450 nm absorbiert, mit einem Ultrafast-Laser bei 900 nm angeregt werden. Durch das Scannen des fokussierten Laserstrahls erhält man rasch ein dreidimensionales Bild.
Die Pioniere der Optogenetik, haben diese Methode, in der Licht sowohl zur Anregung der Zellen als auch zur Bilderzeugung eingesetzt wird, dank einer Klasse von transgenen Proteinen entwickeln können, den Opsins [1]. Wenn diese Proteine mit der richtigen Wellenlänge bestrahlt werden, so lassen sie Ca2+-Ionen (oder andere Ionen) die Membran passieren. Das führt zu einem kurzzeitigen Anstieg des elektrischen Membranpotenzials und ahmt damit das normale Aktionspotenzial des neuralen Signaltransfers nach. Frühere optogenetische Experimente wurden mit LED-Lichtquellen durchgeführt. Für die Photoanregung kann heute ein entsprechender Ultrafastlaser - eventuell in Kombination mit einem räumlichen Lichtmodulator - eingesetzt werden. Ein zweiter Ultrafastlaser wird gewöhnlich für die Messung der Ca2+-Aktivität eingesetzt. Oft wird dafür ein gentechnisch Calciumindikator (GECI) eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein Protein, dessen Fluoreszenz-Eigenschaften sich mit der lokalen Ca2+-Ionen-Konzentration ändern. So kann das Aktivitätsmuster im Kortex einer Maus (durch ein Glasfenster) sowohl räumlich als auch zeitlich bildlich dargestellt werden. Bild 2 zeigt schematisch das Grundprinzip eines typischen optogenetischen Experimentes.
Vermeidung von Überlagerungen
Natürlich ist es sehr wichtig eine Überlagerung zwischen den Prozessen der Aktivierung und Abfrage zu vermeiden. Deshalb sind für optogenetische Experimente immer zwei verschiedene Ultrafast-Wellenlängen nötig. Zudem verschaffen sich die Wissenschaftler gewöhnlich zunächst einen Überblick über die Struktur des neuronalen Netzwerkes (z.B. seine Mikrotopologie) bevor sie die einzelnen Nervenzellen in irgendeiner Art und Weise anregen. Dieses anfängliche Imaging wird ebenfalls via Zwei-Photonen-Anregung durchgeführt, meist mit einem Fluoreszenz-Protein, welches bei der Anregungswellenlänge absorbiert, denn die Topologie selbst ändert sich durch die gleichzeitige Anregung mehrerer Neuronen nicht.
Die besten Ergebnisse im Sinne minimalster optischer Schädigung und optimaler Imaging-Tiefe erzielt man mit den längst möglichen Wellenlängen. Glücklicherweise gibt es einige gut entwickelte, stabile Aktivatoren, wie C1V1, der bei 1050 nm effektiv angeregt werden kann. Die 1050 nm Wellenlänge war auch die erste mit der neuronale Strukturen unter Einsatz eines Fluoreszenz-Proteins (z.B. der „mfruits"-Familie) erstmals aufgenommen wurden. Das Probing erfolgt dann bei 920 nm mit Hilfe eines Calcium-Fluoreszenz-Indikators namens GCaMP, der wiederum bei 1050 nm überhaupt nicht anspricht.
Bis vor kurzem basierten die meisten Laserquellen der Multiphotonen-Mikroskopie auf der Titan-Saphir (Ti:S)-Technologie. Integriert man dort einen Optisch-Parametrischen-Oszillator (OPO), so können diese Laser, wie die der Chameleon Vision Serie von Coherent, zwei unabhängig voneinander durchstimmbare Wellenlängen zur Verfügung stellen. Das ist nach wie vor die bevorzugte Laserquelle für viele Applikationen an lebendem Gewebe, zumal es für die 929 nm/1050 nm -Kombination auch damit eine Lösung gibt. Diese Technik war für die anfänglichen optogenetischen Experimente, in denen die Bildintensität und/oder die Geschwindigkeit eine untergeordnete Rolle spielten, ausreichend geeignet. Jedoch beträgt die maximale Leistung aus OPO und Ti:S-Pumplaser nur ca. 1 Watt.
Die neuesten Entwicklungen in der modernen Optogenetik und optischen Physiologie sind aus mehreren Gründen auf eine höhere Leistung angewiesen. So ist beispielsweise die Emission der Fluoreszenzproben (wenn sie nicht gesättigt sind) proportional zum Produkt aus der Laserpeak- und der Durchschnittsleistung. Des Weiteren ermöglicht höhere Laserleistung eine größere Bildtiefe, durch die Verlust-Kompensierung von Gewebeabsorption und -streuung. Noch wichtiger ist, dass mit höherer Leistung auch eine höhere Bildgebung verbunden ist. Im Moment gelingt es in einem Multiphotonen-Experiment mit Einzel-Neuronen-Auflösung nur ein paar wenige Nervenzellen gleichzeitig zu stimulieren und ihre Aktivität abzubilden. Wissenschaftler würden jedoch gerne gleichzeitig ca. 10.000 Nervenzellen anregen und deren Aktivität aufzeichnen, was einem Kortexareal von 250 µm x 250 µm mit einer Tiefe von bis zu 1 mm entspricht. Das setzt ein schnelles Scanning mit schnellen Modulatoren voraus. Die andere Variante wäre den Strahl in seiner Intensität aufzuteilen und mit mehreren Fokussen das Gewebe zu scannen. Egal welcher Weg eingeschlagen wird: will man bei dieser hohen Geschwindigkeit ein Bild mit einem ordentlichen Signal/Rausch-Verhältnis erhalten braucht man eine hohe Laserleistung.
Eine neue Laserquelle
Viele Laserhersteller haben auf diese Anforderung reagiert und einen komplett anderen Ultrafastlaser-Typ auf Basis von Ytterbium entwickelt. Ein Beispiel ist der Chameleon Discovery von Coherent. Der primäre Output dieses Lasers ist mit einer Pulsbreite von nur 100 fs und einer Leistung von bis zu 1,4 Watt von 680 nm bis 1300 nm stufenlos durchstimmbar. Gleichzeitig stellt er bei 1040 nm 1,5 Watt zur Verfügung. Diese Wellenlängen-Kombination zusammen mit der hohen Leistung ist für die oben beschriebenen, langwelligen optogenetischen Experimente ideal geeignet. Erste Anwender berichten bereits von einer Größenordnung mehr an Neuronen die sie damit aktivieren können.
Diese neuen Laser sind ebenso gut für andere Multiphotonen-Imaging-Applikationen geeignet. So bieten ihr breiter Durchstimmbereich, ihre hohe Leistung und ihre kurzen Pulse ideale Voraussetzungen für die Zwei-Photonen-Anregung aller bekannten Fluoreszentproteine (inkl. eGFP, YFP und alle rot-verschobenen Proteine) und Farbstoffe. Die Tatsache, dass synchronisierte Pulse unterschiedlicher Wellenlänge zur Verfügung stehen macht diese Laser zur perfekten Laserquelle für Techniken wie CARS (Coherent Anti Stokes Raman Scattering) und SRS (Stimulated Raman Scattering).
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Optogenetik nur ein weiteres hervorragendes Beispiel für das Zusammenspiel von Laserentwicklung und Laseranwendung ist. Bestehende Technologien können neue Techniken entwickeln und so die Forschung in neue Bahnen lenken, und umgekehrt können neue Anforderungen der Wissenschaft die Entwicklung und Weiterentwicklung neuerer Technologien fördern.
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