Messtechnische Lösungen für vernetzte Produktionsanlagen
14.11.2014 -
Bei der Umsetzung neuer Fertigungskonzepte - vor allem in Hinblick auf Industrie 4.0 - nimmt die Wahl des passenden messtechnischen Systems eine Schlüsselrolle ein. Denn nur mit Messtechnik, die mit den heutigen und zukünftigen Produktionssystemen mithalten kann, ist eine lückenlose Qualitätskontrolle sowie eine effiziente Produktion möglich.
Dass Verbraucher nach Produkten mit neuen Funktionen und ansprechendem Design verlangen, zeigen die Modelloffensiven der Automobil- oder Handyhersteller. Die Produktlebenszyklen werden dadurch immer kürzer - waren es vor einigen Jahren noch fünf bis sieben Jahre, sind es heute zwei bis drei. Für die Entwicklungsabteilungen und später die Produktionsplanung heißt das, bestehende Verfahren schnell weiter- oder neu zu entwickeln. Diese Masse an Aufgaben kann allerdings nur bewältigt werden, wenn möglichst viele Schritte automatisiert werden können.
Produktentwickler und Produktionsplaner suchen daher flexible Systeme, in die zum einen neue Technologien leicht zu integrieren sind. Zum anderen sollten sich die Mitarbeiter nicht jedes Mal neu einarbeiten müssen.
Die Herausforderung besteht nun darin, mit vorhandenen Methoden und Mitteln flexibel auf die Marktanforderungen zu reagieren. Wichtig sind dabei die Simulation und Auslegung von Produkten. Diese theoretisch ermittelten Daten und Bauteile müssen stets mit realen, seriennahen Prototypen getestet werden. Dazu zählen Belastungs-, Funktions-, und Ermüdungstests. Die Bauteile werden dabei mechanischen und physischen Belastungen unterzogen und es wird ein möglichst praxisnaher Lebenszyklus simuliert. Zu den mechanischen Belastungen zählt das Aufbringen von Kräften, Drücken, Dehnungen und Drehmomenten. Unter dem Einfluss von Temperatur kann der Test von Jahren in wenigen Stunden simuliert werden.
Gesamtkonzept für Sensorik und Messdatenerfassung
Sowohl für die Entwicklung wie auch für die Produktion selbst bietet HBM ein integriertes Konzept für Sensorik und Messdatenerfassung. Neben geeigneten Sensoren bildet die Messelektronik das Herz dieser Messkette für die Produktion. Bestehende Systeme sind oft nicht in der Lage, die Datenmengen moderner und hochdynamischer Produktionslinien zu bewältigen. Datenübermittlung in Echtzeit, hohe Rechenkapazitäten und eine einfache Parametrierung und Visualisierung der Messdaten für unterschiedliche Gruppen von Mitarbeitern und Bedienern sind aber wichtige Voraussetzungen für den Einsatz eines solchen Messsystems.
Das HBM-Messverstärkersystem PMX für den Einsatz in der Produktionsüberwachung und in industriellen Prüfständen kann gleichermaßen für Entwicklungs- und Produktionsaufgaben genutzt werden. Eine abteilungsübergreifende Plattform ermöglicht effizientere Strukturen und kürzere Time-to-Market-Zeiten. Zudem ermöglicht PMX die effiziente und präzise Erfassung von Kraft, Drehmoment, Vibration, Druck, Dehnung, Temperatur, Spannung, Strom, Frequenz, Drehzahl, Drehwinkel, Drehrichtung und vieler anderer Messgrößen. Alle Kanäle werden 38.400-mal pro Sekunde abgetastet. Mit seinen 16 Messkanälen und 32 internen Berechnungskanälen erreicht das System damit eine Summenabtastrate von bis zu 400.000 Werten pro Sekunde.
Um Werte wie Kräfte, Dehnungen und Temperaturen zu messen, bietet HBM ein umfangreiches Portfolio an Sensoren, die in Bauform und Messbereich variieren, sodass dem Nutzer für die Tests jeweils ein passender Sensortyp zur Verfügung steht. Die Sensorsignale müssen präzise gemessen und gespeichert werden. Die Messung reicht dabei von kleinen Teilbereichen bis hin zu den Maximalkräften. Dies kann nur durch Messverstärker erfolgen, die eine hohe Signalauflösung (24 Bit) und eine unempfindliche Wandlereingangsstufe besitzen. Dazu empfiehlt sich das Trägerfrequenzmessverfahren (TF), dass das Messsignal einer Trägerfrequenz aufmoduliert und dann erst verstärkt. Damit werden systembedingt Störeinflüsse wie Netzbrummen und Thermospannungen eliminiert. Die Messsysteme müssen alle benötigten Messsignale der Sensoren zeitsynchron erfassen können, das heißt sie müssen auf den Anwendungsfall zugeschnitten sein. Dies wird mit dem flexiblen und modularen Bestückungskonzept des PMX-Messverstärkers erreicht. Es lassen sich genau die Messkarten bestücken, die für die Sensoren benötigt werden.
Dabei werden alle Messkanäle, unabhängig von der Ausbaustufe, mit einer Abtastrate von 19.200 Hz parallel erfasst. Das gesamte Messsystem ermöglicht so eine Gesamtleistung von 400.000 Messwerten pro Sekunde, die mit herkömmlichen SPSen nicht erreicht werden kann.
Die Sensoren können mit einem Transducer Electronic Data Sheet (TEDS) ausgestattet werden, sodass der PMX-Messverstärker nach dem Anstecken der Sensoren automatisch die Sensorkennwerte überträgt und seine Messeingänge damit parametriert. Damit kann viel Zeit eingespart und die Fehlparametrierung verhindert werden. Werden Sensoren ohne TEDS eingebunden, erfolgt die Parametrierung der Messverstärker über den Webserver, der im PMX integriert ist. Der Anwender hat nun mehrere Möglichkeiten, je nachdem wie er seine Tests und später seine Produktion ausgestalten möchte. In allen Fällen steht ihm PMX aber immer als Test- und später als Produktionssystem zur Verfügung. Prüfprogramme oder auch Teile davon können von der Produktentwicklung in die Produktion übernommen werden. Es wird jeweils auf das gleiche System zugegriffen.
Anwender und Anlagenbediener können mit PMX den Benutzerkomfort der Software- und Bedientechnologie für mobile Endgeräte nun auch für die Mess-und Prüftechnik nutzen. Standardisierte Schnittstellen ermöglichen zudem, bequem auf alle Geräteparameter für Konfiguration, Bedienung und Analyse zuzugreifen. Drei verschiedene Benutzerebenen mit entsprechenden Rechten garantieren maximalen Schutz vor unberechtigten Zugriffen auf PMX und alle Prozesse. Umständliche und fehleranfällige Software-Installationen entfallen damit, die Kombination von Ethernet-Technologien und Internet ermöglicht eine kostengünstige Fernwartung. Unter http://pmxdemo.hbm.com kann weltweit über das Internet auf ein Testgerät bei HBM live zugegriffen werden.
Messdatenanalyse und Qualitätssicherung durch PC-Software
Das Software-Profiwerkzeug für den Messtechniker Catman Easy/AP von HBM unterstützt ab Version 3.4 auch das PMX-Messsystem. So kann das System schnell über eine erweiterbare Sensordatenbank parametriert werden. Messungen werden bei Inbetriebnahmen und auch später zur Qualitätskontrolle visualisiert und aufgezeichnet. Der integrierte TEDS-Editor ermöglicht das Lesen und Schreiben von TEDS-Inhalten in Sensoren, die mit entsprechendem Chip ausgestattet sind. Umfangreiche Analysemöglichkeiten und der Aufbau individueller Bedien- und Visualisierungsebenen werden ermöglicht. Start- und Endbedingungen von Messaufgaben lassen sich grafisch parametrieren. In unterschiedlichen Formaten wie BIN, RPCIII, MAT, ASCII oder XLS können die Messdaten zur Qualitätssicherung gespeichert und jederzeit analysiert werden.
Ist die Messtechnik Bestandteil einer komplexeren Anlage, muss PMX in das Gesamtanlagen- beziehungsweise Maschinenkonzept integriert werden. Das kostenlose Treiberpaket ermöglicht mittels .NET API (C++, C#, VB.NET) die Integration in LabView oder die eigene Software. Mit diesen weltweit verbreiteten Software-Tools können anwendungsspezifische Lösungen leicht und effizient erstellt und gewartet werden.
Automatisierungskonzepte für eine schnelle Prozessbearbeitung
Ein Automatisierungsgerät muss heute in der Lage sein, möglichst viele Arbeitsschritte und Arbeitsabläufe schnell und fehlerfrei abzuarbeiten. Zudem sollte der Anlagenbediener durch eine möglichst einfache Bedienung, Visualisierung und Diagnose in der Lage sein, effizient und kostensparen zu arbeiten.
Dazu wurden drei Automatisierungslösungen implementiert:
- Das Erfassungsgerät als Messdatensammler: Messdaten werden schnell, präzise und störsicher eingesammelt. Die TEDS-Sensorerkennung vereinfacht die Verstärkerkonfiguration und den Messbetrieb. Über den Messwertstaus kann kanalweise die Diagnose erfolgen und bei Störungen gezielt vor Ort oder remote eingegriffen werden.
- Interne Berechnungskanäle: Um ein Automatisierungssystem stabil zu betreiben, dürfen die Übertragungskanäle nicht „verstopft" werden. Das bedeutet, dass möglichst viele Messdaten dezentral vorverarbeitet werden sollten. Dazu verfügt PMX über 32 interne Berechnungskanäle. Diese erledigen in Echtzeit Überwachungs- und Regelfunktionen. Die Signale können PMX-intern weiterberechnet oder auch über Analogausgänge oder schnelle, Ethernet-basierte Feldbusse an das Automatisierungssystem ausgegeben werden. Damit wird die Maschinen-/Anlagensteuerung nicht überlastet und es können kurze, schnelle Regelzyklen erreicht werden.
- Echtzeit-Steuerungssystem: Soll nicht nur eine Datenvorverarbeitung, sondern auch eine komplette Ablaufsteuerung realisiert werden, genügen Berechnungskanäle nicht mehr. Dafür wurde eine Soft-Steuerung Codesys V3 in das PMX integriert. Diese arbeitet nach der weltweit gültigen SPS-Norm IEC61131-3. Mit der Software-Suite für die Automatisierungstechnik findet man alles, was man zur Programmierung, Feldbus- und E/A-Konfiguration, Visualisierung, Motion Control und weiteren Aufgaben benötigt. Ferner können eigene Plug-Ins für Speziallösungen erstellt werden. Basis der Codesys-V3-Software-Plattform ist das Programmiersystem IEC 61131-3, alle Programmiersprachen dieses Systems werden unterstützt.
Mit PMX mit Codesys V3 kann die Anwendung automatisiert und gleichzeitig in Echtzeit angezeigt und bedient werden. Die passende Web-Visualisierung wird in der Codesys-Software erstellt und läuft zusammen mit der Applikation im PMX. Über die Ethernet-TCP/IP-Schnittstelle des PMX kann die Visualisierung auf allen browserbasierten Geräten genutzt werden. Vielfältige Anschlüsse entfallen zugunsten einer durchgängigen und platzsparenden Verkabelung.
Industrie 4.0 mit PMX
Industrie 4.0 fokussiert die Fertigung intelligenter Produkte, Verfahren und Prozesse. Dabei unterstützt die Internetvernetzung den Produktionsprozess. PMX beinhaltet mit seinen internen Berechnungskanälen bereits diese intelligenten Funktionen. Das cyber-physikalische System ermöglicht so eine intelligente Fabrik und Infrastruktur. Durch die integrierten Diagnosemöglichkeiten können Wartungsprozesse gesteuert und Serviceeinsätze beispielsweise besser geplant werden.
Basis dazu ist die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit durch Vernetzung - eine Kernforderung von Industrie 4.0. Durch die Verbindung von Mensch und Systeme entstehen so dynamische, echtzeitoptimierte und selbst organisierende, unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke. Diese lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien, wie zum Beispiel Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch, optimieren.
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