Harting: hybrides Push- Pull Steckverbinder Konzept geschaffen

28.04.2012 -

Wo Ethernet, von der Office-IT kommend, immer weiter in alle Automatisierungsbereiche wandert, wird zu oft vernachlässigt, dass es in den Umgebungsbedingungen und Installationskonzepten erhebliche Unterschiede gibt. Was für das Office als Power-over- Ethernet (PoE) mit RJ 45 Steckverbinder unbestritten Relevanz hat, braucht in der Maschine andere Konzepte.

Für Harting ist es daher eine Herausforderung, für die Installation in der Maschine einen vergleichbaren Schritt zu gehen wie es PoE in der Office-IT darstellt. Hierzu wurde ein hybrides Push- Pull Steckverbinder Konzept geschaffen, das 24 V Power und Ethernet Kommunikation kombiniert. Die große Resonanz auf Anwenderseite bei den ersten Anwendungen für dezentrale Steuermodule bzw. HMIs, belegen den Erfolg dieses Installationskonzeptes.

Die Theorie – Kombination von Spannungsversorgung und Kommunikation zur hybriden Installation

A: in der Office IT

Das Thema der hybriden Versorgung von Geräten ist nicht neu. Klassisch war die Telefonie immer eine Kombination von Kommunikation und Spannungsversorgung. Die für die Geräte benötigten Leistungen konnten ohne zusätzliche Überdimensionierung der Verkabelungsinfrastruktur aufmoduliert werden. Bei den Kommunikationsnetzwerken verlief die Geschichte anders. Die typischen Geräte (Terminals oder Arbeitplatzrechner) benötigten immer eine Leistung, die über die Kommunikationsleitungen nicht zur Verfügung gestellt werden konnte.

Erst im Zuge der Konvergenz von IT und Telefonie wurde es notwendig, auch Telefone über die Kommunikationsleitungen zu versorgen. Im Zuge dieser Versorgung stellte man fest, dass es immer mehr Geräte gibt, deren Installationsaufwand und deren Verfügbarkeit sich massiv steigern lässt, wenn eine Versorgung über die Kommunikationsleitungen erfolgt (z. B.: WLAN Access Points).

Die Telefonie hat in der Installation aber vor allem in der Verfügbarkeit neue Anforderungen gestellt. Diese sollte im Bereich 99,9999 % sein, was einem Ausfall von 5 Min/Jahr entspricht. Die Verfügbarkeit an die 250 V Versorgung über ein Steckernetzteil zu koppeln, ist dabei nachteilig, da die 250 V Versorgung üblicherweise nicht aktiv administriert und diagnostiziert wird und eine Verfügbarkeit damit unkalkulierbar ist.

B: in der Maschinen-Automatisierung

Analog kann die Automatisierung betrachtet werden. Im Zeitalter der 24 V Technologie war die separate Versorgung von Aktoren nicht notwendig. Erst die über den Feldbus angeschlossenen dezentralen I/O-Geräte benötigten diese separate Versorgung, die über die Kommunikationsverbindungen nicht zur Verfügung gestellt wurde. Dass die 24 V Versorgung separat ausgeführt wurde, war zumeist durch die Topologie begründet. In einer anlagentypischen Linientopologie stellt die hybride Speisung hohe Anforderungen an das Engineering, denn es müssen der Spannungsabfall und die Summenströme von vielen Teilnehmern betrachtet werden.

Das Thema Ethernet hat heute zu einer Neubewertung der Topologien geführt. Und spätestens jetzt wurde klar, dass die für den Feldbus typische Linientopologie für Maschinen um die als ehemals konservativ abgelehnte Sterntopologie erweitet werden muss. Die Ablehnung der Sterntopologie hatte Ursachen, die beinahe als historisch gewachsen bezeichnet werden können und durch die Feldbustechnologie, spezielle Applikation und generelle Automatisierungstrends begründet waren, heute aber vielfach nicht mehr relevant sind.

Bei den Feldbustechnologien wie Interbus oder Profibus waren Sterntopologien nur mit technisch – und damit verbunden – wirtschaftlich hohem Aufwand realisierbar. Die Sterntopologie benötigt ein zusätzliches aktives Gerät, den Sternkoppler, der in der Linientopologie des Profibus nicht notwendig ist. Darüber hinaus wurden die Feldbusse über die Applikationen der Automobilproduktion etabliert.

Diese Anlagen haben zumeist einen Aufbau, der eine Linientopologie stark begünstigt, man denke nur an Fördersysteme im Karosserierohbau. Für diese Anwendungen waren die Feldbusse optimiert. Eine weitere Begründung ist im Automatisierungstrend der Dezentralisierung zu finden: Es herrschte in den 90er Jahren förmlich ein Dogma der IP 65/67 schaltschranklosen Dezentralisierung. Hier hat sich gezeigt, dass kein „entweder oder“ sondern nur eine Koexistenz von IP 20 Schaltschrankaufbau und dezentralen IP 65/67 Geräteaufbau Sinn macht.

Betrachtet man eine räumlich nicht stark ausgedehnte Werkzeugmaschine, so gibt es zwar eine Modularisierung, die Einzelmodule sind aber zumeist konventionell mit einem „dezentralen“ Schaltschrank aufgebaut, von dem aus in Sterntopologie intelligente Sensoren und Aktoren angeschlossen werden. Die Sterntopologie entspricht hier in idealer Weise dem Aufbau der Maschine.

Was hat Sterntopologie mit hybrider Speisung von dezentralen Geräten zu tun?

Der Zusammenhang ist im Engineering zu sehen, denn die Sterntopologie macht eine hybride Einspeisung einfach. Von einem zentralen Sternpunkt wird jeweils ein Gerät angeschlossen. Die Stromversorgung über das hybride Kabel kann sich also auf das Einzelgerät beschränken. Der Spannungsabfall ist unproblematisch und kann, wenn notwendig, intelligent kompensiert werden. Die Leitungsquerschnitte bleiben klein. Das führt zu dünnen Kabeln und kleinen Steckverbindern. Hierfür hat Harting ein Konzept für die Installation in der Maschine entwickelt.

Die Praxis – Ethernet Maschineninstallation mit PushPull Hybrid Steckverbinder

Die Herausforderung ist es System-, Installations- und Geräteanforderung in einem Vernetzungskonzept zu vereinen. Nur ein Hersteller, der mit Systemverantwortlichen, Anwendern und Geräteherstellern die intensive Kommunikation sucht, kann solche Standards definieren. Mit dem PushPull Konzept konnte man bereits in der Vergangenheit einen Standard setzen. Nach dem Installationskonzept für Produktionsanlagen der deutschen Automobilproduzenten mit dem Han PushPull geht es nun in die nächste Runde der Konzepte für die Maschineninstallation.

Der Wechsel der Kommunikationstechnologie hin zu Ethernet bietet heute die Möglichkeit, die Maschineninstallation signifikant zu vereinfachen. Trägt man den Anforderungen einer Serienmaschine von geringer räumlicher Ausdehnung Rechnung, so werden einzelne intelligente Geräte in geringem Abstand um eine zentrale Steuerung angeordnet. Die höchste Effizienz und beste Performance hat in diesen Fällen die Sterntopologie.

Die Spannungsversorgung der Komponenten in einer hybriden Sterntopologie unterscheidet sich grundsätzlich von einer Linienoder Ring-Topologie. Da eine Kaskadierung im Stern entfällt, kann die Stromtragfähigkeit dem Einzeldevice angepasst werden. In der Sterntopologie einer Maschine sind 5 A ausreichend. Diese Reduzierung ermöglicht optimale Hybridsteckverbinder. Harting hat hierzu einen Powersteckverbinder entwickelt, der auch die Ethernet-Kommunikation überträgt: den Push- Pull Hybrid. Dieses System kommt zudem der Anforderung der Gerätehersteller nach Miniaturisierung nach, Steckverbinder auch in kleine Geräte zu integrieren.

Betrachtet man die Topologie einer Maschine, so ist neben den passiven Netzwerkkomponenten auch immer zum intelligenten Management des Netzwerks eine entsprechende aktive Komponente notwendig. Hierzu wurden so genannte Maschinenverteiler in Hybridtechnologie entwickelt. Erste Konzepte, die im Markt viel Resonanz fanden, wurden auf der SPS/IPC/ Drives 2007 vorgestellt. Die passiven Verkabelungskomponenten können bei Nutzung von Standard-Ethernetphysik der IEEE 802.3 zumeist unabhängig vom Automatisierungsprofil ausgeführt werden.

Hier wurde bereits ein breites Spektrum an Gerätesteckverbindern, Systemkabeln und Wanddurchführungen aufgebaut. Im zweiten Schritt zum Gesamtsystem wird auf die spezifischen Anforderungen der Automatisierungsprofile Rücksicht genommen. Die aktiven Netzkomponenten, die im Kern einen Switch darstellen, brauchen die Spezifika des Automatisierungsprofils, damit einerseits das Engineering durch Integration über Gerätebeschreibungen wie z. B. GSDML (Profinet), aber auch der Betrieb durch einfache Diagnose ermöglicht wird. So kann die Verfügbarkeit des Netzwerks durch aktives Management der 24 V verbessert werden.

Erste Anwendungen für den hybriden Push- Pull Steckverbinder sind beispielsweise I/O Module, Drehgeber, Servomotoren, Bedienterminals, Anzeigen und Industrie-PC. Von besonderem Vorteil ist hier die Halbierung der Schnittstellen, der Verkabelung und des Bauraums direkt am Gerät.

Kombination bringt Nutzen

Und hier schließt sich wieder der Kreis von Maschinen-Automation und Office IT, denn auch in der Maschine bringt die Integration der 24 V neben vielen Installationsvorteilen auch einen Verfügbarkeitsvorteil. Die Geräteversorgung findet über ein einheitliches Medium statt. Zwar unterscheiden sich die Ausführung von PoE- und hybrider Installation in der Maschine, der generelle Nutzen aber nicht.

 

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2025 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2025 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon