Automatisierung

Mehrzeilen-Farbkameras, was können sie?

08.06.2011 -

Zeilenkameras kommen häufig bei der Web-Inspektion und bei Systemen zum Einsatz, die mit Förderbändern arbeiten und kontinuierliche Bewegungen erfassen. Besonders im industriellen Bereich werden Farb-Zeilenkameras verwendet. Die Anwender haben hier die Wahl zwischen Kameras mit einem oder drei Sensoren. Ein-Sensor-Kameras haben entweder eine einzige RGB-Zeile oder aber zwei oder drei benachbarte Zeilen. Als „mehrzeilig" werden Sensoren mit typischerweise drei oder mehr Zeilen bezeichnet. Dank verbesserter Sensortechnologie sind Mehrzeilenkameras mittlerweile eine echte Alternative zu den Drei-Sensor-Kameras; vor allem auch, da sie sich in einem mittleren Preissegment befinden.

Noch vor einigen Jahren hatten Drei-Zeilen-Kameras mit Problemen wie niedrige Zeilenrate und begrenzte Schärfeleistung zu kämpfen. Hinzu kam, dass die Kameras Objekte mit unregelmäßigen Bewegungen oft nicht erfassen konnten, da der Abstand der Zeilen auf dem Chip zu groß war. Heute gibt es eine neue Generation von Mehrzeilenkameras mit Zeilenraten von bis zu 18 kHz bei 4.096 Pixeln und mit einem Zeilenabstand von nur einer oder zwei „blinden" Zeilen. Durch diese Verkleinerung der Zeilenabstände ist es Kameraherstellern gelungen, die Leistung zu verbessern und frühere Probleme zu überwinden.

Beim Scannen von losen Objekten auf einem Förderband, erfasst die Kamera das Bild in Form von drei Zeilenabbildern, eins pro Spektralbereich (rot, grün und blau). Bei einer Drei-Sensor-Kamera wird also ein und dieselbe Zeile dreimal zum selben Zeitpunkt erfasst, während bei einer Mehrzeilenkamera die Zeile nacheinander (und somit zu unterschiedlichen Zeitpunkten) im Rot-, Grün- und Blaubereich erfasst wird. Moderne Mehrzeilensensoren bieten heute Zeilenzwischenräume von nicht mehr als ein oder zwei Zeilen an.

Bei einem 25 cm breiten Förderband mit z. B. Linsen, das mit einer Auflösung von 4.096 Pixeln erfasst wird, liegt die Auflösung in der Größenordnung von 0,05 mm. Dies reicht zur Prüfung der Beschaffenheit der verschiedenen Linsensorten. Die Linsen werden mit einer Transportgeschwindigkeit von 1,1 m/s gescannt, wobei zwischen dem Erfassen zweier Zeilen 110 µs vergehen. Falls sich die Position der Linsen während des Vorgangs ändert, ist die Zeile, die beim Erfassen der dritten Zeile gescannt wird, nicht mehr dieselbe wie die zuvor registrierte. Bei der nachfolgenden Kanten- oder Merkmalserkennung führt das zu so genannten Farbartefakten oder Unschärfen. Die Größe des Positionierfehlers, ab der ein Farbartefakt entsteht, ist umgekehrt proportional zum Abstand zwischen der ersten und der letzten Zeile. Ein Artefakt mit 10%iger Farbverfälschung entsteht in einer Zeile, wenn die Position um folgende Werte von der korrekten abweicht:

  • Bei einem Zeilenzwischenraum von 0 Zeilen: 3,3% (10% mal 1/3).
  • Bei einem Zeilenzwischenraum von 1 Zeile: 2,0% (10% mal 1/5).
  • Bei einem Zeilenzwischenraum von 2 Zeilen: 1,4% (10% mal 1/7).

Viele der heute eingesetzten Kameras haben einen Zeilenzwischenraum in der Größenordnung von 10, der tolerierbare Positionierfehler ist somit kleiner als 0,5 %. Üblicherweise wird empfohlen, bei Zeilenkameras das Erfassen des Bildes mit dem mechanischen Transport zu synchronisieren, um unverfälschte Bilder zu bekommen. Das wirkt zwar den durch Geschwindigkeitsschwankungen verursachten Artefakten entgegen, nicht aber solchen, die durch Fehlpositionierung (Vibration oder Drehung des zu erfassenden Objekts) verursacht werden. Letzteres ist ein häufiges Problem in Fällen, in denen rollende Objekte auf einem Förderband überwacht werden (z. B. Tabletten, elektrische Sicherungen, Kartoffeln etc.).

Der bisher einzige Weg, dieses Problem anzugehen, war der Einsatz von Prismenkameras, die weniger empfindlich auf Positionierfehler reagieren als Mehrzeilenkameras. Mit dem Aufkommen der neuesten Mehrzeilensensoren/-kameras hat sich diese Situation geändert; mit ihren Zeilenzwischenräumen von eins oder zwei können sie fünfmal größere Positionierfehler tolerieren als frühere Typen. Obendrein erweitert sich durch das Mehrzeilenkonzept nun auch das von den Kameras erfassbare Farbspektrum. Es ist konstruktiv ziemlich schwierig, mehr als drei Chips und die zugehörigen Ansteuerschaltungen mit einem Prisma zusammenzubauen. Genau deswegen besitzen Kameras der Standardklasse nur drei Chips. Kameras mit Prisma können naturgemäß nur drei Farbkanäle erfassen, dagegen können Kameras mit mehr als drei Zeilen zusätzlich auch nahes (kurzwelliges) IR erkennen oder ergänzende s/w-Informationen liefern.

Um mehr Farbkanäle zu erhalten, wird üblicherweise die Schärfe im Rot- und Blaubereich verringert. Durch Einsetzen mehrerer Sensoren und/oder Zeilen und Auswerten der Signale per Bayer-Interpolation können Sensoren trotz einer begrenzten Anzahl von Zeilen mehr Farbkanäle liefern. Moderne Mehrzeilentechnik liefert Informationen aus mehreren Spektralbereichen, ohne dabei die Schärfe zu reduzieren. Solche Sensoren haben heute vier statt drei Zeilen und ermöglichen es zwischen zusätzlichen Helligkeitsinformationen oder Informationen aus dem Bereich des nahen IR zu wählen.

  • Welche Zeilenkamera benötige ich?
  • Bei der Wahl der passenden Zeilenkamera-Technologie sollten sich Unternehmen daher die folgenden Fragen stellen:
  • Welcher Spektralbereich soll erfasst werden?
  • Welche Auflösung wird benötigt?
  • Welche Optik und welche Einbauweise soll die Kamera aufweisen?
  • Welche Zeilenrate ist erforderlich?
  • Über welches Signal-/Rausch-Verhältnis darf die Kamera verfügen?
  • Welche sonstigen Leistungsmerkmale benötigt das System? Anti-Blooming-Funktion, Ausgabeprotokoll, Framegrabber, ...

Im nächsten Schritt müssen die folgenden Störfaktoren in Betracht gezogen werden:

  • Vibration des Objekts,
  • Rotation des Objekts,
  • Schwankungen bei der Geschwindigkeit des Objekts,
  • Unregelmäßigkeiten bei der Beleuchtung des Objekts.

Wenn die Bildschärfe wichtig ist, sollten alle Störfaktoren zusammen nicht mehr als ein paar Prozent der Breite einer erfassten Zeile ausmachen. In diesem Fall genügt normalerweise eine moderne Mehrzeilenkamera. Wird dieser Wert überschritten, ist der Kauf einer Mehrsensorkamera zu empfehlen, um die Bildqualität insgesamt zu verbessern. Bei der Auswahl der richtigen Zeilenkamera für Bildverarbeitungssysteme in Farbe sollte man prüfen, ob Mehrzeilenkameras den Anforderungen nicht bereits entsprechen. Dank neuer Sensoren bieten Mehrzeilenkameras einen kostengünstigen Weg, mit dem die steigende Nachfrage nach multispektraler Analyse mit entsprechenden Lösungen abgedeckt werden kann.(pe)

Kontakt

Rauscher GmbH

Johann-G.Gutenberg-Str. 20
82140 Olching
Deutschland

+49 8142 44841 0
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