Wachendorff Prozesstechnik: Leibniz Labor für Altersbestimmung nutzt Temperaturregler zur Moorleichenuntersuchung
14.06.2012 -
Torfstecher entdecken im Jahr 2000 im Großen Uchter Moor in Niedersachen eine weibliche Leiche. Schrumplig und ledern sind die Hautfetzen. Die Kriminalpolizei wird eingeschaltet. Alle Anzeichen deuten auf ein vermisstes Mädchen aus dem Jahr 1969 hin, bis im Jahr 2005 in unmittelbarer Nähe des ersten Fundortes im Moor eine abgetrennte geschrumpfte Hand gefunden wird. Jetzt werden Archäologen hinzugezogen und die untersuchen die Moorleiche gründlich. Dazu zählt eine genaue Altersbestimmung.
Die wird im Leibniz Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der Universität in Kiel mittels einer C14-Datierung vorgenommen. Alles was nicht älter als 50.000 Jahre ist, kann so sehr genau datiert werden. Die Proben, die für diesen physikalischen Prozess benötigt werden, sind nicht sehr groß, müssen aber für die Datierung aufbereitet werden. „Eine wichtige Voraussetzung für die Aufbereitung der Proben ist das sehr genaue und stabile Regeln der Temperaturen bei etwa 600 °C“, sagt Prof. Dr. Pieter M. Grootes, der Leiter des Leibniz Labors.
Die Probenaufbereitung ist sehr arbeitsintensiv. „Wir haben das Problem, dass ein Bearbeitungsschritt zehn bis zwölf Stunden in Anspruch nehmen kann“, sagt Harald Hermanns von der Elektronikentwicklung des Labors. Insgesamt braucht jede Probe zwei bis drei Wochen, bis sie aufbereitet und durchgemessen ist. Dieser Prozess kann durch Automatisierung verbessert werden. „Es könnten mehr Proben durchgesetzt und die Mitarbeiter von Routinearbeiten entlastet werden“, erklärt Hermanns.
Als erstes hat der Entwickler die Temperatursteuerung für die Reduktionsöfen mit PIDTemperaturreglern der Wachendorff Prozesstechnik modernisiert. „Die existierende Steuerung ist nach zehn Jahren nicht mehr auf dem neuesten Stand und lässt sich nicht ohne Weiteres automatisieren“, erklärt Hermanns. Mit den neuen Komponenten werden mehrere Fragestellungen gleichzeitig geklärt.
Platzprobleme gibt es mit den Geräten im 48 x 48 mm Format keine mehr. „Wir brauchen verschiedene Temperaturen, die wir einstellen können – 450 und 600 °C – die müssen sehr einfach umschaltbar sein. Die neuen Temperaturregler haben zwei vorwählbare Temperaturen, die mit einem einfachen Schalter oder über den Computer umzuschalten sind – das ist eine Eigenschaft die wir so nur bei Wachendorff gefunden haben“, beschreibt Hermanns.
Zudem können diese Regler über einen seriellen Bus – RS202 oder RS485 – Daten aus- oder einlesen. Die neue Temperatursteuerung des Labors ist modular aufgebaut. Defekte können so durch Austausch der Komponenten schneller behoben werden. „Das war mit der alten Steuerung so nicht möglich. Hinzu kommt, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit der Wachendorff- Komponenten sehr gering ist. Diese Regler sind in der Industrie tausendfach bewährt und ausgereift. Warum also etwas selbst entwickeln, wenn man ein bewährtes, industrierobustes und fertiges Teil kaufen kann“, beschreibt Hermanns.
Temperaturregler PID T48 ist ein Alleskönner
Der kleine Temperaturregler PID T48 ist ein Alleskönner. Mit einem neu entwickelten Thermo-ASIC ausgerüstet, werden moderne Programmier-, Bedien- und Kontrolltechnologien in einem für den rauen industriellen Einsatz konzipierten Gehäuse realisiert. Die Prozessparameter können über die Selbstoptimierung ermittelt und dann leicht abgeändert werden.
Der Bediener wird laufend über den Istwert informiert. Die zweite Anzeige erlaubt auf Knopfdruck die Anzeige von Sollwert, prozentualer Ausgangsleistung oder der Abweichung. Der T48 besitzt einen neu entwickelten Rechenalgorithmus, mit dem der Sollwert besonders schnell angefahren und das Überschwingen minimiert wird. Die Ausgangsplatine lässt sich einfach wechseln.
In Zukunft auch Bediengeräte
„Zukünftig sollen auch Bediengeräte von Wachendorff im Leibniz Labor zum Einsatz kommen“, verrät Harald Hermanns. Prinzipiell lassen sich die gesamten Reduktionsanlagen über zwei Panels steuern. Die Mitarbeiter brauchen dann nicht mehr ständig die einzelnen Geräte zu überwachen, sondern können dies bequem zentral an ihrem Computer machen. Auch für ihn, den Entwickler und Instandhalter, wird das Arbeiten in Zukunft etwas einfacher, meint er: „Mit einer Fernüberwachung können Fehler im System sofort zentral erkannt und notwendige Maßnahmen eingeleitet werden.“
Das Leibniz Labor der Universität in Kiel konnte übrigens eine Sensation nach der Untersuchung der Leiche aus dem Großen Uchter Moor vermelden. Die Leiche stammt aus dem Zeitraum zwischen 764 und 515 v. Chr. Damit handelt es sich bei ihr nicht nur um den ersten Moorleichenfund auf niedersächsischem Gebiet seit über 50 Jahre, sondern auch um die älteste aller Radiokarbon datierten Moorleichen, die bisher in den Mooren Nordwestdeutschlands gefunden werden konnte.