Automatisierung

Helium-Dichtheitsprüfverfahren für modernes Motorenkonzept

07.08.2013 -

Für Bi-Fuel-Motoren, die mit Benzin und Erdgas laufen, hat Bosch ein neues Gaseinblasventil entwickelt, das am Ende des Fertigungsprozesses auf Dichtheit geprüft werden muss. Allerdings stellte sich das klassische Prüfverfahren mit Helium als überdimensioniert heraus. So entschied man sich im Unternehmen für einen Leckdetektor, der ohne Vakuum auskommt.

Bi-Fuel-Motoren sind Motoren, die sowohl mit Erdgas als auch mit Benzin laufen. Auch während der Fahrt kann zwischen den beiden Kraftstoff-Arten gewechselt werden. Vorteil: Die Motoren bieten eine größere Unabhängigkeit in Gebieten mit einer lückenhaften Gas-Infrastruktur. Das für diese Motoren notwendige Gaseinblasventil produziert der Bosch-Geschäftsbereich Gasoline Systems in seinem Werk in Bamberg. Am Ende des Fertigungsprozesses muss diese Motorenkomponente noch auf ihre Dichtheit überprüft werden.

Lange Zeit hätte man für solche Prüfungen das klassische Helium-Dichtheitsprüfverfahren verwendet, dessen Nachweisgrenze bei Leckraten von 1·10-11 mbar l/s liegt. Allerdings sind die Investitions- und Betriebskosten bei diesen Prüfanlagen recht hoch: Es werden Massenspektrometer für den Nachweis des Prüfgases, Vakuumprüfkammern und die notwendigen Turbomolekularpumpen für deren Evakuierung benötigt. Franziska Seitz, Entwicklungsingenieur bei Bosch, berichtet: „Im aktuellen Szenario war die Prüftechnik einfach überdimensioniert, sowohl was den Raumbedarf als auch die Empfindlichkeit angeht. Wir testen auf Leckraten von 4·10-4 mbar l/s. Das ist wie mit Kanonen auf Spatzen schießen."

Hier kommt nun der Systemanbieter PA-Atmo ins Spiel, der sich bei Bosch um alle Belange der Prüftechnik kümmert. Dessen Ziel war es, eine Nachweismethode zu finden, die auf die kostenintensive Vakuumtechnik verzichtet, ohne die gegebenen Investments in die Produktionslinie und die sie umgebenden Logistikprozesse, beispielsweise rund um die Helium-Versorgung, massiv zu verändern. Idealerweise sollte daher auch am Prüfgas Helium festgehalten werden.

Automatisierte Prüfanlagen auf T-Guard-Basis

Zum ersten Mal in Kontakt kamen die Experten von PA-Atmo mit Inficon auf der Control, der Fachmesse für Qualitätssicherung. Inficon hat einen Helium-Leckdetektor im Portfolio, der speziell für Anlagen in der Serienfertigung entwickelt wurde, den sogenannten T-Guard. Mit seinen Abmessungen von 25,8 x 13 x 27,2 Zentimetern, dem geringen Gewicht und den leicht zu erreichenden Anschlüsse lässt sich der Detektor unkompliziert ins Anlagendesign integrieren. Mittels einer Quarz-Membran trennt der Sensor unter normalem Luftdruck das Helium aus der Prüfatmosphäre. Auf diese Weise sind hochpreisige Massenspektrometer, Vakuumkammern und Molekularpumpen nicht mehr notwendig. Die Technik ist zudem wartungsarm, da sie weder Verschleißteile noch eine störungsanfällige Ionenquelle besitzt, was beim Einsatz von Massespektrometern häufiger zu Ausfallzeiten führt. Der Sensor ist in der Lage, Anstiege der Heliumkonzentration von 25 ppb oder 0,025 ppm aufzulösen. Unter Testbedingungen werden so Lecks in einem Bereich von 1·10-6 mbar l/s zuverlässig nachgewiesen. Wärme und Feuchtigkeit auf den Prüfteilen spielen bei dem System keine Rolle. Zudem können Teile getestet werden, die kein Vakuum vertragen, beispielweise wenn Komponenten aus leicht ausgasenden Kunststoffen bestehen. „Wir waren sofort interessiert und baten um ein Test-System", berichtet Michael Urhahn, Entwicklungsingenieur bei Bosch. PA-Atmo entwickelte daraufhin eine neue Dichtheitsprüfanlage auf der Basis von vier T-Guard-Lecksensoren. Zu Beginn wurden bei einem freien Kammervolumen von einem Liter Prüfzeiten von acht Sekunden für Leckraten von 4·10-4 mbar l/s erreicht. Schritt für Schritt konnten die Ingenieure die Prüfzeiten senken, indem sie den Anlagenaufbau kontinuierlich verbesserten. Aufgrund des geringeren Volumens der Testkammern und des Verzichts auf die Hochvakuumtechnologie steht zudem wesentlich mehr Raum zur Verfügung. Auf derselben Grundfläche, auf der zuvor ein Prüfteil in nur einer Vakuumkammer getestet wurde, laufen nun vier Prüfstellen in einer Anlage parallel. So werden Taktzeiten von 5,6 Sekunden pro Prüfteil realisiert. „Wir konnten Zeitaufwand und Kosten senken und die Produktivität der Bamberger Fertigungslinie deutlich steigern", fasst Michael Urhahn zusammen. „Auch ist der Energieverbrauch niedriger und die technische Verfügbarkeit wesentlich höher als zuvor."

Anwendung: Elektromobilität

Aufgrund der guten Ergebnisse ergaben sich weitere Anwendungsfelder für den T-Guard - teilweise fernab von den ursprünglich projektierten Szenarien. Eines davon liegt im Bereich der Elektromobilität. Hier werden einzelne Batteriezellen zu einer Batterie mit einem Volumen von bis zu 500 Litern zusammengefasst. Diese wird von einem Klima-System gekühlt und geheizt. Durch die Kompaktbauweise der Batterien ist es nicht möglich, einzelne Komponenten der Kühlung auf ihre Dichtheit zu testen. Vielmehr muss das gesamte Kühl-/Heizsystem innerhalb einer Testkammer, die ein Volumen von 3.500 Litern besitzt, getestet werden. „Wir mussten diese großen Volumina gegen Leckraten von 1·10-2 mbar l/s messen", so Franziska Seitz „Das war zuvor mit der Druckabfallmethode kaum möglich, beziehungsweise erbrachte aufgrund thermischer Faktoren keine belastbaren Ergebnisse. Der Einsatz von klassischen Helium-Dichtheitsprüfverfahren schloss sich wegen des großen Volumens ebenfalls aus. Jetzt dauert es hundert Sekunden, bis wir korrekte Ergebnisse erhalten."

Rohdaten des Sensors

Den Mitarbeitern der Prüfabteilung war es besonders wichtig, die Rohdaten des T-Guard-Sensors direkt auslesen zu können, um eine umfassende Auswertung der Prozessdaten bei den Teststellungen zu erhalten (eine Bosch-interne Forderung des Qualitätsmanagements und Controllings, um eine gleichbleibend hohe Qualität in der Produktentwicklung zu sichern). Des Weiteren können die Mitarbeiter die Sensordaten so für eine eigene windows-basierte Steuerungsapplikation verwendbar machen, die in einem 19-Zoll-Steuerrack untergebracht ist.

Gute Aussichten

„Aktuell führen wir praktische Tests zu den theoretischen Grenzen des T-Guard-Systems durch, mit dem Ziel, niedrigste Leckraten bei sehr kurzen Prüfzeiten nachzuweisen, beispielsweise im Bereich von Kraftstoffpumpen und -filtern. Aber auch Komponenten mit kleinen Volumina und einer komplexen Geometrie wie Abgassensoren und Steuerelektroniken sind ein denkbares Einsatzfeld für den T-Guard", resümiert Franziska Seitz.

Kontakt

Inficon GmbH

Bonner Str. 498
50968 Köln

+49 221 56788 0
+49 221 56788 90

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!