Bildverarbeitung

Additive Fertigung: Qualitätssicherung und Metrologieaufgaben mit CT

21.09.2017 -

Mit additiven Fertigungsverfahren werden auf Basis computergenerierter Datenmodelle Bauteile aus formlosem Ausgangsmaterial aufgebaut. Das Verfahren ist besonders interessant für die Anforderungen des Leichtbaus, beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie und der Medizintechnik. Aufgrund ihrer hohen Qualitätsanforderungen sind in diesen Branchen die Prüftechnik und Prozesskontrolle besonders wichtig. Herkömmliche Prüfmethoden stoßen aber im Rahmen additiver Fertigungsprozesse oft an ihre Grenzen. Hier bietet die Computertomographie Möglichkeiten einer zuverlässigen nachgelagerten Qualitätssicherung.

Der Begriff „Additive Fertigung“ (engl. „Additive Manufacturing - AM“) steht für eine Gruppe von Fertigungstechnologien, die auch generative Fertigungsverfahren genannt werden. Zusammen mit den subtraktiven Fertigungsverfahren (z.B. Fräsen, Drehen) und den formativen Fertigungsverfahren (z.B. Gießen, Schmieden) bilden die additiven Fertigungsverfahren eine weitere wichtige Säule moderner Fertigungstechnologien.
Anstatt ein Werkstück zu gießen oder aus einem festen Block heraus zu fräsen, baut die additive Fertigung ihre Bauteile Schicht für Schicht aus dem zu verarbeitenden Werkstoff auf. Das unterscheidet additive Verfahren am deutlichsten von den bislang gängigen, abtragenden und umformenden Verfahren zur Bauteilfertigung in der industriellen Produktion. Da der Einsatz von Hilfsmitteln in für AM sinnvoll nutzbaren Anwendungsszenarien wegfällt, lassen sich Durchlaufzeiten verringern und somit die Stückkosten zum Teil erheblich reduzieren.
Vorteilhaft ist auch die enorme Freiheit im Design: Gitterstrukturen oder bionisches Design wären in herkömmlichen Verfahren nicht oder nur mit erheblichem Mehraufwand herstellbar. In additiven Prozessen jedoch können auch komplexe Bauteile wirtschaftlich hergestellt werden, theoretisch bereits ab Losgröße eins.

Selektives Laserschmelzen (SLM)

Das Selektive Laserschmelzen (engl. ‚Selective Laser Melting (SLM)‘) ist auch als 3D-Druck oder Powder Bed Fusion bekannt und das derzeit geläufigste der additiven Fertigungsverfahren für metallene Werkstoffe. Die Bauteile entstehen nur aus  dem zielgerichteten Zusammenwirken von Pulver und Laserlicht. Ein Laser baut dabei das Werkstück Schicht um Schicht aus einem Pulverbett heraus auf, wofür ein CAD/CAM-Modell den Bauplan liefert. Nutzbar ist eine große Zahl metallischer Materialien in Pulverform. Aktuell gängige Schichtstärken für die meisten metallenen Legierungen liegen im Bereich zwischen 15 und 100, maximal 500 µm.
Zur Führung des Laserstrahls werden die notwendigen Steuerungsdaten aus einem 3D-CAD-Modell erzeugt. Im ersten Berechnungsschritt wird das Bauteil dazu in einzelne Schichten unterteilt. Im zweiten Schritt werden für jede dieser Schichten Spuren (Vektoren) erzeugt, die der Laserstrahl dann abfährt. An diesen Stellen schmilzt er das Werkstoffpulver auf, welches anschließend zu einer festen Schicht erstarrt. Die Grundplatte wird für die folgenden Durchgänge nun jeweils um den Wert einer Pulver-Schichtstärke abgesenkt, um weitere Schichten aufzutragen. Dieser Prozess findet in der Regel unter Schutzgasatmosphäre statt, um eine Oxidation des Pulvers zu vermeiden.
Ist das Werkstück fertig, wird es von Pulverrückständen gereinigt und kann nach Bedarf weiter bearbeitet oder sofort verwendet werden. Je nach Pulverqualität und den gewählten Parametern im Prozess lassen sich bei solchermaßen gefertigten Bauteilen Werkstoffdichten größer 99 % erreichen.

Qualitätsaspekte

Aufgrund ihres Prinzips des schichtweisen Aufbaus bieten additive Fertigungsverfahren neue Möglichkeiten zur laufenden Prozesskontrolle. Die Herstellung jeder einzelnen Lage kann kontinuierlich überwacht und beschrieben werden.
Aus den eigentlichen Vorteilen der AM, nämlich Komplexität und Struktur, ergeben sich aber auch neue Herausforderungen, denn dem aktuellen Technologiestand entsprechend lassen sich nicht alle relevanten Fehler durch Online-Prozessüberwachung ermitteln oder gar vermeiden, was eine nachgelagerte Qualitätssicherung obligatorisch macht, insbesondere bei sicherheitskritischen Bauteilen.
Durch ihren schichtweisen Charakter ermöglicht additive Fertigung bereits im Fertigungsprozess eine deutliche Fehlerreduktion im Vergleich zu subtraktiven oder formativen Verfahren, was jedoch mit erhöhten Anforderungen an den Prozess und die 3D-Druck-Maschine einhergeht. Denn die Realität zeigt, dass, wie bei anderen Schmelzverfahren auch, beim SLM Fehler entstehen können. Durch den schichtweisen Aufbau besteht außerdem das Risiko, dass Fehler in nicht mehr sichtbaren Schichten entstehen und durch eine optische Inspektion von Schmelzbad und Pulverbett nicht eindeutig bestimmt werden können.
Aufgrund des schichtweisen Bauteilaufbaus (in Stärken von 15–150 µm) sind solche Fehler meist entsprechend klein bzw. flach. Deshalb, und wegen der oft komplexen Geometrie dieser Werkstücke, ist eine Anwendung konventioneller zerstörungsfreier Prüftechniken wie Ultraschall oder Röntgenverfahren mit niedriger Auflösung oft nicht sinnvoll oder aber aufgrund der Bestimmung von Fehlern wie Rissbildung und dreidimensionalen Informationen (Lageparameter, Ausdehnung/Größe) nicht ausreichend. Hier setzt die (µ-)Computertomografie an.

Computertomografie

Die Computertomografie (CT) ermöglicht einen zerstörungsfreien dreidimensionalen Einblick in das zu prüfende Bauteil. Dafür erzeugt sie ein digitales 3D-Abbild des Werkstücks (Volumen) inklusive aller inneren geometrischen und strukturellen Informationen, die zu einer Beurteilung seiner Qualität erforderlich sind.
Mit einem einzigen Scan wird das gesamte Datenmaterial generiert, das die Basis für eine vollständige Prüfung des Bauteils bildet, z.B. auf Porosität, Oberflächenqualität, Verformung. So sind u.a. präzise Poren- und Wandstärkenanalysen und genaue Bestimmungen von Form- und Lageparametern möglich. Kleinste Abweichungen und Bauteilfehler können dabei über alle inneren und äußeren Flächen erfasst und lokalisiert werden.
Der in der industriellen Computertomografie genutzte Sensor ist in seinem Funktionsumfang gegenüber der taktilen oder der optischen Messmethodik klar im Vorteil, denn er kann innere Strukturen erfassen, die für die oben genannten Verfahren nicht zugänglich sind. So lassen sich problemlos auch Einzelmaße bei Hinterschneidungen evaluieren oder das komplette Bauteil mit seinem Soll-Wert (CAD-Datensatz) mit geringerem Zeitaufwand abgleichen. Eventuelle Formabweichungen oder Wandstärkenunterschiede werden dann am 3D-Volumen oder am Schnittbild farblich markiert und übersichtlich dargestellt.
Die Bandbreite der möglichen Anwendungen reicht von der Defekt- und Montagekontrolle bis hin zur Extraktion und Überführung von STL-Daten in den Designprozess und hilft damit, die Qualität des Produkts, zum Beispiel im Rahmen von Rapid Prototyping, zu optimieren.
Im Produktionsumfeld hilft der Soll-Ist-Vergleich, die geforderte mit der real erreichten Bauteilqualität zu bewerten und Schlechtteile rechtzeitig auszusortieren. Das spart Kosten und hilft bei der Optimierung produktionsrelevanter Steuerungsgrößen.
Yxlon Computertomografiesysteme sind in der Lage, auch Prüfobjekte mit sehr hoher Dichte zu durchstrahlen und diese Modelle so zu erfassen und darzustellen, dass der Kunde die von ihm gesuchten Bereiche bereits im Nutzerinterface intuitiv vordefinieren kann. Im Anschluss werden die Daten aufbereitet und stehen in verschiedener Form für Auswertungen zur Verfügung, dauerhaft und unbegrenzt.
Hier lassen sich dann alle relevanten Fragestellungen aus den Bereichen Prüfen, Messen und Formerfassung beantworten. Von dieser digitalen Abstimmung zwischen dem CAD-Datenbestand und der Auswertung präziser und genauer Prüfergebnisse profitiert der gesamte Herstellungsprozess.
Durch seine optimierte 3D-Erfassung ermöglicht die Computertomografie eine exaktere Analyse des Prüfteils als durch 2-dimensionale Radiografie. Neben einer Bewertung des Bauteils liefert die Computertomografie auch wertvolle Informationen für den Produktionsprozess. Diese Informationen helfen Prozesse zu beschleunigen, z.B. bei der Erstbemusterung oder zur Reduktion des Ausschusses, indem der Prozess anhand von CT-Daten frühzeitig korrigiert werden kann.

Anwendungsbeispiel: Helikopter-Umlenkhebel

Ein Umlenkhebel für Helikopter zur Aufnahme des Rotorblattes wurde additiv aus einer Titan-Aluminium-Legierung gefertigt. Das Fertigungsverfahren wird als Pulverbettfusion beschrieben, englisch auch SLM (für Selective Laser Melting). Treibende Faktoren bei diesem Herstellungsverfahren waren die Gewichtsreduzierung des Bauteils bei gleichen mechanischen Eigenschaften und eine dadurch mögliche Verringerung der Produktionskosten.
Durch die Optimierung der Designstrukturen konnte mittels des genutzten additiven Fertigungsverfahrens eine Gewichtsreduzierung von rund 30 % erzielt werden.
Bedingt durch die Sicherheitsrelevanz des Bauteils war die Qualitätskontrolle obligatorisch. Die Bewertung der Oberflächenstruktur, vor allem aber das Ermitteln von Porosität und Deformationen inklusive Messungen und Tolerierungen von Form und Lage vordefinierter Regionen stellten eine große Herausforderung dar. Besonders qualitätskritisch zu betrachten waren Deformationen des Umlenkhebels, wie z.B. die Parallelität der Hebelarme, aber auch Passbohrungen und deren Durchmesser. Größe, Ort und Geometrie der verbliebenen Gaseinschlüsse ermöglichten Aussagen über die Dauerfestigkeit des Bauteils und auch über die Reproduzierbarkeit des Bearbeitungsprozesses.
Für solche Aufgaben ist das hochauflösende Computertomografie-System Yxlon FF35 CT konzipiert. Die Optimierung der Bildkette ermöglicht die für die Metrologie notwendige präzise Oberflächenbestimmung bis in kleinste Teilbereiche des dreidimensionalen Rasters. Das System ist ausgelegt für hohe Flexibilität und eine große Bandbreite an Applikationen. Dafür sorgen neben dem großen Prüfvolumen und der Möglichkeit, bis zu zwei Röntgenröhren einzusetzen, der Fokus-Detektor-Abstand von bis zu 1200 mm und die patentierte virtuelle Rotationsachse „Flexcenter“.
In dieser Anwendung wurde die wassergekühlte 225 kV Mikrofokus-Reflexionsröhre eingesetzt. Mit der Granitbasis und Heidenhain-Encodern wird maximale Stabilität für eine hochgenaue Werkstückpositionierung erreicht. Die klimatisierte Messkammer kompensiert Temperaturschwankungen. Das Ergebnis des Zusammenwirkens von granitbasiertem Manipulator, µ-Fokus-Röhre, Detektor, FDD (Vergrößerung) und CT-Software-Algorithmen sind beste Bildqualität und exakte 3D-Datenmodelle.
Das aus dem hochpräzisen CT-Scan erzeugte Volumenmodell im STL-Datenformat stellt die Basis für weitere Analysen dar.
Durch eine Auswertung der 3D-Daten erhält man neben den dimensionellen Eigenschaften Aussagen über Gesamtporosität, Porenvolumen, -größe und -anzahl oder die Projektionsfläche der Poren sowie Abstände von Defekten zu ausgewählten Bezugsflächen. Diese Defekte lassen sich im Volumen oder Querschnitt farblich kennzeichnen oder isoliert darstellen.
Um CT-Systeme für ihre unterschiedlichen Aufgaben zu optimieren, sind ein breites Portfolio und ein tiefes Verständnis der Technologie erforderlich. Yxlon entwickelt und fertigt daher wichtige Schlüsselkomponenten wie Mikrofokus-Röntgenröhren, Zeilendetektoren und Software selbst oder in enger Kooperation mit Partnern.

Kontakt

Comet Yxlon GmbH

Essener Bogen 15
22419 Hamburg
Deutschland

+49 40 52729 0
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