Hannover Messe: Von Leitmessen und Hamburgerläden
06.06.2012 -
Hannover Messe: Von Leitmessen und Hamburgerläden. Immer noch ist die Hannover Messe neben der CeBit die bekannteste deutsche Messe im In- und Ausland und ein Gütesiegel für „Made in Germany". Jedes Jahr ziehen daher im April Horden von Ausstellern und Journalisten gen Norden. Dabei ist es mit der Hannover Messe wie mit McDonalds & Co.: Alle gehen hin, und keiner weiß warum. In Hannover findet man eine Vielzahl unterschiedlichster Messen vor, die sich alle gerne mit dem Wörtchen „Leitmesse" schmücken - wobei die Frage erlaubt sei, was die Definition einer Leitmesse ist?
Die angebliche Leitmesse in Sachen Prozessautomatisierung, die Interkama, fängt zum Beispiel bereits jetzt an zu schwitzen, wenn sie an ihr nächstes Zusammentreffen mit der Achema denkt. Und was ist eine Prozess-Leitmesse eigentlich wert, wenn praktisch kein Hersteller dort mit
seinen Leitsystemen vertreten ist? Die Leitmesse Factory Automation zieht im Vergleich zum inzwischen sehr großen Bruder in Nürnberg, der SPS/IPC/Drives, den Kürzeren. Sucht ein Besucher die klassische Sensorik, ist er sicherlich besser beraten, seine Suche in Nürnberg auf
der Sensor+Test zu starten als in Hannover.
Robotik und Bildverarbeitung sind seit längerem aus Hannover in Richtung Süden entschwunden und haben endgültig in Stuttgart (Vision) beziehungsweise München (Automatica) ihre Heimat gefunden. Bleibt noch das Thema Gebäudeautomation, und das ist, bei genauerem Studium
der Aussteller- und Besucherzahlen in Hannover, eher als Randthema statt als Leitmesse zu kategorisieren. Bereits jetzt kann gewettet werden, ob im nächsten Jahr die Besucherzahlen der Light & Building in Frankfurt über denen von Hannover liegen.
Um es aber der ehemaligen Weltlichtschau, die ja bekanntlich in Hannover das Licht der Welt erblickte, nicht zu einfach zu machen, wird daher
bereits wieder über die Einführung des Messesamstags auf der Hannover Messe diskutiert. Fakt ist, dass die Deutsche Messe bereits die erste Runde gegen Frankfurt verloren hat. So findet 2008 die Hannover Messe erstmalig zwei Wochen nach der Light & Building statt, und nicht wie bisher zeitgleich. Dabei haben sicherlich die Wünsche der Aussteller eine Rolle gespielt, die nicht länger gleichzeitig auf zwei Hochzeiten tanzen wollten, aber es zeugt nicht von der Stärke einer eingeführten Messe, wenn der Veranstalter seinen Termin verschieben muss, während der „Rookie" aus Frankfurt an seinem Termin festhalten darf.
Letztendlich bleibt die entscheidende Frage, was den Besucher aus dem Süden nach Hannover ziehen soll, wenn er doch die wirklichen Leitmessen direkt vor seiner Tür hat. Solange es der Deutschen Messe nicht gelingt, diesen potentiellen Besuchern zu vermitteln, warum die Hannover Messe mehr ist als nur die Summe ihrer (Leit-)Messen, darf sie sich nur mit einem Titel schmücken: den der erfolgreichsten Regionalmesse Nord mit
asiatischem Einschlag. In diesem Sinne - auf nach Norden.
Dr.-Ing. Peter Ebert