Ethercat G: Übertragung hochauflösender Bilder in Echtzeit
Feldbus mit Gigabit-Bandbreite in der industriellen Bildverarbeitung
Den Feldbus Ethercat auch zum Übertragen hochauflösender Bilder und Videos einzusetzen, ermöglicht seit Kurzem Ethercat G. Die Protokollerweiterung fügt den Stärken von Ethercat – eine effiziente Bandbreitenausnutzung und die genaue Synchronisierung der Teilnehmer im Netzwerk – eine hohe Bandbreite hinzu. Neben dem dadurch deutlich gewachsenen Anwendungsspektrum lässt sich Ethercat G in bestehende Netze nahtlos einfügen, da Ethercat mit und ohne G untereinander voll kompatibel sind.
Die industrielle Bildverarbeitung steht seit jeher im Zeichen hoher Datenmengen, deren Übertragungswege sich über die Jahre gewandelt haben. Klassischerweise bestand ein Bildverarbeitungssystem meist aus einem PC mit hoher interner Rechenleistung und einer über eine Framegrabber-Einsteckkarte angeschlossene Kamera. Für den flexiblen Einsatz in einem Maschinennetz waren diese Systeme jedoch nur bedingt geeignet, weshalb sie die Möglichkeiten der industriellen Bildverarbeitung an sich limitierten.
Mit der Entwicklung leistungsstarker Microcontroller eröffneten sich dann neue Wege: Viele klassische Bildverarbeitungsaufgaben, also das Aufnehmen sowie das Auswerten von Bildern, konnten ab sofort direkt in der Kamera erledigt werden. Die Notwendigkeit eigenständiger PCs zur Bereitstellung der benötigten Rechenleistung entfiel. Gleichzeitig sank der Anspruch an die Bandbreite zur Übertragung der Daten, da nunmehr nur noch das Ergebnis der Auswertung an die Steuerung weitergegeben werden musste und nicht mehr die gesamten Bilddaten. Ein Umstand, welcher dem Grundprinzip der Feldbusse entgegenkam, nämlich relativ wenige Daten mit hoher Frequenz mit vielen Teilnehmern auszutauschen.
So konnten aus der Kombination von echtzeitfähigen Feldbussen mit smarter Kamera-Hardware zwei zentrale Anforderungen an die Bildverarbeitung verhältnismäßig schlank erfüllt werden. Zum einen das möglichst genaue Triggern eines Bildes über den Feldbus, zum anderen die Auswertung des Bildes in der Kamera oder dem Vision-Sensor für die Weiterverarbeitung der Ergebnisse in der Steuerung.
Hohe Bandbreitenausnutzung und genaue Synchronisierung
Wenngleich die Möglichkeiten dieses Ansatzes der industriellen Bildverarbeitung auf bestimmte Anwendungen begrenzt sind, ist Ethercat dennoch aufgrund seiner positiven Eigenschaften eines der leistungsstärksten Industrial-Ethernet-Systeme in diesem Bereich. Eine besonders effiziente Bandbreitenausnutzung, vor allem aber die genaue Synchronisierung der Teilnehmer im Netzwerk kommen dem Anwender hier zugute. Ethercat arbeitet mit der Methode der im System verteilten Uhren, den sogenannten Distributed Clocks, was eine Synchronisationsgenauigkeit von deutlich unter einer Mikrosekunde ermöglicht.
Da jedoch einerseits der klassische Feldbus auf das Übertragen verhältnismäßig geringer Datenmengen pro Teilnehmer ausgelegt ist, andererseits den über ein separates Netzwerk angeschlossenen Kameras oder Sensoren, die zur Bildübertragung auf Gigabit-Level arbeiten, die Echtzeitfähigkeit fehlt, mussten Anwender in der Vergangenheit oftmals eine Kompromisslösung wählen. Denn sie konnten zwar die Bilddaten übertragen, diese aber nicht oder nur mit großem Aufwand mit den Echtzeitdaten der Steuerungsprogramme korrelieren.
Außerdem wächst allgemein das Einsatzspektrum von Kameras in Industrieanwendungen. Der Anwender will sinnbildlich in die Maschine gucken können, um genau zu verfolgen, was wann passiert, und nicht nur das statische Ergebnis für ihn unsichtbarer Prozesse präsentiert bekommen.
Ethercat G für industrielle Bildverarbeitung geeignet
Hier kommt Ethercat G ins Spiel. Die im Jahr 2019 vorgestellte Erweiterung des Ethercat-Protokolls ergänzt den idealen Einsatzbereich von Ethercat um den Bereich deutlich höherer Bandbreite. Die für Ethercat typischen Eigenschaften, nämlich das hochfrequente Abfragen vieler Teilnehmer mit geringen Datenmengen, bleibt erhalten und wird fortan durch die Bandbreitenausdehnung auf Gigabit-Ebene um die Möglichkeit erweitert, einzelne Teilnehmer im System, die mit sehr hohen Datenmengen arbeiten, ebenfalls optimal zu bedienen. Dadurch eignet sich die Technologie jetzt für ein viel breiteres Anwendungsspektrum im Bereich der industriellen Bildverarbeitung.
Mit Ethercat G können Geräte, die sehr viel Bandbreite benötigen, direkt in das Ethercat-Netzwerk gehängt werden und in ein und demselben System kombiniert mit Netzwerkteilnehmern arbeiten, für die die Bandbreite des Standard-Ethercat-Protokolls mehr als ausreichend ist. Letztere arbeiten weiterhin mit 100 Mb/s, werden aber nahtlos in den Gigabit-Backbone eingebunden, welcher sehr datenintensive Anwendungen realisieren kann.
Besagtes Konzept arbeitet mit sogenannten Ethercat Branch Controllern (EBC), die unabhängige Segmente mit 100-Mb/s-Geräten in den Gigabit-Backbone einbinden und parallel verarbeiten können. Dadurch reduzieren sich die Durchlaufzeiten enorm und die Systemleistung steigt um ein Vielfaches.
Obwohl auf diese Weise neue Anwendungskonzepte möglich werden, bleibt die Ethercat-Technologie im Kern gleich. Als Erweiterung des Standard-Protokolls bleiben die bekannten positiven Eigenschaften wie etwa das Prinzip der Datenverarbeitung im Durchlauf, umfassende Diagnose, einfache Konfiguration und integrierte Synchronisierung erhalten und werden transparent in die angeschlossenen Segmente weitergegeben. Ethercat-G-Geräte selbst verhalten sich genau wie Ethercat-Geräte mit 100-Mb/s, weshalb der gleichzeitige Betrieb in ein und demselben Netzwerk möglich ist. Sprichwörtlich erhält man so das Beste aus beiden Welten.
Waren die Möglichkeiten in der industriellen Bildverarbeitung bislang begrenzt, so können Anwender nun neue Wege gehen. Mit der Kombination von Geschwindigkeit und Präzision mit hoher Bandbreite ermöglicht Ethercat G neue Konzepte zur Prozessoptimierung und macht bestehende Maschinenkonzepte zukunftsfähig.
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