“Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter”
Digitalkameras und Bildverarbeitungssysteme haben schon längst die Fertigungshalle verlassen. Auf und an der Straße, auf und unter Wasser, in der Luft bis hin zum Weltall... Kameras sind überall. Die neuen Einsatzgebiete bedeuten aber auch neue Herausforderungen für die Technik.
Die Industrielle Bildverarbeitung ist in der Fabrik groß geworden. Dort herrschen kontrollierte, immer gleich bleibende Betriebsbedingungen. Das Prüfsystem ist typischerweise auf eine klare Aufgabe ausgerichtet, die Lichtbedingungen sind dank speziellen Blitzen optimiert, die Position und der Abstand des Objekts zur Kamera ist immer gleich, etc. Die Optik und Kameraeinstellungen sind auf diese konstanten Parameter hin ein für alle Mal abgestimmt.
Kameras und Bildverarbeitungssysteme werden aber zunehmend im Außenbereich eingesetzt. Auf der Straße erwischen sie Temposünder, überwachen den Verkehrsfluss, oder kassieren Mautgebühren vollautomatisch. Wissenschaftler benutzen sie, um Ökosysteme zu beobachten und zum Beispiel Tiere oder Pflanzen automatisch zu zählen. Sie messen den Durchsatz von Flüssen oder die Erosion von Küstenlandschaften durch das Meer. Polizei, Feuerwehr und das Militär benutzen sie zur Aufklärung von gefährlichen Gebieten am Boden, in der Luft oder auf See. Onlineportale wie Google oder Bing schicken speziell ausgestattete Fahrzeuge durch die Straßen der großen Metropolen, um ihre Karten und Navigationsdienste mit Fotos aufzuwerten...
Im Außenbereich sind Kameras permanent wechselnden und unvorhersehbaren Bedingungen ausgesetzt. Mit entsprechenden Gehäusen können sie zwar vor den Witterungen geschützt werden, aber diese vermeiden nicht hohe Betriebstemperatur und wechselnde Lichtverhältnisse Lichtverhältnisse.
Frost und Hitze, Tag und Nacht
In der Verkehrsüberwachung etwa muss eine Kamera bei Minustemperaturen in Winter und sehr hohen Temperaturen im Sommer gleichbleibend zuverlässig funktionieren. Die Umgebungstemperaturspanne für klassische industrielle Kameras liegt bei ca. 0-50°C, was selbst in gemäßigten Klimagebieten wie Mitteleuropa nicht immer ausreicht. Deshalb bietet ein Kamerahersteller wie Allied Vision Technologies einzelne Modelle, die für den Außenbereich optimiert wurden und über eine erweiterte Betriebstemperaturspanne verfügen. So reichen die Spezifikationen der AVT Prosilica GT von -20°C bis +65°C.
Eine zusätzliche Herausforderung für Kameras bilden die permanent wechselnden Lichtverhältnisse: Unbeachtet der Jahreszeit, der Tageszeit und der Wetterlage müssen sie auswertbare Bilder liefern. Um diese Aufgabe zu meistern verfügen Qualitätskameras über eingebaute Bildoptimierungsfunktionen wie Automatische Belichtungs-, Gain- und Weißabgleicheinstellungen.
In extremen Situationen stoßen sie aber an ihre Grenzen. Hier kann eine aktive Objektivsteuerung durch die Kamera helfen. Nur wenige Machine Vision Kameras verfügen über eine solche Funktion und die entsprechende Schnittstelle - etwa die Prosilica GX und Prosilica GT von Allied Vision Technologies.
Wie kann aber eine Kamera mitten in der Nacht oder durch dichten Nebel vernünftige Bilder des Objekts erfassen? Hier heißt die Antwort: Spektralbandbreite. Die Empfindlichkeit von CCD- und CMOS-Sensoren reicht über die des menschlichen Auges hinaus. Digitalkameras mit optimierter Nahinfrarotempfindlichkeit wie etwa die AVT Manta 145B NIR können auch bei schlechten Lichtverhältnissen auswertbare Bilder liefern. Dies ist besonders der Fall, wenn das Zielobjekt - zum Beispiel ein Fahrzeug - mit einem Infrarotblitz beleuchtet werden kann. Zusätzlicher Vorteil in bei Geschwindigkeitskontrollen: der Blitz blendet den Fahrer nicht, weil Infrarotlicht vom Menschen nicht wahrgenommen wird.
Bei besonders anspruchsvollen Applikationen, die zum Beispiel ganz ohne Beleuchtung auskommen müssen, bieten „echte" Infrarotkameras mit einer Empfindlichkeit jenseits von 900 nm Wellenlänge eine Lösung. Diese kostspieligere Option zur Nachtsicht wird etwa vom Militär, Grenzschutz oder sonstigen anspruchsvollen Sicherheitsüberwachungsaufgaben gewählt.
Aus den Augen, aus dem Sinn...
Außergewöhnliche Umgebungen für Kameras sind es meist auch für Menschen: Digitalkameras werden gern an Orte installiert, die für Menschen schwer erreichbar oder sogar gefährlich sind. Daher ist eine typische Besonderheit von Bildverarbeitungssystemen im Außenbereich, dass die Kamera oft weit von ihrem Host-Computer und manchmal noch weiter von den Menschen, die das System betreiben, entfernt ist. Zum Beispiel sind die Kameras an Autobahnbrücken montiert und übertragen ihre Bilddaten an ein mehrere Kilometer entferntes Kontrollzentrum. Für Wartung- bzw. Reparaturarbeiten müssen Techniker vor Ort geschickt werden; in den Schlimmsten Fällen muss sogar der Verkehr angehalten werden. Eine umständliche und teure Angelegenheit...
Aus diesem Grund sind die Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit bei solchen Anwendungen noch höher als in der industrielle Inspektion: Die Kamera möchte man am Liebsten vergessen. Sie sollte trotz der bereits beschriebenen erschwerten Bedingungen zuverlässig rund um die Uhr und sieben Tage die Woche funktionieren - und das über mehrere Jahre. Deshalb sollte nicht an der falschen Stelle gespart werden: Die Kosten für unplanmäßige Wartung oder Reparaturen stehen in keinem Verhältnis zum geringen Aufpreis für eine hochwertige Kamera.
Die zu überbrückende Distanz zwischen Kamera und Systemcomputer ist maßgebend für die Auswahl der Kameraschnittstelle. Mit bis zu 100 m Reichweite mit einem einzigen Kabel ist Gigabit Ethernet für solche Anwendungen prädestiniert. Weitere Entfernungen lassen sich über Ethernet-Switches bzw. optische Faser überbrücken. Bus-Schnittstellen wie FireWire (IEEE1394) oder USB kommen mit wenigen Metern Reichweite sehr schnell an ihre Grenzen, obwohl auch für diese Schnittstellen über optische Faser mit Hilfe von zusätzlichen Umwandlern einiges möglich ist. Einige Kameras sind sogar ab Werk mit einem Optischen Faseranschluss erhältlich - etwa die Pike und Stingray FireWire-Kameraserien von Allied Vision Technologies.
On-Board-Kameras: Stoßfestigkeit und Elektromagnetische Störungen
Im Außenbereich werden Digitalkameras nicht nur stationär eingesetzt. Sie werden auch zunehmend auf bemannten oder unbemannten Fahrzeugen montiert und erfassen ihre Bilder während der Fahrt. Zum Beispiel für die Aufklärung von gefährlichen Gebieten mit Dronen, auf Militärfahrzeugen oder -Schiffe. Es gibt aber auch zahlreiche zivile Applikationen, zum Beispiel die Erkundung von Katastrophengebieten oder die Erfassung von Schäden auf Straßen oder Schienen zur Planung von Wartungsarbeiten. Die für das breite Publikum berühmteste Applikation ist das photographische Kartographieren von Web-diensten wie Google oder Bing Maps.
Ist die Kamera auf einem Fahrzeug montiert, ist sie Stößen und Vibrationen ausgesetzt, die sie auch überstehen muss. Nicht nur die Kamera ist hier gefordert, auch die Interface- Kabel müssen fest sitzen. Das Problem ist auch im Maschinenbau und der Robotik bekannt: die Kameraschnittstelle muss über verschraubte Anschlüsse erfolgen.
In bestimmten Fällen - etwa wenn das Kamerasystem in einem Flugzeug installiert ist - muss auch seine elektromagnetische Kompatibilität mit anderen Bordsystemen geprüft werden. Dabei wird einerseits sichergestellt, dass die Kamera bzw. die gesamte Hardware des Bildverarbeitungssystems keine Interferenzen verursacht, andererseits auch, dass sie selbst nicht von anderen Quellen gestört wird.
Ein Extrembeispiel für diese Anforderungen liefert die Raumfahrt. Im Februar 2011 wurde der experimentelle humanoide Roboter Rononaut 2 von der NASA an Bord der Raumfähre Discovery in die internationale Raumstation ISS geliefert. Sein stereoskopisches Seevermögen verdankt Robonaut zwei Prosilica GC Kameras von Allied Vision Technologies. Vor dem Flug musste der Roboter auf seine elektromagnetische Kompatibilität sowohl mit der Raumfähre als auch mit der ISS geprüft werden. Zudem prüfte die NASA mit Hilfe eines speziellen Prüfstands, dass der Roboter und seine Komponenten den starken Vibrationen und Beschleunigungen während des Starts der Raumfähre standhalten würden. Inzwischen umkreist Robonaut die Erde an Bord der Internationalen Raumstation und wird auf seine verschiedenen Funktionen getestet. Ziel der NASA ist es, mit solchen Robotern die Astronauten von einfachen Aufgaben zu entlasten oder gefährliche Wartungs- und Reparaturarbeiten außerhalb der Station zu übernehmen. Dank Kameraaugen und menschenähnlichen Armen und Händen können sie dieselben Werkzeuge bzw. Bedienelemente nutzen wie ihre menschlichen Kollegen.
Neue Bildverarbeitungsanwendungen jenseits der Produktionslinie eröffnen neue Wachstumsmärkte für die Branche. Doch mit ihnen wachsen auch die Anforderungen an die Kameras. Sie müssen noch robuster und zuverlässiger werden, bei einer breiten Temperaturspanne leistungsfähig bleiben, mit wechselnden Lichtbedingungen umgehen, ihre Daten über lange Entfernungen übertragen können... Nur Kamerahersteller, die diesen Anforderungen gewachsen sind, werden sich auf diesen Märkten erfolgreich behaupten können.
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