Einflüsse auf die Stabilität der Profinet-Kommunikation
25.07.2023 - Konzeptionsbedingte Schwachstellen im Netzwerk finden
Profinet hat die seriellen Feldbusse in vielen Maschinen und Anlagen verdrängt. Als Ethernet- basiertes System bietet Profinet deutlich höhere Übertragungsraten und eine große Flexibilität hinsichtlich der Topologie. Zudem können verschiedene Protokolle gleichzeitig auf einer Leitung laufen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Dieses bekannte Sprichwort gilt auch bei Profinet. In der Theorie ist alles trivial: einfaches Engineering, hohe Datenraten, skalierbare Echtzeitfähigkeit, flexible Topologie, jederzeit erweiterbar und eine durchgängige Technologie vom Büro-PC bis zum Sensor. Die IP-basierte industrielle Netzwerke gelten auch als robust gegenüber Störeinflüssen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Stabilität der Netzwerk-Kommunikation leidet, wenn die technischen Grenzen ausgereizt oder überschritten werden.
Auf Ursachensuche für sporadische Profinet-Ausfälle
„Spätestens dann, wenn sporadische Kommunikationsprobleme immer wieder für einen plötzlichen Anlagenstillstand sorgen, ist man in der Praxis angekommen“, so Hans-Ludwig Göhringer, Feldbus- und Netzwerkspezialist bei Leadec. Er und seine Kollegen untersuchen im Rahmen ihrer Troubleshooting-Einsätze regelmäßig Anlagen im Kundenauftrag, um die Gründe für Störungen und Anlagenstillstände zu finden. Im Folgenden werden einige installations- oder konzeptionsbedingte Schwachstellen erläutert, die an den Anlagen immer wieder gefunden werden.
Zu hohe Netzlast
Laut den Profinet-Planungsrichtlinien soll die Grundauslastung im Netzwerk 20 Prozent nicht überschreiten. Selbst wenn das bei der ursprünglichen Planung eingehalten wurde, wird diese Vorgabe bei Umbauten und Erweiterungen häufig nicht mehr beachtet. Kommt zur hohen Netzlast auch noch der Multiprotokollbetrieb, können sich die verschiedenen Protokolle gegenseitig beeinträchtigen. Das kann Latenz- und Verzögerungsprobleme verursachen. Zudem ist es wichtig zu wissen, dass Broadcast- und Multicast-Telegramme zu einem höheren Datenverkehrsaufkommen führen, was ebenfalls zu Problemen mit den Echtzeitdaten bei Profinet führen kann.
Weitere mögliche Störungsursachen:
- mehrere Teilnehmer im Netzwerk mit derselben IP-Adresse,
- gemischter Betrieb von Profinet-Geräten und nicht Standard-Ethernet-Geräten innerhalb eines Netzwerks,
- Teilnehmer zeigen Diagnosemeldungen, die ignoriert werden,
- Verwendung von Standard-Patchkabel statt Profinet-Leitungen,
- Mängel im Erdungskonzept, was zu hohen Schirmströmen führt,
- nicht erkannte Mehrfacherdungen, was zu hohen Strömen vom Minus zum PE führt,
- ESD-Effekte in den Anlagen, was zur Zerstörung der Elektronik führt.
Zukünftige Risiken
Bei der Planung und dem Betrieb eines Profinet-Netzwerks ist auch Industrial Security ein wichtiges Thema. Dazu gehört beispielsweise die fortlaufende Überwachung des Netzwerks auf atypischen Datenverkehr und das plötzliche Auftreten neuer Teilnehmer/IP-Adressen im Netzwerk. Zudem sollten keine Sensoren oder Halbleiter von unbekannten Quellen beschafft werden. In allen Geräten, in denen ein Ethernet-Chip mit Mikrocontroller enthalten ist, kann Schadsoftware enthalten sein.
Autor
Gerhard Bäurle, Freier Technikjournalist, im Auftrag von Leadec
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