Magnetostriktive Wegaufnehmer: Präzise Sensoren für einen breiten Anwendungsbereich
28.05.2018 -
Selbstdiagnose, Zustandsüberwachung, Nachverfolgbarkeit – Schlagworte auf dem Weg zu vernetzten Produktionsumgebungen im Sinne von Industrie 4.0. Die technische Basis hierfür sind stets Sensoren, darunter magnetostriktive Wegsensoren. Ein Blick auf das Messprinzip, die Eigenschaften und mögliche Anwendungsgebiete der Wegsensoren lohnt.
Die Grundlage eines magnetostriktiven Wegaufnehmers ist ein ferromagnetischer Stab, auch Wellenleiter genannt. Er erstreckt sich im Inneren des Gehäuses über die gesamte Messlänge. Über die Sensorelektronik wird der Wellenleiter mit einem hochfrequenten Stromimpuls versorgt und erzeugt somit ein konzentrisches Magnetfeld. Beim Zusammentreffen mit dem magnetischen Längsfeld des sogenannten Positionsmagneten (passives Element) entsteht ein Torsionsimpuls, der als Körperschallwelle mit konstanter Ultraschallgeschwindigkeit zu beiden Enden des Wellenleiters läuft. Am unteren Ende des Wellenleiters wird die Schallwelle absorbiert, sodass sich Einflüsse in der Signalerfassung vermeiden lassen. Der am oberen Ende angebrachte Impulswandler erzeugt aus der Körperschallwelle einen elektrischen Impuls.
Je nach Entfernung des Positionsmagneten verringert oder verlängert sich die Laufzeit zwischen Start des Stromimpulses, Eintreffen der Schallwelle und anschließender Umwandlung zu einem elektrischen Antwortsignal. Über diese Laufzeit kann eine exakte Lagebestimmung des Positionsmagneten, der starr mit dem verfahrenden Objekt verbunden ist, erreicht werden. Die ferromagnetische Welle und der Positionsmagnet sind voneinander entkoppelt, arbeiten somit berührungslos und sind daher auch verschleißfrei.
Mögliche Anwendungsgebiete
Magnetostriktive Wegaufnehmern zeichnen sich durch hohe Präzision und Wiederholgenauigkeit aus. Zudem halten sie extremen Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, Schock und Vibrationen stand. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften ist das Einsatzgebiet breitgefächert. Der kompakte Gehäuseaufbau in Stabbauform ermöglicht zum Beispiel die Integration in Hydraulikzylindern für eine direkte Messung der Hubbewegung. Durch die hohe IP-Schutzklasse, die Druckfestigkeit und eine optimale Schock- und Vibrationsfestigkeit der Wegaufnehmer sind auch mobile Maschinen ein möglicher Einsatzbereich.
Die absoluten Wegaufnehmer eignen sich aber auch für Spritzgießmaschinen, Kunststoffpressen und Anlagen zur Bearbeitung von Metall, Holz und Glas. Hier sorgen die Sensoren für eine exakte Positionsbestimmung und eine zusätzliche Geschwindigkeitsüberwachung von zum Beispiel der Schließbewegung der beweglichen Werkzeugplatte einer Spritzgießmaschine. Der Hintergrund: Eine mangelnde Genauigkeit des Schließvorgangs kann bei unsanftem Kollidieren der Werkzeughälften zur Zerstörung des Werkzeugs führen. Wenn die Werkzeugplatte nur unvollständig geschlossen wird, resultiert dies in einer Gratbildung. Abgesehen von der Werkzeugbewegung erfassen weitere Wegaufnehmer die Bewegung und Position der Spritzeinheit sowie des Auswerfers.
Jetzt wird`s sportlich…
Moderne Sensortechniken werden auch in der Sportwissenschaft eingesetzt. So liefert beispielsweise ein berührungsfrei arbeitender magnetostriktiver Wegaufnehmer mit freiem Positionsgeber entscheidende Daten zur Wurftechnik von Leistungssportlern. Der „Wurfsimulator“ entstand im Zuge aktueller Forschungen auf dem Gebiet der biomechanischen Modellierung sportlicher Bewegungen am Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen. Er dient Leistungssportlern und Profis in erster Linie zur Erfassung ihrer Wurfkraftfähigkeiten. Der Sportler hat die Aufgabe, einen Lastschlitten entweder aus dem Stand oder mit einer Auftaktbewegung die geneigte Ebene hoch zu „werfen“ und ihn dabei maximal zu beschleunigen.
Die Analyse der Wurfbewegung erfolgt auf Basis einer Positionsmessung mit einem drei Meter langen magnetostriktiven Sensor vom Typ MK4 der Firma Gefran. Der Sensor kodiert die Position des Schlittens im Verlaufe der Wurfbewegung durch ein analoges Spannungssignal, das über einen AD-Wandler von einem PC registriert und ausgewertet wird. Das analoge Messsignal wird mit 1.000 Hz abgetastet. Die Forscher leiten den Zeitverlauf der Geschwindigkeit und die Beschleunigung aus dem gemessenen Weg-Zeit-Verlauf des Wurfschlittens ab. Die wichtigsten Auswerteparameter sind dabei die Maximalgeschwindigkeit des Schlittens, die Abwurfposition, die Beschleunigungsweglänge sowie der Zeitpunkt und die Höhe des finalen Beschleunigungsanstiegs.
Schnelle Integration
Bei vernetzten Produktionsumgebungen im Sinne von Industrie 4.0 sind Sensoren unverzichtbare elektronisch Bausteine für eine erfolgreiche Maschine-zu-Maschine- und Mensch-zu-Maschine-Kommunikation. Sie erlauben den optimalen Datenaustausch zwischen den verschiedenen Automatisierungssystemen, die Maschinensteuerung und -synchronisierung sowie die Überwachung der Produktionsanlagen. So tragen sie zur Verbesserung der Produktivität und der Produktqualität sowie der Sicherheit und Energieeffizienz der Prozesse bei. Die Vernetzung innerhalb der Geräte und des gesamten Systems lässt sich über verschiedene Schnittstellen sicherstellen.
Bei Gefran sind magnetostriktive Wegaufnehmer mit Analog-, Start/Stop-, SSI-, Profibus- und CANopen-Schnittstellen erhältlich. Über die direkten digitalen Ausgänge lässt sich der Positionswert wahlweise über eine SSI- oder CANopen-Schnittstelle in Echtzeit und ohne Verzögerung in die Steuerung einlesen.
Ein Produktbeispiel aus dem Gefran-Sortiment ist der magnetostriktive Wegaufnehmer MK4, der über einen Mikroprozessor für die Auswertung der Messwerte und die Diagnose des Aufnehmers selbst verfügt. Die Kommunikation über einen CAN-Feldbus erlaubt die schnelle und sichere Datenübertragung. Durch die implementierten Protokolle CANopen DS-301 und Device Profile DS-406 ist eine einfache und schnelle Integration des Aufnehmers in das jeweilige Überwachungs- und Automatisierungssystem möglich.
Potentiometer: Alternative zu magnetostriktiven Wegaufnehmern
Im Sortiment von Gefran sind auch Alternativen zu den magnetostriktiven Wegaufnehmern erhältlich: Potentiometrische Wegsensoren sind ideal geeignet für Anwendungen mit hohen Temperaturen, in Ex-Umgebungen oder im Fall von Montagestellen mit starken Magnetfeldern. Der Grund: Diese Sensoren enthalten keinerlei interne Elektronik. Hier handelt es sich eine elektromechanische Einheit, deren Hauptkomponenten eine exakt linearisierte Widerstandsbahn aus Leitplastik und ein federnder, mehrfingriger Edelmetallschleifer sind. Der Finger fährt über die Leitbahn und greift die jeweilige Position über das Spannungsteilprinzip ab. Dabei liefert er ein ratiometrisches Ausgangssignal, das sich proportional zu dieser Position verhält.
Obwohl bei diesem Messprinzip Verschleiß auftreten kann, garantieren langjährige Entwicklungen eine hohe Lebenserwartung von bis zu 100.000.000 Zyklen. Auch eine hohe Genauigkeit sowie die einfache Montage und Verdrahtung sprechen für potentiometrische Sensoren. Generell gilt: Den universalen Sensor für jeden Einsatzfall gibt es nicht. Welche Messmethode zum Einsatz kommt, richtet sich immer nach der Anwendung – und im Zweifelsfall helfen die Experten von Gefran gerne bei der Auswahl der richtigen Komponente.
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Gefran Deutschland GmbH
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