Ist eine Mondstation aus dem 3-D-Drucker möglich?
06.02.2023 - Prüfung von per 3D-Druck aus synthetisiertem Mondstaub hergestellten Werkzeugen und Verschleißteilen
Ziel der internationalen Artemis Mondmission ist es, wieder Menschen auf den Erdtrabanten zu bringen. Lithoz, ein Spezialist für technische Keramik in additiver Fertigung, forscht für ein Projekt mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), wie sich Werkzeuge und Baustoffe für eine Mondstation aus Lunar Regolith (Mondstaub) mittels 3D-Druck herstellen lassen. Die Eigenschaften der Bauteile werden mittels Druck- und 3-Punkt-Biegeversuchen geprüft.
Die Vision der Artemis Mondmission ist, über kurz oder lang eine Raumbasis auf dem Mond zu errichten. Das Ziel: Von dort aus weiter ins All vorstoßen und die hohen Kosten des Transportwegs von der Erde zum Mond deutlich verringern. Für den Bau einer Mondstation müssten jede Schraube, jeder Ziegelstein, Zement und jeder Stahlträger dorthin gebracht werden – eine sehr kostspielige Angelegenheit, denn bisweilen kostet es bis zu 54.000 Dollar ein Kilogramm Nutzlast in den Erdorbit zu bringen Die Lösung zur Kostenreduzierung: Lunar Regolith, der auf dem Erdtrabanten zuhauf vorhanden ist. Der Mondstaub könnte nach dem ISRU-Prinzip (in situ ressource utilization) vor Ort als Rohstoff dienen, um daraus für die Mondbasis benötigtes Baumaterial, Werkzeug oder auch Möbel herzustellen. Bei ISRU in der Weltraumforschung geht es darum, die zur Verfügung stehenden Rohstoffe einzusammeln, zu verarbeiten und zu nutzen und somit Materialien zu ersetzen, die ansonsten von der Erde mit hohem und teurem Logistikaufwand importiert werden müssten.
Mondstaub: Prüfungen mit synthetischem Material
In ihrem Projekt Moon Dust befasst sich das Unternehmen Lithoz aus Wien speziell mit diesem Thema – und gilt seit seiner Gründung im Jahr 2011 inzwischen als Spezialist und Weltmarktführer im Bereich additiver Fertigungssysteme für Hochleistungskeramik. Werkstoffingenieure und Materialprüfer von Lithoz, die von den beiden Absolventen der Technischen Universität (TU) Wien und heutigen Geschäftsführern – Johannes Benedikt und Johannes Homa – gegründet wurde, arbeiten an einem Verfahren, um aus synthetisiertem Mondstaub per 3D-Drucker Werkzeug und Verschleißteile zu produzieren. Synthetischer Mondstaub deshalb, da es auf der Erde zwar – von früheren Mondmissionen – rund 400 Kilogramm Mondgestein gibt, dieses aber durch Luft und Feuchtigkeit für heutige Versuchszwecke unbrauchbar ist, da es seine chemische Reaktivität verloren hat. Die Mondregolith-Simulanzien jedoch besitzen ähnliche chemische, mechanische oder technische Eigenschaften wie echter Mondregolith.
Im Rahmen der Lupin-Studie mit der ESA entwickelte Lithoz ein Verfahren, um den Regolith mit ihrer lithographiebasierten Drucktechnologie zu verarbeiten. Beim LCM 3D-Druck wird ein keramischer Schlicker, der fotoreaktiven organischen Binder enthält, mit blauem Licht pixelgenau Schicht um Schicht belichtet und so an den entsprechenden Stellen verhärtet, um sogenannte keramische Grünteile makelloser mechanischer Festigkeit für die weitere Verarbeitung herzustellen. „Unsere LCM-Technologie ist – wenn man auf die Qualität der Ergebnisse Wert legt – führend und der Goldstandard im keramischen LCM-3D-Druck“, erklärt Geschäftsführer Johannes Homa.
Prüfung der Stabilität von Mondstaub in Druck- und 3-Punkt-Biegeversuchen
Noch steht in den Sternen, wann Mondstaub als Basismaterial für Bauteile auf dem Mond dient. Doch wenn es so weit ist, hätte mitunter auch der Ulmer Prüfmaschinenhersteller ZwickRoell Anteil am Projekt, denn in puncto Maschinenentwicklung, Materialienprüfung und Prozessentwicklung arbeiteten die beiden Gründer Benedikt und Homa schon zu Studienzeiten an der TU Wien mit ZwickRoell Prüfmaschinen. „Unsere ersten Gehversuche im Bereich 3D-Druck haben wir an der Hochschule unternommen. Daher kennen und schätzen wir auch die zuverlässigen und präzisen ZwickRoell-Prüfmaschinen“, so Johannes Benedikt, Technischer Direktor (CTO) bei Lithoz. Nicht zuletzt aufgrund dieser Verbundenheit prüften Werkstoffingenieure bei ZwickRoell Mondstaubproben, ob sie sich als Grundmaterial für Werkzeug oder Baustoffe für eine Mondstation eignen. Die zweitägigen Prüfungen umfassten Druck- und 3-Punkt-Biegeversuche mit insgesamt vier im Sinter-Verfahren bei +1.100 °C und +1.200 °C hergestellten Proben. „Für uns stellten die Materialtests mit Regolith ein Novum dar, die wir den speziellen Kundenanforderungen entsprechend aber sehr gut durchführen konnten“, resümiert Tobias Ebner, verantwortlicher Werkstoffingenieur bei ZwickRoell für die Probenprüfungen des Projektes Moon Dust. „Die Bewertung der Prüfergebnisse, ob und inwieweit sich das Material eignet für den Bau einer Mondstation oder es angepasst werden muss, das obliegt jetzt unserem Auftraggeber.“
Bauen und Leben auf dem Mond?
Bis der Bau einer Basisstation auf dem Mond beginne, vergehe zwar noch etwas Zeit. Aber diese werde kommen, ist Homa überzeugt. „Der Bau einer Mondstation wird ein großer Schritt für die Raumfahrt und ein Meilenstein für die Menschheit. Wir bei Lithoz sind bereit, Teil dieser spannenden Reise und Entwicklung zu sein.“ „Wer zum Mond fliegt, kommt an uns nicht vorbei. Als verlässlicher Partner hat uns ZwickRoell eine sehr wichtige Datenbasis geliefert, die uns für diese Mission zentrale Erkenntnisse geliefert hat. Durch ZwickRoell sind wir einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Wir möchten – im wahrsten Sinne des Wortes – nach den Sternen greifen und das Denkbare ermöglichen und weltraummäßig mit unserer Kompetenz umsetzen“, ergänzt Benedikt.
Autor
Daniel Glanz, ZwickRoell GmbH & Co KG
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