Der Einfluss des Emissionsgrades auf die berührungslose Temperaturmessung und das Plancksche Strahlungsgesetz
Wie eine Emissionsgradfehleinstellung die Messgenauigkeit beeinflusst
Es gibt heiße Objekte, denen man die hohe Temperatur nicht ansieht oder anmerkt, weil sie nahezu keine Wärme abstrahlen. Beispielsweise das kleine glänzende Kaffeekännchen morgens im Hotel, das sich erst bei Berührung als sehr heiß herausstellt. Das Beispiel zeigt, dass eine berührungslose optische Temperaturmessung zwingend die Strahlungseigenschaften der Messobjektoberfläche berücksichtigen muss.
Herstellerseitig werden die Geräte für die berührungslose optische Temperaturmessung an einem Schwarzen Strahler kalibriert, der die maximal mögliche Strahlung bei einer gegebenen Temperatur emittiert (100 % Strahlung/Emissionsgrad ε = 1). Diese maximal mögliche Strahlung wird durch das Plancksche Strahlungsgesetz beschrieben. Reale Messobjekte geben eine gegenüber dem Planckschen Strahlungsgesetz geringere Strahlung ab. Bis auf wenige Ausnahmen muss deshalb der Anwender in der Praxis einen Emissionsgrad ε < 1 am Gerät einstellen. Unterstützt wird er dabei durch mehr oder weniger umfangreiche Emissionsgradtabellen, die den Geräten oft beiliegen und auch in der Literatur zu finden sind [2]. In diesen Tabellen können für die meisten Stoffe und Stoffgruppen keine festen Werte, sondern nur Wertebereiche angegeben werden. Das liegt unter anderem daran, dass der Emissionsgrad sowohl von der Wellenlänge als auch von der Temperatur selbst abhängen kann, aber auch von der unmittelbaren Oberflächenbeschaffenheit einschließlich deren zeitlichen Änderung beeinflusst wird. Beispielsweise kann sich eine Metalloberfläche im Bearbeitungsprozess durch Oxidation oder Kühlwasser verändern.
Wie beeinflusst eine Emissionsgradfehleinstellung die Messgenauigkeit?
Es wird deutlich, dass eine präzise, fehlerfreie Emissionsgradeinstellung gar nicht möglich ist. Die eigentliche Frage ist deshalb, wie eine Emissionsgradfehleinstellung die Messgenauigkeit beeinflusst. Diese Frage kann einfach mit Hilfe der Strahlungsphysik beantwortet werden. Unter der Randbedingung, dass die Objekttemperatur TO viel größer als die Umgebungstemperatur TU ist, folgt aus dem Planckschen Strahlungsgesetz: Der Temperaturmessfehler ΔTO hängt vom relativen Emissionsgradfehler, der Temperatur selbst und der effektiven Wellenlänge λeff beziehungsweise vom Spektralbereich des Strahlungsmessgerätes ab. Berechnet wurden bei drei verschiedenen Objekttemperaturen die Temperaturmessfehler bei einem Emissionsgradfehler von 10 Prozent für vier verschiedene Spektralbereiche. Man sieht deutlich, dass sich der Fehler mit zunehmender Messwellenlänge oder steigender Temperatur vergrößert. Deshalb sollte der Wellenlängenbereich des Messgerätes immer so kurzwellig wie möglich sein.
Diese grundlegende Forderung nach Messung bei kürzestmöglichen Wellenlängen hängt wiederum von der Objekttemperatur ab. Um akzeptable Temperaturauflösungen zu erzielen, können zum Beispiel sehr kurzwellig arbeitende Messgeräte mit Si-Infrarot-Sensor (0,8 bis 1,1 µm) erst ab etwa 600 °C eingesetzt werden. Der relative Emissionsgradfehler hängt aber auch vom allgemeinen Emissionsniveau ab. Wird eine Stahloberfläche
(ε = 0,85) mit ε = 0,8 gemessen, ist dieser nur sechs Prozent falsch eingestellt und ein Gerät mit Si-Sensor würde bei 600 °C nur 3 °C zu viel anzeigen. Wenn bei gleicher Temperatur auf einer Wolframoberfläche (ε = 0,35) mit ε = 0,3 gemessen wird, ist dieser schon 14 Prozent falsch eingestellt und das Messgerät würde bereits 8 °C zu viel anzeigen. Da das Emissionsgradniveau von Metalloberflächen im langwelligen Bereich immer mehr abnimmt, sollten gerade Metalle immer so kurzwellig wie möglich gemessen werden.
Mehr als nur Standard
Infrarotmessgeräte zur berührungslosen Messung der mittleren Temperatur eines Messfeldes werden Strahlungsthermometer oder Pyrometer genannt. Ist das Messfeld hinreichend klein, spricht man auch von Geräten zur punktförmigen Temperaturmessung. Bei diesen Messgeräten werden von namhaften Herstellern heute viele Gerätevarianten angeboten, die auch eine optimale Wahl von Spektral- und Temperaturbereich gestatten.
Bei Wärmebildgeräten beziehungsweise Infrarotkameras zur berührungslosen Messung von Temperaturverteilungen – einschließlich Linienkameras zur Messung von Temperaturprofilen – gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten. Dennoch findet man heute nur wenige Hersteller, die auch hier außerhalb des „Standard“-Spektralbereichs von 8 bis 14 µm geeignete Geräte anbieten. Zu diesen wenigen Herstellern gehört Dias Infrared aus Dresden, die speziell für die industrielle Temperatur-Prozessmesstechnik ein umfangreiches Produktsortiment herstellt.
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