Bildverarbeitung

Neue Möglichkeiten

Laser Tracker vereinfacht Kontrolle großer Gussteile

24.08.2009 -

Die Edelstahlgießerei von Otto Junker vereinfachte ihren Messprozess mit einem Leica ­Geosystems Laser Tracker. Die hohe Qualität der bearbeiteten Teile spricht dank der erzielten Messgenauigkeiten für sich.

Von draußen betrachtet scheint es in der Edelstahlgießerei der Otto Junker GmbH stockdunkel zu sein. „Dafür sind die Jungs hellwach", sagt Ulrich Tigges lachend und spielt auf die extrem schwierigen Arbeitsbedingungen in der Gießerei an, die seinen Kollegen einiges abverlangen. Tigges ist Leiter Mechanische Fertigung bei der Otto Junker GmbH in Simmerath-Lammersdorf, einer Eifel-Gemeinde im Südwesten Nordrhein-Westfalens, nur einen Steinwurf von der belgischen Grenze entfernt.
Das Unternehmen Otto Junker gibt es schon seit 1924. Ursprünglich baute Otto Junker nur Gießereiöfen. Aus einem Vorführ-Ofen für die Kunden entwickelte sich jedoch über die Jahre ein eigener Geschäftszweig, der unabhängig von der Sparte Anlagenbau agiert.
Eigentümerin der heutigen Unternehmensgruppe ist die Otto-Junker-Stiftung, die sich der Ausbildung von Ingenieurnachwuchs verschrieben hat. „Für ein Stiftungsunternehmen zu arbeiten ist schon etwas besonderes", erklärt Ulrich Tigges. „Das Miteinander von Otto Junker und den Kunden basiert auf ruhigem Umgangston, gegenseitigem Verständnis und offener Kommunikation."

Drehteile mit über 6 m Durchmesser

Im Lauf der Zeit veränderte sich das Nachfrageverhalten der Kunden. Neue Prozesse führten dazu, dass immer häufiger fertig bearbeitete Gussteile gewünscht wurden. Die Gießerei von Otto Junker, spezialisiert auf Edelstähle und Sonderwerkstoffe, ist in der Lage, ein Komplettpaket anzubieten. Das Kerngeschäft bilden Bauteile für die chemische und pharmazeutische Industrie sowie die Lebensmittelindustrie. „Gefragt sind vor allem Drehteile", erläutert Ulrich Tigges. „Wir setzen Karusselldrehmaschinen ein, die Teile bis zu 6,30 m Durchmesser bearbeiten."
Bis 2007 verwendete die Otto Junker GmbH konventionelle Messinstrumente wie Messschieber oder Mikrometerschrauben. Bei Bauteilen mit 6 m Durchmesser ist das Handling dieser Werkzeuge aber extrem aufwändig: Das Messgerät muss permanent unterstützt und selbst in der Genauigkeit gehalten werden. Außerdem konnten manche Formen mit konventionellen Mitteln einfach nicht mehr vermessen werden, beispielsweise ineinander laufende Radien und Schrägen. Hier sind Durchmesser theoretische Maße von Schnitten, die am Bauteil selbst so de facto nicht existieren und bei der Messung konstruiert werden müssen. An dieser Stelle erwachte bei den Verantwortlichen von Otto Junker der Wunsch, mit moderner, softwaregestützter Koor­dinatenmesstechnik diese Konstruktion direkt am Bauteil auf der Maschine vorzunehmen ohne die Produktion extra zu verlassen - eine immense Zeitersparnis. Bei den Bauteilen, die die Abteilung Mechanische Fertigung verlassen, werden nur minimale Toleranzen geduldet. Ulrich Tigges: „Die Genauigkeitsbereiche, in die wir vorstoßen, sind wirklich nicht ohne. Formteile mit einem Durchmesser von 4m müssen auf 3/100 mm genau stimmen. Das alles auch noch in einer sehr rauen Umgebung ist mit herkömmlichen Mitteln einfach nicht abzudecken."

Kurzes Zeitfenster pro Messung
Die Suche nach der richtigen Messlösung brachte Otto Junker zunächst auf eine ganz bestimmte Spur. Bei einem Kunden war schon länger ein Messarm im Einsatz. Bauteile mit 6 m Durchmesser brachten dieses System aber schnell an seine Grenzen. Mit Laservermessung war ­Ulrich Tigges bereits vertraut: Als früherer ­Mitarbeiter des geodätischen Instituts der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) war ihm das Verfahren bekannt, allerdings überraschten ihn die Genauigkeiten, die Laser Tracker tatsächlich erzielen. Mehrere Hersteller demonstrierten ihre Tracker. Bei Otto Junker kam allerdings Skepsis auf, weil eine Anforderung an das neue System nicht erfüllt wurde: Alle Bauteile, auch künftige, sollten mit dem neuen Equipment abgedeckt werden. Damit rückte eine Lösung von Leica Geosystems ins Rampenlicht: Die Fähigkeit des kabellosen Tasters Leica T-Probe auch versteckte Punkte messen zu können, sorgte bei den Mitarbeitern für Begeisterung. „Vergleichbare Systeme funktionierten nur mit viel Geduld. Ein Zeitfenster von etwa 30 Minuten pro Messung war mit anderen Systemen nicht einzuhalten", berichtet Tigges. Die viel größere Akzeptanz der Mitarbeiter für die Lösung von Leica Geosystems gab schließlich den Ausschlag. Otto Junker kaufte zunächst einen Laser Tracker, der für sechs Freiheitsgrade vorkonfiguriert ist. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Leica T-Probe hinzukommen: Tigges und seine Kollegen rüsten ihr Messsystem Schritt für Schritt auf.
Kurz nach Lieferung des Systems wurde eine Abnahmemessung durchgeführt. Das neue System musste dabei erstmals seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. „Unsere Meister sind es gewohnt, mit Zehnteln oder Hundertsteln zu kämpfen und haben viel Erfahrung. Entsprechend neugierig waren sie - der Tracker musste sich in ihren Augen erst einmal bewähren", erinnert sich Ulrich Tigges. Die Abnahmemessung zeigte, dass der neue Tracker alle Genauigkeiten perfekt einhielt.
Das Training, das von Hexagon Metrology angeboten wurde und an dem die Teamleiter der Abteilung teilnahmen, begann mit der Theorie über das Messgerät und die Software PC-DMIS. Die anschließende Simulation der Praxis gestaltete sich intensiv. In einem ruhigen Montageraum wurde jeder Schritt einmal geübt: Wie misst man einen Kreis, einen Kegel oder einen einzelnen Punkt? Der Trainer von Hexagon Metrology zeigte wie. Inzwischen bedienen sechs Mitarbeiter das System. Das Wissen über dessen Funktionsweise wird unter den Kollegen weitergegeben. Die größte Herausforderung für die Anwender ist, ihre eigene Messung zu beurteilen. „Kleine Kegel mit 2,5m Durchmesser und einem Höhenmaß von 15 mm bei einem Winkel von 10° sind ganz schwer zu erfassen. Mit einer ½"-Reflektorkugel schaffen wir aber auch das mit sehr zuverlässigen Ergebnissen. Die graphische Anzeige in der Software ist eine Riesenhilfe."

Messprozess folgt Produktion
Der Messprozess der mechanischen Fertigung bei Otto Junker folgt dem Produktionsablauf der Gussteile. Die Bauteile, die aus der Gießerei kommen, werden nach zwei bis drei Tagen erstmals aus der Form gezogen. Es vergehen eine oder maximal zwei Wochen bis ein Bauteil zur Weiterverarbeitung bereit steht. Zunächst wird es per Bandmaß grob vermessen und auf Gussfehler kontrolliert, um ein Untermaß zu vermeiden. Mit dem Kran wird das Teil dann beispielsweise auf die Drehmaschine gehoben. Jedes Bauteil wird anders aufgespannt und anhand des Anrisses ausgerichtet. Die erste grobe Zerspanung führt bis auf 3 mm an die Fertigkontur heran. Nach diesen 20-50 Stunden Laufzeit hebt der Kran das Gussteil von der Maschine herunter. Mehrere Tage Ruhezeit folgen, um Werkstoffspannungen frei werden zu lassen: Das Bauteil verändert während dieser Zeit seine Form - es muss „gehen". Sobald die weitere Bearbeitung beginnt, kommt der Laser Tracker von Leica Geosystems permanent zum Einsatz. Dünnwandige Teile mit nur 20 mm Wandstärke bewegen sich auf der Drehmaschine. Daher werden sie mehrfach gedreht und die Maße von beiden Seiten in Bezug zueinander gesetzt. In 0,5 mm-Schritten wird nachgemessen, ob das Maß noch stimmt. Ab 1,5 mm Annäherung an das Fertigmaß bis zum endgültigen Bauteil benötigen die Messzyklen zusammen drei bis vier Stunden. „Da können und werden wir künftig auch noch schneller werden, z. B. mit Hilfe der Leica T-Probe", so Ulrich Tigges. „Wir haben auch festgestellt, dass wir neben der Maschine nur sehr schwer messen können. Die bessere Variante ist, wenn das Bauteil aufgespannt bleibt. Wir haben so viele Kran- und LKW-Bewegungen in der Halle - da ist es besser, wenn der Tracker in der Nähe der Maschine stehen bleibt. Um die Maschine herum sind die Bodenplatten ruhiger und dicker." Die Abweichungen bewegen sich im Minimal-Bereich. Das Bewusstsein, dass das neue Messsystem zuverlässig funktioniert, war schnell vorhanden.
Für den Laser Tracker von Leica Geosystems entdeckte das Anwender-Team immer wieder neue Einsatzmöglichkeiten. Beim Aufbau einer neuen Drehmaschine war der Tracker eine große Hilfe. Ulrich Tigges erinnert sich: „Wir haben den Untersatz der Maschine vermessen, auf dem die Planscheibe auf einem Ölteppich läuft. Diese Laufbahnen müssen parallel sein und werden von Hand geschabt. Mit dem Laser Tracker haben wir eineinhalb Wochen lang die Laufbahn vermessen - und die Erkenntnisse aus der Messung führten zu einer signifikanten Zeit- und Kostenersparnis. Die 63 t schwere Scheibe konnte zügig in die Maschine eingesetzt werden." Auch für die Kontrolle der Maschinen kommt der Leica Geosystems Laser Tracker zum Einsatz. Der Verschleiß des Drehstahls etwa ist ein zu kompensierender Faktor. Genaue Messergebnisse geben darüber Aufschluss, innerhalb welcher Toleranzen sich eine Maschine überhaupt bewegt.
„Unsere oberste Priorität ist: Die Produktion muss laufen", fasst Tigges zusammen. „Wir haben immer nur dieses eine Bauteil in Bearbeitung, daher muss auch das Messsystem zu 100 % funktionieren. Von Hexagon Metrology wurden wir richtig beraten. Die Präzision der Leica Geosystems-Lösung und die Software PC-DMIS waren genau das, was wir brauchten. Das System erleichtert uns wirklich den Alltag."

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