Bildverarbeitung

Detektion unsichtbarer Fehlstellen

Qualitätssicherung mit Röntgentomographie, Thermographie, Shearographie und Terahertz

12.08.2009 -

Moderne Qualitätssicherungssysteme können Werkstücke nicht nur von außen prüfen, sondern sind in der Lage, Fehler auch im Inneren von Körpern zu finden. Die lebhafte Resonanz aus der Industrie weist darauf hin, dass sich der Trend zur Detektion „unsichtbarer" Fehler in den nächsten Jahren weiter verstärken wird. Während traditionell vorwiegend Ultraschalluntersuchungen zur Verfügung standen, übernehmen nun zunehmend bildgebende Verfahren diese Aufgabe.

Allerdings werden hierfür Technologien im nicht sichtbaren Teil des Wellenspektrums herangezogen, wie z. B. Röntgentomographie oder Wärmefluss-Thermographie. Zur Zeit wird intensiv an der Entwicklung der Terahertz-Technologie gearbeitet, mit der zusätzlich physikalische und chemische Stoffeigenschaften eines nichtmetallischen Prüflings erfasst werden können. Bei geeigneten Prüfkörpern ist der Einsatz der Shearographie möglich, bei der die mechanische Oberflächenspannung zur Fehlerdetektion herangezogen wird.

Röntgen-Computertomographie
Mithilfe der Röntgentechnik können beliebig komplexe Objekte aus fast allen Materialien durchstrahlt und auf Fehler hin untersucht werden. Mit der einfachen Durchstrahlungstechnik sind Prüfungen im Sekundenbereich oder auch am Förderband möglich. Stand der Technik sind jedoch Tomographiesysteme, mit denen der Prüfling schichtweise erfasst wird und dann mit vollständigen Daten in allen drei Dimensionen zur Verfügung steht. Damit ist ein Blick in das Innere von Werkstücken möglich, um Fehler wie Lunker, Hohlräume, Poren oder Risse zu finden. In Verbindung mit mechanischen oder optischen Sensoren zur Referenzierung kann die Computertomographie mittlerweile auch zur exakten metrologischen Vermessung innerer Strukturen verwendet werden (Abb. 2).
Mit dieser Technik können auch Fremdmaterialien in Produkten oder Nahrungsmitteln genau lokalisiert sowie innenliegende oder verdeckte Strukturen, wie Schweißnähte oder Lötstellen, exakt vermessen werden. Der Einsatz aktueller Computertomographen ist inzwischen auch in der industriellen Praxis möglich. Je nach Umfang der Messaufgabe kann die Messzeit bei vielen Anwendungen mittlerweile auf wenige Minuten verkürzt werden.
Eine große Herausforderung ist die verbessere Integration der Röntgentechnik in den Herstellungsprozess. Prüfprozesse, die heute noch als isolierte „Insellösungen" in der Produktion realisiert werden müssen, sollen zukünftig direkt in den Produktionsfluss als wertschöpfendes Produktionsinstrument integriert werden. So könnten die gewonnenen Daten nicht nur zur Qualitätsprüfung herangezogen werden, sondern auch zur schnellen Nachregelung der Prozessparameter bei Fehlproduktionen.

Wärmefluss-Thermographie entlarvt Fehlstellen
Bei der Wärmefluss-Thermographie wird der Umstand ausgenutzt, dass alle Körper ein von ihrer Temperatur abhängiges Spektrum elektromagnetischer Wellen emittieren und dass ­Defekte unter der Oberfläche, den Wärmetransport in der Regel beeinträchtigen. Für eine Prüfung werden durch den Herstellungsprozess bedingte oder aktiv eingebrachte Wärmeflüsse im Prüfobjekt ausgenutzt, die sich an Fehlstellen charakteristisch verändern. Aktiv erfolgt die Wärmezufuhr mit Heizstrahlern, Blitzlampen und Lasern, mit elektrischer Induktion oder mit Ultraschall. Hohe Empfindlichkeit bei verlängerter Prüfzeit wird mit dem Lockin-Verfahren erreicht. Hierbei wird die Wärmezufuhr ­sinusförmig über einige Perioden zugeführt, mit deren Dauer die Prüfcharakteristik ­bestimmt werden kann. Die Dynamik des Wärmeflusses spiegelt sich in der Temperaturverteilung an der Oberfläche der Prüfobjekte wieder. Mit einer ausreichend schnellen und empfindlichen Thermographie-Kamera kann der zeitliche Verlauf dieser Temperaturverteilung erfasst und eventuelle Fehlstellen sichtbar gemacht werden (Abb. 3). Bei den Lockin-Verfahren erfolgt noch zusätzlich die Auswertung der Phasenverschiebung relativ zur Anregung.
Die Wärmefluss-Thermographie lässt sich in den unterschiedlichsten Industriezweigen einsetzen. Besonders gut eignet sie sich für Verbundwerkstoffe, z. B. zur Detektion von Haftungsschwächen, Rissen, Delaminationen, Blasen, Lufteinschlüssen, Korrosionsbildung unter Lack und zur Beurteilung der Festigkeit von Schweiß-, Klebe- und Lötverbindungen.
Die erreichbare Tiefe bei der Suche nach Fehlern hängt stark vom Wärmeleitvermögen des Materials ab und ist grundsätzlich geringer als bei der Röntgenprüfung. Im Gegenzug sind in der Regel kürzere Messzeiten möglich und der Investitions- und Betriebsaufwand liegt meist niedriger.

Shearographie für die prozess­integrierte ­Qualitätskontrolle
Die Shearographie ist ein interferometrisches Prüfverfahren, mit dem Oberflächenverformungen durch Laufzeitmessung eines Laserstrahls gemessen werden können. Die Interferenzen von den reflektierenden Laserstrahlen können innerhalb weniger Sekunden quantitativ ausgewertet werden. Dies gibt Aufschluss über lokale Steifigkeitsänderungen und erlaubt somit Rückschlüsse über die Art und Position eines Defekts im Inneren des Bauteils.
Die Shearographie erlaubt die Messung von Verformungen und Schwingungen mit einer Genauigkeit von wenigen Nanometern und ermöglicht dabei die Detektion von äußerlich nicht sichtbaren Fehlstellen unter der Oberfläche. Aufgrund der geringen Störanfälligkeit und der hohen Prüfgeschwindigkeit bei hoher Empfindlichkeit ist diese Technologie gut in Produktionsprozesse integrierbar. Dieses Verfahren ist in der Lage, Informationen zu Verformungen bei mechanischer, thermischer oder pneumatischer Belastung zu liefern, wie z. B. durch Temperatur- und Druckänderung, Vakuum, Biegung, Torsion oder dynamische Anregung. Einsatzgebiete finden sich bei der Prüfung von Materialverbünden, beim Aufspüren von Reifendefekten und bei der Visualisierung mechanischer Schwingungen (Abb. 4).

Neue Technologie für die Bildverarbeitung: Terahertz
Die Terahertz (THz)-Technologie befindet sich noch im Entwicklungsstadium, verspricht aber für die Zukunft interessante Perspektiven in Er­gän­zung der Röntgentechnik. Mögliche Einsatzgebiete sind die Detektion von Fehlstellen und Fremdkörpern in einem Volumen, Schichtdickenmessung, Delaminationskontrolle oder die Inspektion von Schweißnähten bei Kunststoffteilen (Abb. 5). Insbesondere die Transparenz vieler Kunststoffe und Keramiken im THz-Frequenzbereich macht diese Strahlung für Qualitätsprüfungen an Bauteilen aus diesen Materialien interessant.
Zusätzlich zur Detektion von Schichtdicken und Defekten können physikalische und chemische Stoffeigenschaften erfasst werden. So ist es z. B. möglich, ­Aspirintabletten durch die Verpackung hindurch verschiedenen Herstellern zuzuordnen oder versteckten Sprengstoff zu detektieren. Metalle können mit der Terahertz-Strahlung allerdings nicht durchdrungen werden.
Der Terahertz-Bereich wird gerne als „die letzte große Herausforderung im elektromagnetischen Spektrum" bezeichnet, da er - im Unterschied zu anderen Frequenzbereichen - technisch noch nicht intensiv genutzt wird. Mit Frequenzen zwischen 0,1 und 10 THz liegt dieser spektrale Bereich zwischen Mikrowellen und Infrarotstrahlung. Die zugehörigen Wellenlängen reichen von 3 mm bis 30 μm.
Dabei vereinigt THz-Strahlung die Vorteile angrenzender spektraler Bereiche: Hohe Eindringtiefe und geringe Streuung bei gleichzeitig guter räumlicher Auflösung sind charakteristisch für THz-Strahlung. Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Energie ist THz-Strahlung für den Menschen unbedenklich.
Die THz-Technik steht heute an einer vergleichbaren Schwelle wie die Lasertechnik Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. So sind einerseits grundlegende, physikalisch-technische Fragestellungen geklärt und erste Anwendungen demonstriert, doch steht eine generelle industrielle Umsetzung der Technik noch aus. Hierfür wird an der Entwicklung leistungsstarker Terahertz-Quellen ebenso gearbeitet, wie an einem schnellen Sensor zur Datenerfassung.

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