Bildverarbeitung

Abstand und Dicke von Schichten gleichzeitig messen

01.03.2023 - Weißlichtinterferometer für die Halbleiter- und Glasindustrie

Die Dicke von sehr dünnen Schichten zu vermessen, ist in vielen industriellen Anwendungen eine große Herausforderung. Für optisch transparente Schichten, wie dünne Gläser oder Folien, ist die Interferometrie eine gut geeignete Methode, die berührungslos mit Genauigkeiten bis in den Nanometerbereich arbeiten kann. Ein Messtechnikhersteller stellt jetzt neue ­Systeme vor, die mehrere Schichten erfassen können und gleichzeitig den Abstand messen.

Die Messmethode der Interferometrie basiert auf der Wellennatur des Lichts. Werden zwei Wellen überlagert, so kann konstruktive Interferenz entstehen, wenn Wellenberg auf Wellenberg beziehungsweise Wellental auf Wellental trifft, oder destruktive Interferenz, wenn Wellenberg auf Wellental trifft. Dieses Phänomen ist auch die Ursache dafür, dass beispielsweise ein Ölfilm auf einer Pfütze in Regenbogenfarben schillert. Hier überlagert sich das Licht, das an der Öloberfläche reflektiert wird, mit dem Licht, das an der Grenzschicht zwischen Öl und Wasser reflektiert wird. In Abhängigkeit von der Dicke der Ölschicht tritt bei verschiedenen Wellenlängen – also Farben – des Lichts konstruktive oder destruktive Interferenz auf.

Interferometrie als industrielle Präzisionsmesstechnik

Um die Interferometrie als messtechnische Verfahren einzusetzen, wird ein Lichtstrahl aufgeteilt, sodass die beiden Teilstrahlen unterschiedliche Wege zurücklegen. Anschließend werden die Teilstrahlen überlagert und die entstehende Interferenz wird beobachtet. Wenn sich nun die Länge einer der beiden Teilstrahlen ändert, ist dies im Interferenzmuster sichtbar. Ändert sich diese Länge um eine halbe Wellenlänge des verwendeten Lichts, so führt das zu einem kompletten Wechsel von konstruktiver Interferenz zu destruktiver Interferenz. Damit ist die Messmethode sehr empfindlich, die Genauigkeit liegt im Nanometer- oder sogar im Sub-Nanometer-Bereich. Für eine Abstandsmessung wird der erste Teilstrahl am Messobjekt reflektiert und mit einem Referenzstrahl interferiert. Soll das Verfahren zur Dickenmessung eingesetzt werden, kann der Referenzstrahl entfallen. Die beiden Strahlen, die miteinander interferieren, sind die beiden Teilstrahlen, die von der Vorder- und der Rückseite der Schicht reflektiert wird – ähnlich dem Beispiel mit dem Ölfilm auf der Pfütze. Da die beiden interferierenden Teilstrahlen von der Oberfläche und der darunterliegenden Schicht stammen, ist das Messergebnis unabhängig vom Abstand zum Messobjekt.

Interferometrie mit weißem Licht

Die Interferenz, so wie sie oben beschrieben wurde, funktioniert mit monochromatischem Licht – beispielsweise aus einem Laser. Bei Änderung der gemessenen Länge wechselt das Interferenzmuster abwechselnd von Hell zu Dunkel. Das Beispiel der in Regenbogenfarben schillernden Pfütze verdeutlicht, dass Interferometrie auch mit weißem Licht funktioniert. Wichtig ist aber in allen Fällen, dass eine kohärente Lichtquelle verwendet wird. Für die Weißlicht-Interferometrie eignen sich etwa Superlumineszenz-Dioden (SLD). Diese kombinieren die Vorteile von Laserdioden und herkömmlichen LEDs. SLDs haben eine hohe Ausgangsleistung und gleichzeitig ein breites Spektrum – sie emittieren also quasi ein weißes Licht.

Der Lichtstrahl der SLDs wird mit einem halbdurchlässigen Spiegel geteilt, die Teilstrahlen durchlaufen die beiden Wege und interferieren danach. Für die Messung wird das interferierende Licht zunächst in seine spektralen Bestandteile aufgespalten und anschließend auf eine Sensorzeile abgebildet, die das gesamte Spektrum aufnimmt. Zur Auswertung dieses Signals wird dann eine Fouriertransformation durchgeführt. Die einzelnen Peaks im Frequenzspektrum stehen dann für eine konstruktive Interferenz, woraus sich die Differenz der beiden Wege ergibt. Die Methode ermöglicht es, eine Wegmessung mit sehr hoher Genauigkeit durchzuführen.

Dicke und Abstände mehrerer Schichten gleichzeitig messen

Die Weißlicht-Interferometer von Micro-­Epsilon Messtechnik arbeiten nach dem oben beschriebenen Verfahren. Die eingesetzten SLDs haben ein Spektrum mit einem Schwerpunkt im nahen Infrarotbereich bei etwa 840 nm. Weißlichtinterferometer sind die präzisesten optischen Messsysteme, die das Unternehmen aktuell anbietet. Sie bieten eine sehr hohe Genauigkeit und eine Auflösung bis in den Sub-Nanometer-Bereich. Das System besteht aus einem kompakten Sensor und einem Controller, der in einem robusten, industrietauglichen Gehäuse untergebracht ist. Eine im Controller enthaltene aktive Temperaturregelung sorgt für eine stabile Messung. Die Geräte sind in zwei Versionen erhältlich, mit denen entweder Abstände zu einer reflektierenden Oberfläche gemessen werden können oder eine Schichtdicke.

Bei der ersten Version wird der Strahl im Sensor aufgeteilt und durchläuft intern einen Referenzweg. Dieser Teilstrahl wird mit dem am Messobjekt reflektierten Strahl überlagert. Bei der zweiten Version der Geräte, die Schichtdicken messen können, entfällt die interne Referenz, da die an Vorder- und Rückseite der Schicht reflektierten Strahlen überlagert werden. Ein großer Vorteil der Dickenmessung liegt darin, dass die Messung unabhängig vom Abstand zwischen Sensor und Messobjekt ist.

Diese schon seit einigen Jahren in zahlreichen Anwendungen bewährten Mess­geräte hat Micro-Epsilon in neuen Versionen vorgestellt, die über entscheidende Verbesserungen verfügen. Diese können jetzt auch die Dicke und Abstände mehrerer Schichten gleichzeitig vermessen. Lieferbar sind die Modelle IMS5x00MP-THxx für die ­Dickenmessung und IMS5x00MP-DSxx für die Abstandsmessung. Besteht das Messobjekt im Fall der Dickenmessung etwa aus zwei Schichten, wird das Licht an der Vorderseite, der Grenze zwischen beiden Schichten und an der Rückseite reflektiert. Da nun alle reflektierten Strahlen miteinander interferieren, ergibt dies nach der Fouriertransformation drei Peaks im Spektrum. Bei drei Schichten werden daraus schon sechs Peaks. Insgesamt lassen sich die Dicken von fünf Schichten stabil messen – theoretisch sind sogar 13 Schichten möglich. Die minimale ­Dicke, die das Gerät noch messen kann, beträgt 30 µm. Auch ein Luftspalt zwischen zwei Materialien lässt sich mit dem Gerät sehr präzise vermessen.

Um aus den Peaks, die das Gerät aufnimmt, einen Absolutwert für die Dicke zu bestimmen, muss der jeweilige Brechungsindex des Materials der einzelnen Schichten bekannt sein. Für alle üblichen Materialien ist dieser bereits im Gerät hinterlegt und kann vor Beginn der Messung einfach ausgewählt werden. Da die Dickenmessung unabhängig vom Abstand ist, stören Unregelmäßigkeiten bei der Positionierung das Messergebnis nicht. Das Gerät für die Abstandsmessung, das einen internen Referenzstrahl verwendet, funktioniert analog und kann die Abstände von ebenfalls bis zu 13 Schichten messen. Über die Abstände der einzelnen Schichten lassen sich auch die jeweiligen Schichtdicken bestimmen, was ein gleichzeitiges Messen von Abstand und Schichtdicke ermöglicht. Die minimale Schichtdicke, die diese Geräte messen können, beträgt 10 µm. 

Anwendungen in zahlreichen Branchen

In allen Anwendungen, in denen Abstände und Dicken in hoher Präzision und gegebenenfalls auch gleichzeitig gemessen werden müssen, eignen sich die Weißlichtinterferometer von Micro-Epsilon. Die Geräte bestehen jeweils aus einem kompakten Sensor – bei der Abstandsmessung mit einer internen Referenz – und einem Controller. Anwender können über einen Standardbrowser auf den integrierten Webserver des Controllers zugreifen, um etwa Einstellungen vorzunehmen. Über die Schnittstellen, zum Beispiel Ethernet, Ethercat oder digitale Ein- und Ausgänge, lassen sich die Messgeräte in Produktionsumgebungen integrieren.

Mögliche Einsatzgebiete finden sich in Anwendungen mit Gläsern oder Folien. Ein typisches Beispiel ist die Halbleiterindustrie, wo der genaue Abstand zum Wafer gemessen werden muss. Bei der Belichtung lässt sich hier außerdem der Abstand zwischen Wafer und Maske bestimmen und gleichzeitig die Dicke der Beschichtung auf dem Wafer. 

Beschichtetes Glas in der Glasindustrie ist ein weiteres Beispiel, bei dem die Messgeräte zum Einsatz kommen. Dabei lassen sich die Glasdicke und die Dicke der Beschichtung überprüfen. Solche Gläser werden etwa als Displaygläser verwendet. Bei der Folienherstellung mit Blasformanlagen kann die Weißlichtinterferometrie eingesetzt werden, um die korrekte Folienstärke zu überprüfen, wenn die Blasfolien zusammengelegt werden. In allen Anwendungen lassen sich die Geräte in Inline-Inspektionsanlagen zur Qualitätssicherung integrieren. Sie sind für das industrielle Umfeld sowie in Reinräumen oder im Vakuum geeignet und führen präzise Messungen bis in den Nanometer- oder Sub-Nanometer-Bereich durch.

Autor
Alexander Streicher, Produktmanager Sensorik bei Micro-Epsilon

Kontakt

Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG

Königbacher Strasse 15
94496 Ortenburg
Deutschland

+49 8542 168 0
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