Endress+Hauser zieht Bilanz
Zurückhaltende Investitionstätigkeit der Prozessindustrie spürbar
Wenn man die gesamte Branche der Prozessautomatisierung zum Vergleich heranzieht, hat sich die Endress+Hauser Gruppe 2016 gut behauptet. "Allerdings war die Entwicklung der Branche unterdurchschnittlich, was ungewöhnlich ist", so Matthias Altendorf, CEO von Endress+Hauser. Gründe sieht er im vom Privatkonsum getragenen Wirtschaftswachstum. Die Industrie agierte verhalten und schraubte ihre Investitionstätigkeiten zurück. Niedrige Exportzahlen spiegeln diese Entwicklung wider. Der ZVEI schätzt das Wachstum in der PA, bezogen auf den Auftragseingang in lokalen Währungen, auf zwei Prozent. Davon ausgehend, dass diese Aussage stimmt, bewegt sich Endress+Hauser mit seinem Wachstum genau in diesem Bereich. Denn in lokalen Währungen haben die Umsätze der Gruppe um mehr als zwei Prozent zugelegt. In vielen Ländergesellschaften, darunter Italien, Finnland, Irland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz, konnte starkes bis gutes Wachstum verzeichnet werden. Auch der russische und türkische Markt überraschten positiv. Polen, Österreich, Spanien und Norwegen hingegen blieben hinter den Erwartungen. Auch Amerika ist rückläufig, Kanada und Mexiko spüren den Rückgang in Oil & Gas. Erfreulich hingegen ist der Blick nach China. Hier scheint der Umbau der Wirtschaft - weg von einer investitions- und exportorientierten hin zu einer innovationsgetriebenen - bewältigt zu werden und China zurück auf den Wachstumspfad zu finden. Um den Umsatzrückgang in den zyklischen Sektoren Oil & Gas, Chemie sowie Grundstoffe und Metall zu kompensieren, setzte der Vertrieb verstärkt auf azyklische Branchen wie Lebensmittel, Life Sciences, Wasser & Abwasser sowie (mit Ausnahme Deutschlands) Kraftwerke und Energie.
In Zahlen: Der Nettoumsatz ging 2016 um 0,2 Prozent auf 2,139 Milliarden Euro zurück. „Die Fremdwährungen haben bei uns im vergangenen Jahr für Gegenwind gesorgt“, so Matthias Altendorf. Wechselkurseffekte drückten den Umsatz um 50 Millionen Euro. „In lokalen Währungen haben unsere Verkäufe um 2,1 Prozent zugelegt.“ Auch in Schweizer Franken, der eigentlichen Berichtswährung der Dachgesellschaft, stieg der Umsatz um 2,2 Prozent.
Hohe Investitionen, leichtes Beschäftigungswachstum
Weltweit investierte Endress+Hauser im vergangenen Jahr 148,8 Millionen Euro in neue Gebäude und Anlagen. Abgeschlossen wurde der Ausbau des Kompetenzzentrums für Durchflussmesstechnik im schweizerischen Reinach, mit 49,5 Millionen Franken das größte Vorhaben. In den nächsten Jahren wird der Standort für Füllstand- und Druckmesstechnik im süddeutschen Maulburg Zug um Zug erweitert. 40,5 Millionen Euro sind dafür veranschlagt.
„Wir investieren weiter in die Menschen“, sagte Matthias Altendorf. Die Zahl der Beschäftigten hielt das Familienunternehmen stabil. Allen Auszubildenden wurden Stellen angeboten. 13.003 Menschen arbeiteten Ende 2016 für Endress+Hauser, 51 mehr als ein Jahr zuvor. Der tatsächliche Zuwachs liegt höher, da bei Analytik Jena durch den Verkauf des Bereichs Optics mehr als 100 Stellen wegfielen. Das Tochterunternehmen fokussiert nun ganz auf analytische Instrumente und bioanalytische Systeme.
Endress+Hauser bündelt Aktivitäten für Industrie 4.0
„Der Markt bestätigt uns in unserer Analysestrategie“, sagte Matthias Altendorf. Die Nachfrage nach modernen Analysatoren stieg deutlich, das Arbeitsgebiet der Flüssigkeitsanalyse entwickelte sich stark. „Dies entspricht dem Bedürfnis unserer Kunden, die Produktqualität im laufenden Prozess zu messen.“
Zu der im vergangenen Jahr ausgerollten Strategie 2020+ passt auch die Übernahme der SensAction AG Anfang 2017. Die Firma mit Sitz im bayrischen Coburg stellt innovative Systeme zur Messung von Konzentrationen in Flüssigkeiten her. Den Herausforderungen durch die Digitalisierung begegnet Endress+Hauser durch eine Bündelung der Aktivitäten. Eine neue Tochterfirma im deutschen Freiburg im Breisgau arbeitet ausschließlich an Produkten, Lösungen und Dienstleistungen für die Industrie 4.0.
Die Bedeutung des Themas Digitalisierung zeigt sich auch im wachsenden Anteil an den Patentanmeldungen. Die Zahl der Erstanmeldungen belief sich 2016 auf 273; mehr als 7.000 aktive Patente umfasst damit das Schutzrechteportfolio. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung kletterten auf 7,8 Prozent des Umsatzes. 64 neue Produkte brachte Endress+Hauser auf den Markt. „Wir investieren in Innovationen für unsere Kunden“, so der CEO.
Politik macht Zukunft schwer planbar
Für das laufende Jahr hat sich Endress+Hauser ein einstelliges Plus im Nettoumsatz vorgenommen, dazu will das Unternehmen die Rentabilität verbessern. 161 Millionen Euro sollen in neue Gebäude und Anlagen fließen, weltweit bis zu 150 Stellen neu entstehen. „Derzeit liegen wir im Auftragseingang über Budget“, berichtete Matthias Altendorf. "Denn nicht nur in den azyklischen Branchen hat sich das Geschäft belebt, auch in den zyklischen läuft es wieder besser für uns." Die größte Gefahr für eine positive Entwicklung sieht er im politischen Umfeld, "denn das beschert uns so viel Unsicherheit, wie schon lange nicht mehr." Hier spielt nicht nur die neue amerikanische Regierung hinein, auch die Terrorgefahr und geopolitische Spannungen wirken hier ein.
"Wir können nur hoffen, dass die Vernunft die Oberhand behält und sich die gemäßigten politischen Kräfte durchsetzen. Unter dieser Prämisse sind wir verhalten optimistisch, dass die Firmengruppe 2017 wieder nachhaltig wachsen kann."
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