Physik Instrumente: Positionierspezialist baut aus und um
20.07.2023 - Physik Instrumente baut seine Produktion seit ein paar Jahren massiv aus. Zugleich steigen Automatisierungs- und Vernetzungsgrad. Doch der Fachkräftemangel bremst die Ambitionen.
Der Spezialist für Positioniersysteme Physik Instrumente baut seine Produktion seit ein paar Jahren massiv aus. Zugleich steigen der Automatisierungs- und Vernetzungsgrad deutlich. Doch der Fachkräftemangel bremst die Ausbaupläne und zwingt das Unternehmen zusätzlich, die Produktion auch in anderen Regionen stärker auszubauen als eigentlich gewollt.
Mit einem neuen Konzept für den Messestand auf der Laser World of Photonics (Hier geht's zum ausführlichen Nachbericht zu Automatica und Laser.) wartete Physik Instrumente (PI) auf. Die neue, klare Dreiteilung in Meeting-, Vortrags- und Ausstellungsbereich ist dabei Ausdruck der wandelnden Ausrichtung des Geschäfts, weg von den Komponenten, hin zu Lösungen. Der inspect bot der neue Messestand, genauer: der Meeting-Bereich, eine Gelegenheit, um darüber sowie über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens mit CEO Markus Spanner und CTO Dr. Markus Czanta ausführlich zu sprechen.
Spanner nannte zwei Argumente für den verkleinerten Ausstellungsbereich: Erstens suchten die Kundinnen und Kunden ohnehin nicht nach einem Positioniersystem an sich, sondern nach einer Lösung für ihre Montage, Qualitätssicherung oder Produktion. Zweitens sei das Portfolio mittlerweile so groß, dass PI so oder so nur einen sehr kleinen Ausschnitt zeigen könnte. Das für den jeweiligen Besucher infrage kommende Produkt ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht dabei.
Lösungen statt Komponenten = Umstellung der Produktion
Dieser Schritt, vermehrt Lösungen für konkrete Probleme der Kundinnen und Kunden anzubieten, führt letztlich zu einer Umstrukturierung der gesamten Produktion, wie Spanner ausführt. „Die Maschinen laufen dann 24/7“, sagt er. Das erhöht die Anforderungen an deren Herstellung: Die Produktion muss dadurch stärker automatisiert werden, auch mittels Software und das Produktdesign muss ebenfalls angepasst werden. Dieser Umstellungsprozess läuft bei PI seit dem Jahr 2021 und soll noch dieses Jahr abgeschlossen sein. Ein wahrer Kraftakt für das Unternehmen und seine rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den Jahren zwischen 2012 und 2020 hat sich die Produktion bei Physik Instrumente „nicht so weiterentwickelt, wie es hätte sein müssen“, räumte CEO Spanner ein. Darum passieren die notwendigen Anpassungen nun eben in sehr kurzer Zeit, fügte er hinzu. Dazu gehören neben neuen Maschinen und Prozessen auch erweiterte Räumlichkeiten: Ende 2022 weihte PI die neue Zentrale in Karlsruhe ein, wodurch 1.000 m2 zusätzliche Fertigungsfläche frei wurde. Zudem wird gerade der Standort Eschbach ausgebaut, wo im Laufe des Jahres 2024 weitere 6.000 m2 für die Produktion entstehen.
An beiden Standorten wuchs beziehungsweise wächst damit der Fachkräftebedarf – in Karlsruhe waren Ende 2022 rund 240 Planstellen frei, in Eschbach sollen im kommenden Jahr 150 Arbeitsplätze entstehen. Diese Lücken zu füllen, ist für PI ein ernsthaftes Problem, wie für viele Unternehmen.
Produktionsausbau im Ausland wegen Fachkräftemangel
Wie groß der Mangel an Fachkräften hierzulande tatsächlich ist, veranschaulicht Markus Spanner in einem Satz: „Wenn ich es in Deutschland nicht schaffe, die Produktion wegen dem Fachkräftemangel hochzufahren, muss ich es eben in anderen Ländern tun.“ Er schiebt gleich hinterher: „Das geht nicht zulasten der deutschen Standorte.“ Aber dennoch: Physik Instrumente überlegt, wegen des hiesigen Fachkräftemangels und der hohen Nachfrage in Regionen außerhalb Europas, seine Produktion auch in Nordamerika und Asien hochzufahren. Die Entscheidung für einen Standort sei aber noch nicht gefallen, sagt Spanner. Jedoch habe die Erfahrung aus China gezeigt, dass es von der Anmietung der Räumlichkeiten bis zum Produktionsstart nur wenige Wochen oder Monate dauern könne.
Starkes Wachstum, aber weniger Marktanteil
Im Geschäftsjahr 2022 erreichte PI einen Umsatz von 282,2 Millionen Euro, was einem Wachstum von rund 16 Prozent entspricht. Diese Steigerung relativiert der Unternehmenschef allerdings: „Die Konkurrenz wächst stärker.“ Letztlich verlor Physik Instrumente also Marktanteile. Auch in dieser Hinsicht soll der noch laufende Transformationsprozess helfen, da dabei nicht nur die Produktionskapazität steigt, sondern die vorhandenen Ressourcen effizienter eingesetzt werden können. Letztlich sei das Problem eben nicht, dass es an Aufträgen fehle, sondern aufgrund des Fachkräftemangels an der Möglichkeit, sie zügig abzuarbeiten.
Daneben ist er sehr zuversichtlich, dass die hohe Nachfrage langfristig anhält: „Die Megatrends Digitalisierung und Gesundheit werden unser Wachstum auch in den nächsten Jahren sicher tragen“, erklärt Spanner. Das war im Jahr 2022 der Fall und sei auch im ersten Halbjahr 2023 zu sehen, ergänzt er.
Kürzere Time-to-Market mit Kooperationen
Noch etwas tiefer in die neue Ausrichtung des Portfolios stieg CTO Dr. Markus Czanta ein. Aus dieser Perspektive helfen beispielsweise auch Kooperationen mit Universitäten und Unternehmen, die Time-to-Market zu verkürzen, ist er sicher. Sie helfen dabei, die Lösungen von PI schneller zu integrieren, indem sie den letzten Schritt der Anwendungsanpassung übernehmen. Zudem, betont Czanta, habe PI ein so breites Angebot an Positioniergeräten und -lösungen – vom Piezopositioniertisch bis zum Hexapoden –, dass sich daraus sehr viele Technologiekombinationen erstellen lassen.
Grundsätzlich geht es Czanta auch darum, in den Dialog zu treten mit potenziellen Kunden und Kundinnen, um mögliche Anwendungen zu identifizieren. „Oft gibt es Unternehmen mit einem Problem, von dem sie nicht wissen, dass es eine Lösung dafür gibt“, erklärt er. An dieser Stelle kommt wieder der zur Diskussion einladende Messestand ins Spiel.
Produktseitig zeigte das Unternehmen Konzepte unter anderem für eine Plattform, die von Magnetfeldern getragen wird und sich in sechs Freiheitsgraden frei im Raum positionieren lässt. Magnetic Levitation, also magnetisches Schweben, nennt PI das. Mit darauf abgestimmten Antrieben und Sensoren lassen sich damit bis in den Pikometerbereich genaue Positionieraufgaben umsetzen. Zugleich spricht der Hersteller von einer dennoch hohen Dynamik. Der große Vorteil an der Magnetschwebetechnologie ist natürlich, dass kein Abrieb von Linearantriebskomponenten entsteht.
Daneben ist Physik Instrumente dabei, seine Controller-Architektur zu überarbeiten im Hinblick auf eine schnellere Inbetriebnahme und Programmierung sowie ein einfacheres Anpassen an individuelle Anforderungen.
Das Tochterunternehmen ACS mit Sitz in Israel arbeitet derzeit an selbstlernenden Algorithmen für die Controller von PI. Ziel ist es, der Steuerungs-Software mittels Machine Learning zu ermöglichen, aus bisherigen Bewegungen Rückschlüsse auf Fehler zu ziehen und damit künftige Positionierfehler zu vermeiden.
Autor
David Löh, Chefredakteur der inspect
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Physik Instrumente (PI) SE & Co. KG
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