Aus links wird rechts
Anpassen einer HLK-Einheit für rechtsseitige Fahrer dank Reverse-Engineering und 3D-Druck
Die automobile Welt teilt sich eine links und eine rechts gelenkte Fraktion. Die Sitzposition des Fahrers im Fahrzeug beeinflusst wesentlich die Positionierung der Bedienelemente und anderer Systemkomponenten. Das hat zur Folge, dass es für Fahrzeugmodelle in der Regel auch zwei entsprechend designte Varianten gibt. Neue 3D-Technologien unterstützen die Entwickler beim Wechsle zwischen diesen beiden Welten.
Das neuseeländische Unternehmen 3D Hub hat sich auf die Produktentwicklung insbesondere mechanischer Produkte spezialisiert. Es hilft anderen Herstellern schon seit längerem dabei, Produktideen zu verwirklichen sowie Herstellungskosten mit CAE (Computer-Aided Engineering, computergestützte Entwicklung) zu verringern. Unter den vielen Projekten hat 3D Hub auch eine wichtige Rolle bei der Anpassung linksgelenkter Fahrzeuge vom US-amerikanischen Markt auf rechtsgelenkte Fahrzeuge für Neuseeland und Australien gespielt.
Der neuseeländische Entwicklungsdienstleister wurde beauftragt, die HLK-Einheit (Heizung, Lüftung, Klima) eines linksgelenkten Fahrzeugs für rechtsgelenkte Fahrzeuge umzuwandeln, damit eine Integration in das modifizierte Interieur von Chevrolet- und GMC-Trucks möglich ist. Dieses Projekt wurde sowohl auf dem Gelände des Kunden als auch in den Büros des Dienstleisters durchgeführt. Bis zum Abschluss betrug die Dauer des gesamten Projektes etwa drei Monate.
Die größte Herausforderung war der Reverse-Engineering-Aspekt des Projekts. Das Team wollte eine HLK-Einheit für Rechtslenker entwickeln, indem die 3D-Messdaten der aktuellen Linkslenker-Bauteile erfasst und in eine CAD-Umgebung übernommen werden, damit die Konstruktionen angepasst und dann anhand des unternehmenseigenen 3D-Druckprozesses gefertigt werden kann. Die ganzen komplexen Funktionen mussten beim Rechtslenker in einen Bereich passen, der kleiner war als der Originalbereich der HLK-Einheit des Linkslenkers. Darüber hinaus mussten die wiederverwendbaren Bauteile wie Lüfter, Messfühler, Servomotoren, Luftstromklappen usw. in die CAD-Konstruktion überführt werden.
Umbau der HLK-Einheit
Die HLK-Einheit war nur eines der vielen Bauteile (Armaturenbrett, Lenksäule, Elektronik), die für die umgekehrte Anordnung umgewandelt werden mussten. Es beinhaltete mehr als nur eine einfache Spiegelung. Zuerst musste der Truck zerlegt werden.
Das Original-Armaturenbrett wurde in wichtige Bereiche zerschnitten (Handschuhfach, Mittelkonsole usw.) und an den neuen Positionen des Rechtslenkers wieder zusammengesetzt. Die Armaturenbrettbauteile wurden an der Auflageleiste des Armaturenbretts montiert und dann in einem Stück aus dem Fahrzeug entnommen. Die Armaturenbrettteile wurden dann zusammengeführt und von Hand geformt, um das endgültige Armaturenbrett zu erstellen. Aus dieser endgültigen Form wurde dann ein Abdruck genommen, um zukünftig Glasfaser-Armaturenbretter daraus herstellen zu können.
Unterdessen wurden Lenkrad und -säule entfernt und neu ausgerichtet, um in die gegenüberliegende Seite des Motorraums zu passen.
Bei ausgebautem Armaturenbrett konnte die Original-HLK-Anlage entfernt und die Brandwand problemlos zum 3D-Scannen freigelegt werden. Zuerst wurden Positionierhilfen (Bezugspunkte) an der Brandwandoberfläche angebracht. Zu beachten ist, dass die Positionierhilfen bei diesem Projekt erst zu Projektende entfernt werden. Sie werden sich im Verlauf des späteren Entwicklungsprozesses für eine genaue Positionierung und Ausrichtung als nützlich erweisen.
Reverse Engineering und 3D-Druck
Als die HLK-Einheit entnommen war, konnte das Reverse-Engineering beginnen. Die Experten begannen das 3D-Scannen mit der HLK-Einheit. Die 3D-Scandaten wurden dann verwendet, um die neue HLK-Einheit mit seinen Hauptbauteilen zu entwerfen.
Das Umluftgerät wurde im Fahrzeug positioniert, um die Passgenauigkeit und die endgültige Platzierung zu überprüfen. Als es sich an der endgültigen Position befand, wurde es unter Berücksichtigung der Original-Positionierhilfen gescannt. Diese Daten wurden dann an genau derselben Stelle in die CAD-Umgebung übertragen. Dank der Beibehaltung der Positionierhilfen während des gesamten Projekts war keine Ausrichtungsarbeit erforderlich, was die Verarbeitungsdauer erheblich verkürzte.
Als das neu geformte Armaturenbrett fertiggestellt und im Fahrzeug platziert war, konnten die Anwender mithilfe von 3D-Scans die Unterseite des Armaturenbretts mit angeschlossener Elektronik und verbundenen Kanälen untersuchen. Die gescannten Daten wurden an den Original-Zielpunktpositionen an der Brandwand ausgerichtet. Dann konnte geprüft werden, ob die HLK-Einheit wichtige Bauteile wie die Versteifung für das Armaturenbrett, Handschuhfach usw. sachgemäß umgeht.
Die umgebaute HLK-Einheit konnte dann aus SLS-Nylon 3D-gedruckt werden. Der Prototyp wurde anschließend montiert und im Fahrzeug ausprobiert. Aufgrund der genauen Scandaten waren nur kleinere Anpassungen notwendig, bevor das Endprodukt mit denselben hohen Standards wie das Erstausrüstergerät gefertigt werden konnte.
Obwohl dieses Reverse-Engineering-Projekt auch mithilfe anderer 3D-Scantechnologien hätte ausgeführt werden können, wäre dafür mit ziemlicher Sicherheit eine längere Vorbereitungszeit vonnöten gewesen. Die Verwendung des HandyScan 3D im Vergleich zu anderen 3D-Scantechnologien oder Scansystemen mit Gestell war hierbei die beste Option. Die Flexibilität, automatische Positionierung sowie schnelle und genaue Lokalisierung von Teilen mit Positionierhilfen waren der Schlüssel dafür, dass die Wahl der Ausrüstung für dieses Projekt auf den Handscanner fiel. „Die Möglichkeit, überall zu scannen, die Teile während des Scanvorgangs verschieben zu können und die Aufgabe auf mehrere Zeiträume aufzuteilen, hat uns dazu bewogen, den Handscanner zu wählen“, erklärte Craig Russell, Director und Maschinenbauingenieur bei 3D Hub.
Das erste Projekt des neuseeländischen Entwicklungsdienstleistern mit dem Handscanner zeigt ganz klar, wie dieser einfach und effektiv für alle Arten von Reverse-Engineering-Projekten eingesetzt werden kann, einschließlich Projekten mit anschließendem 3D-Druck der Bauteile, um den gesamten Fertigungsprozess zu beschleunigen.