Künz: Siemens A&D Konzept hilft Ansprüche zu erfüllen
29.04.2012 -
Mit Innovation und Kompetenz hat sich das Vorarlberger Familienunternehmen Künz im Krananlagenbau weltweit einen Namen gemacht. Neben Container- Verladeeinrichtungen und Kranen für verschiedene Sonderanwendungen projektiert und errichtet der heimische Hersteller vollautomatisierte Elektrolyse- Krananlagen – und bedient damit in einem zwar relativ kleinen, dafür aber technisch äußerst anspruchsvollen Marktsegment.
Unter extremen Umgebungsbedingungen müssen die zig Tonnen schweren Krane tagtäglich höchste Präzisionsansprüche erfüllen. Hier setzt Künz auf Komponenten des „Totally Integrated Automation“-Konzeptes von Siemens A&D. Die Kommunikation zwischen Leitrechner, Bedienpult und der Sicherheitssteuerung am Kran erfolgt dabei per Funk via Wireless Industrial Ethernet – für den sicheren und zuverlässigen Datenverkehr sorgt die Technologiekombination aus IWLAN, Profisafe und Profinet.
Das 1932 gegründete Familienunternehmen Künz ist einer der ältesten Betriebe der Vorarlberger Maschinenbauindustrie. Rund 250 Mitarbeiter sind weltweit an den vier Standorten beschäftigt. Im Kranbau hat man sich auf die Projektierung, Produktion und Inbetriebnahme von automatischen Container-, Elektrolyse- sowie Sonderkrane (z. B. Tunnelund Geleiseverlege-Anlagen) spezialisiert.
An die 8.000 t Stahl verarbeitet das ISO 9001- 2000-zertifizierte Unternehmen jährlich. Wobei Künz die kompletten Krananlagen im Haus – vom Stahlbau bis hin zur Elektro- und Automatisierungstechnik – selbst plant und fertigt, einzig bei Projekten außerhalb Europas wird der Stahlbau teilweise an externe Partnerfirmen übergeben.
Hochspezialisiertes Segment Elektrolyse- Krananlagen
Den ersten Elektrolysekran baute Künz im Jahr 1987. Seither konnte der Vorarlberger Hersteller umfassendes Know-how in diesem hochspezialisierten Segment des Kranbaus sammeln, entsprechende Kompetenz aufbauen und sich so an die Weltspitze arbeiten: „Wir sind im Bereich der automatischen Elektrolysekrane der technologisch führende Hersteller und halten einen weltweiten Marktanteil von knapp 50 %“, berichtet Walter Leiler, Projektleiter bei Künz. „Der Markt für Elektrolyseanlagen ist relativ klein, aber technisch sehr anspruchsvoll. Deshalb war in der Vergangenheit dieses spezielle Segment für viele Kranbauer nicht interessant.
Weltweit gibt es nur drei Firmen, die Elektrolysekrane anbieten.“ Allerdings: Die Zeiten ändern sich; wurde früher jährlich zwischen fünf und acht Projekte ausgeschrieben, so liegt aufgrund der zuletzt stark gestiegenen Kupfer-, Nickelund Zink-Nachfrage der weltweite Bedarf aktuell bei rd. 20 Anlagen. „Die hohen Rohstoffpreise und die massive Nachfrage führen dazu, dass die Produzenten immer noch größere und effizientere Anlagen verlangen“, erzählt Walter Leiler weiter. Das fordert aber die dahinter stehende Technik und somit die Hersteller.
Bei der elektrolytischen Gewinnung von Metallen wächst bekanntlich durch die Auflösung der Anode (Rohmetall) an der eingesetzten Katode (z. B. Grafit) das reine Metall. Wichtig ist dabei, dass der Abstand zwischen Anode und Katode exakt stimmt – ansonsten wächst das Metall unregelmäßig, wodurch sowohl die Qualität als auch die Quantität sinkt. Und hier kommen die Vorteile eines automatisierten Krans, der für die Ein- und Ausbringung der tonnenschweren An- und Katoden genutzt wird, zum Tragen.
„Die Präzision beim Einsetzen der An- und Katoden ist ein absolut entscheidendes Qualitätskriterium, bei der Kupfergewinnung beispielsweise kommt es auf jedes einzelne Gramm gewonnenes Material an“, erklärt Walter Leiler die besonderen Anforderungen. „Unsere Krananlagen, die alleine schon ein Eigengewicht von bis zu 80 t haben, bewegen dabei Massen von rd. 40 t in drei Achsen bei – für den Kranbereich sehr hohen – Verfahrgeschwindigkeiten von 200 m/s mit einer Präzision von ±2 mm. Ich denke das spricht für sich.“
Hinzu kommen die extrem harschen Umgebungsbedingungen in Elektrolyseanlagen, denen die Krane dauerhaft standhalten müssen. „Das Problem ist der hohe Säuregehalt in der Luft, wir haben es zum Teil mit bis zu 10 mg in der Atmosphäre gelöster Schwefelsäure pro Kubikmeter, also mit sehr satten Konzentrationen zu tun“, weiß Walter Leiler. Unter diesen Bedingungen kann der Mensch nur noch mit Schutzkleidung und Schutzmasken in der Anlage arbeiten, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen. Daher sind die Elektrolyse-Krananlagen schon seit langem vollautomatisiert und der Personaleinsatz entsprechend minimiert.
Um die enorme Performance in Bezug auf Präzision und Standfestigkeit zu erreichen, braucht es absolute Hightech-Mechanik und vor allem Know-how – Standardkomponenten, wie sie ansonsten im Kranbau zum Einsatz kommen, würden aufgrund ihrer Materialeigenschaften unter den extremen Umgebungsbedingungen nicht lange halten. Der gesamte Stahlbau, sämtliche mechanischen Teile und jedes einzelne Kabel müssen entsprechend standfest ausgelegt sein.
Die Automatisierungstechnik
40 Techniker sind bei Künz im Engineering und der mechanischen Konstruktion beschäftigt, zehn Mitarbeiter in der Elektrotechnik-Abteilung – und sie arbeiten Hand in Hand, denn: „Der Schlüssel zum Erfolg heißt, bereits die Mechanik so umzusetzen, dass eine effiziente Automation überhaupt möglich wird“, weiß Ing. Manfred Winter, Elektrotechnik-Konstrukteur bei Künz. „Wir sind einer der wenigen Kranbauer, die alle Kompetenzen unter einem Dach konzentriert haben – das hat enorme Vorteile, und das Know-how bleibt im Haus.“
In Sachen Elektro- und Automatisierungstechnik verwendet man schon seit vielen Jahren standardmäßig Komponenten aus dem „Totally Integrated Automation“-Produktspektrum von Siemens A&D: beginnend bei der gesamten Niederspannungstechnik über die Antriebe bis hin zu Steuerungs- und Visualisierungslösungen. Und man ist gegenüber neuen Technologien stets offen – beispielsweise in der Feldbuskommunikation, wo schon seit längerem mit Funklösungen gearbeitet wird.
Ing. Manfred Winter erklärt die Hintergründe: „Im Elektrolysebereich reizen wir wirklich sämtliche Materialgrenzen voll aus – beispielsweise verwenden wir außerhalb des Schaltschrankes nur PVC-Kabel, weil sie die einzigen sind, die auf Dauer den Umgebungsbedingungen standhalten. Unsere Elektrolysekrane haben Fahrwege von bis zu 300 m – entsprechende Leitungslängen sind notwendig, um die oben am Kran befindlichen Steuerungskomponenten mit dem Leitsystem und den diversen Bedienpulten am Boden zu verbinden. Jedes Kabel, das wir hier einsparen können, kann nicht korrodieren oder beschädigt werden – deshalb ist für uns eine Funklösung grundsätzlich interessant.“ Bereits in der Vergangenheit haben die Künz-Techniker Versuche mit verschiedenen Funklösungen gestartet und etwa über einen Schlitzhohlleiter eine digitale Funkstrecke aufgebaut und das Profibus- Signal übertragen.
„Das Ganze hat zwar prinzipiell geklappt, wir mussten dabei aber auch sehr große Einschränkungen in Kauf nehmen – wir verwendeten Aluminiumprofilschienen, die mit einer speziellen Kunststoffbeschichtung versehen werden mussten, damit sie den rauen Umgebungsbedingungen überhaupt standhielten. Auf Dauer hat sich diese Lösung nicht als praktikabel herausgestellt und wurde mittlerweile vom Kunden durch ein WLAN ersetzt“, erinnert sich Ing. Manfred Winter an die zwar funktionierende, aber nur teilweise befriedigende Lösung. Zudem stieß der Automatisierungsspezialist mit dieser Variante auch im Bereich der Sicherheitstechnik an die funktechnischen Grenzen: „Wir müssen eine sichere Not-Aus- Funktion vom Boden auf den Kran bekommen.
In der gesamten Anlage gibt es verschiedene Gefahrenbereiche – beispielsweise die Übergabestationen der Katoden und Anoden – die mit Not-Aus-Tastern ausgestattet sind und bei deren Betätigung der sichere Halt des Krans gewährleistet sein muss. Dazu nutzen wir die Profisafe-Technologie. Allerdings hat die Übertragung des Profisafe-Protokolls über den drahtlosen Profibus in der Vergangenheit nicht funktioniert.“
Die realisierte Funklösung
Für Ing. Manfred Winter war es schon lange sicher: Sobald Ethernet über Funk zuverlässig übertragen werden könnte, würde das die künftige Kommunikationslösung der Künz- Krane werden. Als dann Siemens A&D seine „Industrial Wireless LAN“ oder kurz IWLANProduktfamilie vor rund drei Jahren auf den Markt brachte, war die ersehnte Technologie verfügbar. Zudem ist es nun möglich, auch das sicherheitsgerichtete Profisafe-Protokoll via Profinet wireless zu übertragen.
„Siemens war der erste Anbieter, der vernünftige, industrietaugliche WLAN-Geräte liefern konnte. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Kombination aus Technologien, die es auch schon in der Vergangenheit gab und die – jede für sich – immer gut funktionierten. Wir haben daher unsere Automatisierungstechnik entsprechend angepasst und erzielen mit der realisierten Lösung Profisafe via Profinet auf WLAN absolut zuverlässige Verbindungen.“
Die Automatisierung des Krans ist dezentral aufgebaut, die fehlersichere CPU aus der Simatic S7-300-F-Baureihe steuert am Kran die via Lichtwellenleiter verbundenen ET200- S-Peripheriestationen – mitten unter den Standard-I/O-Modulen befindet sich auch gelbe, fehlersichere Module für den sicheren Not-Aus. Den reibungslosen Funkverkehr mit den so genannten „Ground Stations“, den ebenfalls mit ET200-S-Geräten und Simatic Multipanels ausgestatteten Bedienpulten am Boden, stellen die robusten Access Points der Siemens-Baureihe Scalance W788 sicher.
Auch die Anbindung an das Leitsystem des Anlagenbetreibers erfolgt via Profinet. Die sichere WLAN-Verbindung läuft über zwei redundant aufgebaute Funkrichtstrecken im 2,4- und/oder 5-GHZ-Band. „Die Technik ist heute so weit fortgeschritten, dass speziell der 5-GHZ-Bereich in Verbindung mit den neuen Funkprotokollen nach IEEE-802.11g und 802.11h sehr zuverlässig funktioniert, hier können wir bis zu 1.000 mW äquivalente Strahlungsleistung fahren. Und im 5-GHZBand lassen sich Störquellen sehr gut unterdrücken.
Ein Hauptkriterium beim Funk ist der Signal-Rauschabstand. Der lässt sich aber mit verschiedenen Maßnahmen, wie optimaler Frequenzwahl und Anhebung der Leistung, sehr gut in den Griff bekommen“, verrät der Funkspezialist Ing. Manfred Winter weiter. „Natürlich haben wir es auch im Elektrolysebereich mit Reflexionen zu tun. Das Wichtigste ist daher die richtige Antennenwahl und Antennenpositionierung – damit lassen sich über 80 % aller Probleme von vornherein vermeiden.“
Fazit
Der erste mit Profisafe auf Profinet via IWLAN ausgerüstete Elektrolysekran wurde vor rund einem Jahr in der Montagehalle aufgebaut und – so wie alle Künz-Krananlagen, bevor sie das Werk verlassen – im Zuges einer ausgiebigen Funktionsprüfung auf „Herz und Nieren“ getestet. Die neue Funklösung hat auf Anhieb zur vollsten Zufriedenheit der Technik-Crew funktioniert.
„Wir werden die IWLAN-Technologie von Siemens künftig auch bei unseren anderen Kran-Typen einsetzen und überall dort nutzen, wo die drahtlose Kommunikation Sinn macht“, resümiert Walter Leiler abschließend. Demnach haben die neuen IWLAN-Produkte den Sprung auf die Standard-Bestellliste von Künz geschafft – so wie auch viele andere Komponenten von Siemens A&D.