Bildverarbeitung

Dem Materiellen auf der Spur

Neue Möglichkeiten für die Korrosionsforschung

13.08.2009 -

Korrosion ist ein großes Problem: Ob Metall, Beton, Polymere oder elektronische Geräte - Verfall findet in den verschiedensten Formen statt. Die strukturellen und funktionalen Folgen sind oft gravierend. Dr. Martin Jönsson und seine Mitarbeiter vom schwedischen Institut für Korrosions- und Metallforschung Swerea KIMAB AB - einem der weltweit führenden Forschungsinstitute für Metall- und Korrosionsstudien mit Sitz in Stockholm - konzentrieren sich auf die Entwicklung und Verbesserung von Lösungen in der Materialforschung. Zu ihren zentralen Aufgaben gehört die Untersuchung der verschiedensten Formen von Korrosion und der Methoden, diese zu verhindern. Durch das dabei eingesetzte kon­fokale Laser-Scanning-Mikroskop Lext OLS3100 (cLSM) gewinnen sie wertvolle Erkenntnisse rund um die Beschädigung und den Schutz von Oberflächen.

In extremen Tiefen und Höhen
Viele Menschen denken, Korrosion sei einfach nur die wissenschaftliche Bezeichnung für ‚Rost‘. Tatsächlich aber unterliegen die meisten Materialien im Laufe ihres Lebenszyklus Veränderungsprozessen an ihrer Oberfläche oder Unterstruktur. Oft ist das kein Problem, weil damit keine ernsthaften Auswirkungen auf die Gebrauchsqualität und -dauer verbunden sind. Bei kritischen Infrastrukturelementen jedoch, wie beispielsweise Transport, Kommunikation, Öl- und Wasserleitungen sowie Medizin, kann Korrosion gravierende Auswirkungen haben. Ob tief unten auf dem Meeresboden oder weit oben im Weltraum: Dem Verständnis korrosiver Prozesse - und wie sie sich am besten vermeiden lassen - kommt höchste Bedeutung zu. Allerdings korrodieren verschiedene Materialien unterschiedlich. Es ist somit unmöglich, einen universellen Weg zur Korrosionsvermeidung zu definieren. Ein Kernprozess, der für gewöhnlich bei der Korrosion von Metallen beobachtet wird, ist die galvanische Korrosion.

Galvanische Korrosion
Bei der galvanischen Korrosion handelt es sich um einen elektrochemischen Prozess, bei dem ein Metall vorzugsweise vor einem anderen, edleren Metall korrodiert, wenn sie sich im elektrischen Kontakt miteinander befinden, sprich: ein Elektrolyt die beiden verbindet. Ein Edelmetall tendiert dazu, seltener zu oxidieren oder Elektronen zu verlieren. Gold und Platin sind besonders korrosionsbeständig. Dagegen gibt es eine Vielzahl von Nichtedelmetallen, die ihre Elektronen leicht hergeben, wie beispielsweise Magnesium und Zink.
Galvanische Korrosion tritt häufig auf, wenn zwei Metalle aufgrund ihrer unterschiedlichen Eigenschaften eingesetzt werden. So dient z. B. eine Unterlegscheibe aus Stahl der Lastverteilung um eine Befestigung durch Magnesium oder Zink hindurch. Manchmal wurden Eisennägel verwendet, um an hölzernen Schlachtschiffen eine kupferne Verschalung anzubringen. Die Freiheitsstatue wiederum erhielt Kupferblech für die ‚Form‘ und Schmiedeeisen für die ‚Stärke‘. In diesen Fällen kann Regen-, Kondens- oder Seewasser die zwei verschiedenen Metalle verbinden und als Elektrolyt fungieren, sodass eine Ionenmigration möglich wird.

Korrosionsstudien
Die Metall- und Korrosionsstudien am Swerea KIMAB AB werden sowohl vom Staat als auch von Wirtschaftsunternehmen gefördert. Dr. Martin Jönsson ist einer der zentralen Ansprechpartner am Institut, wenn es um die Erforschung von Metallkorrosion geht. Um korrosive Umweltbedingungen, wie beispielsweise erhöhte Feuchtigkeit, hohe Temperaturen etc., nachzustellen, setzt das Team um Dr. Jönsson neben den gängigen Labortests auch eine etwas ungewöhnliche Methode ein. „LKWs und Busse", so Dr. Jönsson, „legen jedes Jahr unter rauen Konditionen Tausende von Kilometern quer durch Skandinavien zurück. Das macht sie zu einem äußerst nützlichen und überaus effektiven Testumfeld! Wir bringen an den Unterseiten der Fahrzeuge Testplatten an, die aus verschiedenen Metalltypen gefertigt oder unterschiedlich beschichtet sind. Nach einer bestimmten Zeit sammeln wir sie wieder ein."
Für Dr. Jönsson und seine Kollegen ist die Korrosion von Magnesium von besonderer Bedeutung. Denn mit ihrer geringen Dichte und großen spezifischen Stärke sind Magnesiumlegierungen für die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrttechnik sowie für die Unterhaltungselektronikbranche - also für Industriezweige, in denen das Thema „Gewicht" eine entscheidende Rolle spielt - von großem Interesse.
Magnesium hat jedoch den Nachteil, dass es ein sehr unedles Metall ist, das extrem leicht korrodiert. Magnesium ist in der Tat so „korrosionsaktiv", dass es häufig bei Schiffen und unterirdischen Pipelines als Opferanode zum Einsatz kommt. Sehr selten wird Magnesium als reines Metall verwendet. Stattdessen wird es je nach den gewünschten Eigenschaften mit einer Reihe verschiedener Metalle legiert. Allerdings kann die Mischung von unedlen und edlen Metallen in einer Legierung auf der Mikroebene genau dieselben Korrosionsprobleme hervorrufen, wie in dem oben beschriebenen galvanischen Prozess. Das heißt, dass sich die galvanische Zelle zwischen den verschiedenen Metallkörnern der Metalllegierung bildet und somit keine anderen Metallkomponenten anwesend sein müssen, um die Korrosion vorrangig in den weniger edlen Bereichen auftreten zu lassen.

Instrumental
Ganz gleich, ob die Korrosion natürlichen oder künstlichen (synthetischen) Ursprungs ist, wird für die Untersuchung ihrer Auswirkungen eine Reihe von Instrumenten benötigt. Soll die Korrosionsbeständigkeit von Materialien erhöht werden, ist es erforderlich, Korrosion als solche und die ihr zugrunde liegenden Prozesse besser zu verstehen: Warum und wie korrodiert ein bestimmtes Material? Was kann unternommen werden, um seine Widerstandsfähigkeit unter korrosiven Umweltbedingungen zu verbessern? Dafür ist es notwendig, über eine mikroskopische Ansicht der Metalloberfläche zu verfügen, anhand welcher sich verschiedene Aspekte messen lassen. Um möglichst viele Daten für die Analyse zu gewinnen, wird ein konfokales Laser-Scanning-Mikroskop, das Lext OLS3100 von Olympus, zusammen mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) eingesetzt. Wissenschaftler können mit REMs extrem nahe Großaufnahmen der untersuchten Gegenstände erzielen; darüber hinaus werden sie am Swerea KIMAB beispielsweise für die Kompositionsanalyse der verschiedenen Körner in den Magnesiumlegierungen eingesetzt. Im Gegensatz dazu liefern konfokale ­Laser-Scanning-Mikroskope ausgezeichnete Oberflächendetails und erlauben eine besonders präzise Messung der Oberflächenprofile. Möglich macht dies der breite Vergrößerungsbereich (20- bis 14.400-fach) sowie eine maximale Auflösung, die über die der optischen Standardmikroskope hinausgeht (120 nm in der xy-Ebene und 10 nm in der z-Ebene). Dies wird mit leistungsstarken mathematischen Messalgorithmen verbunden, die von sämtlichen Oberflächenmerkmalen 1D-, 2D- und 3D-Messungen liefern - also z. B. die Breite, Tiefe und Fläche sowie den Rauminhalt einer Korrosionsvertiefung.

Die Ergebnisse in Kürze
Wird die cLSM-Analyse mit den REM-Daten kombiniert, lassen sich Ergebnisse auf einem gänzlich neuen Niveau generieren. Abbildung 3 zeigt beispielsweise das Korn einer AZ91D-Magnesiumlegierung. Mit dem cLSM lässt sich ein topografisches Bild erzeugen, das den Korrosionsangriff offenbart und auf der Mikroebene analysiert ist. Indem dieselbe Fläche unter dem REM verglichen wird, ist es möglich, die Zusammensetzung der verschiedenen Elemente zu ermitteln, die die Körner der Legierung bilden. Werden die Ergebnisse der zwei Verfahren zusammengefasst, kann der Korrosionsangriff innerhalb der Mikrostruktur einer Legierung auf die verschiedenen Legierungsbestandteile zurückgeführt werden. Diese Ergebnisse lassen sich später dazu verwenden, korrosionsbeständigere Legierungen herzustellen.
Als Ergebnis seiner neusten Studien unter der Verwendung von cLSM in Verbindung mit REM konnte Dr. Jönsson darlegen, dass der Aluminiumanteil in den verschiedenen Phasen einer Magnesiumlegierung einen großen Einfluss auf das allgemeine Ausmaß der Korrosion hat. Phasen mit einem geringen Aluminiumanteil korrodieren beispielsweise stärker als solche mit viel Aluminium. Daraus lässt sich folgern, dass Legierungen wie AM50, die eine geringe Menge Aluminium enthalten, schneller korrodieren werden als solche mit einem hohen Anteil, wie z. B. AZ91D. Das heißt aber nicht, dass AZ91D nicht korrodiert. Der Prozess verläuft hier nur langsamer [1, 2].

Investitionsdividende

Dr. Jönsson ist von den Vorteilen der konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie so überzeugt, dass sie nun auch bei weiteren Forschungsprojekten am Swerea KIMAB AB eingesetzt wird. Der Grund dafür ist klar: cLSM-Geräte, wie das Lext, sind sehr vielseitig. Sie ermöglichen eine unübertroffene Betrachtung von Oberflächenprofilen einschließlich Rauigkeitsanalysen sowie exakte Messungen von Linien, Flächen und Rauminhalten. Dr. Jönsson: „Ich kann Proben ohne Vorbehandlung oder Zerstörung direkt auf dem Tisch platzieren, und die eigentliche Analyse verändert die Proben­oberfläche nicht. Deshalb ist die cLSM, die zudem als Stand-alone-Tool auch noch über einzigartige Dokumentations- und Messeigenschaften verfügt, eine hervorragende Ergänzung zu unseren anderen Verfahren. Die mit einem cLSM erstellten Bilder lassen mich viel besser verstehen, was tatsächlich auf der Ebene der Körner und Grenzen passiert, sogar ohne mir die Messdaten anzusehen."

Literatur
[1] Jönsson, M.: Atmospheric corrosion of Magnesium Alloys. Doctoral Thesis in Corrosion Science at KTH Chemical Science and Engineering, Stockholm, Sweden 2007
[2] Jönsson, M., Persson, D. and Gubner, R.: The Initial Steps of Atmospheric Corrosion on Magnesium Alloy AZ91D, J. Electrochem. Soc, 154 (11), C684-C691 (2007)

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