Automatisierung

Robotik für jedermann?

02.09.2024 - Ein Blick auf stationäre und mobile Robotik

Roboter sind längst nicht mehr nur in den High-Tech-Fabriken großer Konzerne zu finden. Auch mittelständische Unternehmen entdecken zunehmend deren Vorteile – sowohl in der stationären Anwendung mit Cobots und Industrierobotern als auch mit autonomen mobilen Robotern (AMRs). Doch was genau beschäftigt Unternehmer aus dem Mittelstand in Bezug auf die Robotik, welche Lösungen bieten sich an und was bringt die Zukunft?

Herausforderungen und Sorgen des Mittelstands

Fachkräftemangel
Unternehmer im Mittelstand sehen sich zunehmend mit dem Fachkräftemangel konfrontiert. Nach Angaben des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnten Unternehmen im laufenden Jahr mit einer ausreichenden Zahl von Fachkräften bei Vollauslastung 49 Milliarden Euro mehr erwirtschaften, wenn die 570.000 offenen Stellen besetzt werden könnten. Das verloren gegangene Produktionspotential wird sich bis 2027 bereits auf 74 Milliarden Euro verschärfen. Die Automatisierung durch Robotik kann hier, neben einer verbesserten Integrationspolitik und Ausweitung von Fort- und Weiterbildung bereits in den Schulen, Abhilfe schaffen.

Kosten und ROI
Die Anschaffungskosten für Roboter und Automatisierungstechnik können hoch sein, daher ist die Wahl der Anwendung und des ersten Einsatzgebietes sehr wichtig. Wo habe ich Qualitätsprobleme und eine hohe Fehlerquoten? Wo habe ich monotone, gefährliche und/oder Arbeitsplatz unökonomische Bedingungen? Wo spielt Gewicht und Geschwindigkeit eine Rolle?
Auf all diese Fragen bietet die Robotik die richtige Antwort, wenn man zum Beginn und beim Einstieg in die Robotik den Fokus auf einfache und überschaubare Anwendungen legt. Bei der richtigen Auswahl einer möglichen Umstellung auf Roboter, werden zum Start leider oft die größten Fehler gemacht. Einfachheit geht vor Komplexität. Wenn man dies berücksichtigt, kann man einen attraktiven Return on Investment (ROI) von unter zwei Jahren durch die gesteigerte Effizienz, die Reduzierung von Ausschuss und die neuen Technologien erzielen.
 

Ängste und Vorurteile

Arbeitsverlust
Ein häufiges Vorurteil gegenüber der Robotik ist der vermeintliche Verlust von Arbeitsplätzen. Viele Mitarbeiter fürchten, durch Roboter ersetzt zu werden. Jedoch zeigen Studien, dass die Einführung von Robotern oft zu einer Veränderung der Aufgabenbereiche führt, anstatt zu Arbeitsplatzverlusten. Zielsetzung sollte sein, dass Roboter monotone Tätigkeiten übernehmen, während menschliche Arbeitskräfte sich komplexeren Aufgaben widmen können. Der Erfolg einer reibungslosen Einführung hängt daher auch von der Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter vor Beginn des Projektes ab, um genau diese Ängste zu nehmen. Zudem werden uns in Deutschland bis 2030 aufgrund des demografischen Wandels vier bis sechs Millionen Facharbeitskräfte fehlen, die dieses Argument ad absurdem führt.

Fehlendes Wissen
Viele Unternehmer fürchten, dass sie nicht über das notwendige Wissen verfügen, um Roboter erfolgreich zu implementieren. Aber genau hier liegt die größte Veränderung in der Robotik der vergangenen Jahre. Alle Roboterhersteller als auch Start-ups aus dem Robotik Umfeld haben erkannt, dass eine einfache Bedienung und Inbetriebnahme durch den Anwender zukünftig gegeben sein muss, um dies Einstiegshürde zu nehmen. Daher sind sogenannte No-Code & Low-Code Anwendungen im Vormarsch, damit keine Robotik und Programmierkenntnisse mehr benötigt werden. Dies gilt insbesondere bei einfachen und schnell umzusetzenden Anwendungen, wie bereits als Empfehlung beschrieben.
 

Lösungen und Ansätze

Flexibilität durch Cobots und Industrieroboter
Cobots bieten eine flexible und kosteneffiziente Lösung für mittelständische Unternehmen. Sie können einfach programmiert und schnell in bestehende Produktionslinien integriert werden und arbeiten als kollaborative Roboter Hand in Hand mit menschlichen Kollegen. Sie steigern so die Effizienz und entlasten die betroffenen Mitarbeiter. Eine Vielzahl von Herstellern bieten hier hervorragende Lösungen.
Es muss aber nicht immer nur ein Cobot sein. Je nach Anwendung entwickeln immer mehr Hersteller als auch Integratoren komplette Applikationszellen für das Schweißen, Palettieren, Maschinenbestücken und viele weitere Standardanwendungen, die mehr oder weniger Plug & Play ready für den Einsatz vor Ort sind. Daher ist die Auswahl des zu automatisierenden Prozesses so wichtig, um dann den richtigen Roboter und Partner wählen zu können.

Mobile Robotik für Logistik
Auch die mobile autonome Robotik zeigt beeindruckende Ergebnisse. Viele Logistikzentren aber auch Industriebetriebe setzen heute bereits autonome mobile Roboter ein, um Lagerbestände zu verwalten und Lieferungen an die Produktionslinie zu beschleunigen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie navigieren selbstständig durch das Lager, transportieren Waren und entlasten so die Mitarbeiter von körperlich anstrengenden Aufgaben, erhöhen die Produktivität und verringern die Fehlerquoten. Die unterschiedlichen Hersteller bieten hier Gabelfahrzeuge, Unterflurfahrzeuge, Routenzüge aber auch eine Kombination von mobilen Robotern mit stationären Cobots an. Je nach Hersteller können diese sowohl Indoor als auch Outdoor oder auch bei schlechten Bodenverhältnissen im Einsatz sein.
 

Inbetriebnahme und Sicherheit

Planung und Integration
Bei der Inbetriebnahme von Robotern sind einige wichtige Punkte zu beachten. Eine sorgfältige Planung sowie eine klare Definition der Aufgaben sind unerlässlich. Zudem ist die Schulung der Mitarbeitenden entscheidend, um eine reibungslose Integration zu gewährleisten. Ebenso die bereits erwähnte Einbindung der Mitarbeitenden vor Start des Projektes. Auch eine enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Integratoren stellen den Erfolg der Robotikprojekte sicher.

Sicherheit
Sicherheit steht bei der Implementierung von Robotern an erster Stelle. Cobots sind so konzipiert, dass sie bei Kontakt mit einem Menschen sofort stoppen, um Verletzungen zu vermeiden, wohingegen für Industrieroboter Sicherheitszäune und Lichtschranken notwendig sind. Eine CE-Zertifizierung, Risikoanalyse und das Beachten der entsprechenden Normen ist hier essentiell. Der Deutsche Robotik Verband mit seinen Sicherheitsspezialisten, der TÜV oder auch die Berufsgenossenschaften können hier unterstützen und informieren.

Ausblick und Zukunft
Die Robotik wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Das kürzlich gegründete Robotik Institute Germany spielt dabei eine wichtige Rolle. Ziel des Instituts ist es, den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis zu fördern und Unternehmen bei der Implementierung von Robotik Lösungen zu unterstützen. Mit der zunehmenden Vernetzung und den Fortschritten in der künstlichen Intelligenz wird die Robotik noch vielseitiger und zugänglicher werden.

Aber auch neue Technologien, wie der humanoide Roboter, vierbeinige Roboter, Drohnen und KI-gestützte Programmierung durch Sprache oder Gestensteuerung wird den Einsatz der Robotik in der Industrie weiter vorantreiben. Die neuen Anwendungsfelder wie die Agrarrobotik, die Robotik auf dem Bau, im Militär und auch das enorme Potential in der Servicerobotik sind hier noch nicht wirklich berücksichtigt worden.

Autor
Helmut Schmid, Gründer von HS Auxilium, und Vorstand des Deutschen Robotikverbands

Kontakt

Deutscher Robotik Verband e.V.

c/o Hochschule Trier, Umwelt-Campus Birkenfeld Campusallee
55768 Hoppstätten-Weiersbach
Deutschland

+49 6782 4009790

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