Automatisierung

Linear- und Servoantriebstechnik für Wälzfestigkeitsprüfstand

05.09.2013 -

Sollen Werkstoffe für langgestreckte Bauteile, wie Linearführungen, zum Einsatz kommen, müssen diese in erster Linie hart und fest sein. Welche Kräfte die Werkstoffe aber tatsächlich aufnehmen, wird in einem eigens entwickelten Prüfstand geklärt. Servoantriebe sorgen hier für die notwendigen kraftvollen Bewegungen.

Wird Stahl verformt, verändert sich sein inneres Gefüge. Das kann - wie im Fall von langen Bauteilen - auch erwünscht sein, denn so wird der Stahl härter und fester. Erreicht wird dies mit einem Verfahren, dass sich Spaltprofilieren nennt. Dabei wird in mehreren Schritten ein Blech von Hilfswalzen geführt und von Spaltwalzen umgeformt. Das Besondere an diesem neuartigen Verfahren ist eine Eigenschaftsveränderung des umgeformten Materials im Bereich des Spaltwalzeneingriffs. Dort entsteht ein Gefüge mit höherer Festigkeit und Härte. Diese veränderten Werkstoffeigenschaften prädestinieren den Einsatz von spaltprofilierten Flächen als Wälzkontaktzone bei Linearführungen.
Welche Kräfte das Stahlgefüge anschließend aufnehmen kann, muss genau dokumentiert werden. Für diesen Zweck hat das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt einen Wälzfestigkeitsprüfstand entwickelt, der den Belastungszustand der linearen Bauteile sowie deren Werkstoffbeanspruchung ermittelt. Dabei sorgen elektrische Antriebe von SEW-Eurodrive für die Bewegung: Zwei Linearmotoren bilden den Hauptantrieb des Prüfstands. Er besteht jeweils aus einem feststehenden Magneten sowie einem darüber angeordneten, beweglichen Läufer. Während der Materialprüfungen kann der Antrieb bis 8 g beschleunigen und erzielt dabei Geschwindigkeiten bis 6 m/s. Die hierfür erforderliche Vorschubkraft beträgt etwa 5.000 N; sie wird über den Läuferstrom aufgebaut. Durch den hohen Momenten- und somit Strombedarf entsteht in den Linearmotoren Wärme, die eine Wasserkühlung erfordert. Gegenläufig angeordnete Schleppketten versorgen beide Motoren mit elektrischem Strom und Kühlwasser.

40-Tonnen-Schwergewicht
Besonders hohe Kräfte werden für das Aufbringen der Hertzschen Pressung benötigt (größte Spannung in der Mitte der Berührungsfläche zweier elastischer Körper). Um diese zu realisieren, bringen vier Zustellantriebe (FF27 CMP50L von SEW-Eurodrive) Anpresskräfte bis circa 20.000 N auf den Prüfling auf - und somit auch auf den Läufer des Linearmotors. Diese Kräfte werden über zwei Rollen übertragen, die wiederum jeweils durch einen SEW-Servogetriebemotor (BSF302B CMP63M) angetrieben werden. Die gesamte Konstruktion ruht auf einem 40 Tonnen schweren Prüfstandstisch.
Für die Speisung der Motoren setzten die Entwickler auf das Servoantriebssystem Moviaxis. Es besteht aus einem 100-A-Achsmodul für beide Linearmotoren sowie weiteren Achsmodulen für die Zustell- und Rollenantriebe. Sie werden über ein Versorgungsmodul MXP und den gemeinsamen Zwischenkreis gespeist.

Entlastung des Versorgungsnetzes
Zur besseren Auslastung des gesamten Antriebssystems entwickelte SEW für die Produktfamilie Moviaxis ein Konzept zur Energie-Zwischenspeicherung. Die optionalen Speichermodule MXC können an alle Versorgungsmodule MXP angebaut werden. Beim Wälzfestigkeitsprüfstand sorgen zwei Speichermodule für die Energieeffizienz: Sie speichern freiwerdende Bremsenergie und geben diese bei Beschleunigungsvorgängen wieder an den Motor ab. Dadurch wird das Versorgungsnetz entlastet und die Netzeinspeisung konnte etwa 20 Prozent kleiner ausgelegt werden. Das reduziert die durchschnittlich dem Netz entnommene mittlere Leistung sowie die Erwärmung des Schaltschranks. Dadurch sinken die Kosten für die Schaltschrankklimatisierung und wertvoller Montageraum wird gespart.

Die Messdatenerfassung
Zur Erfassung analoger Messwerte gibt es für das Servoantriebssystem Moviaxis die Analog-Optionskarte XIA11A. Sie wird in den Achsmodulen zur positionsbezogenen Analogwerterfassung eingesetzt. Die Wegmessung des Prüflings erfolgt über einen Lineargeber am Messtisch. Die Position der Zustellachsen wird über einen Hyperface-Absolutdrehgeber im Motor erfasst. Eine weitere Optionskarte, die Multigeberkarte XGH11A, stellt das Gebersignal für die Körperschallmessung bereit. Diese Auswertung ermöglicht die rechtzeitige Erkennung eines möglichen Defekts des Prüflings.
Die komplette Achskommunikation erfolgt über SBus, den CAN-basierenden internen Systembus von SEW. Er sorgt innerhalb des Servoreglers für den schnellen Messdatenaustausch zwischen den einzelnen Achsmodulen und der Steuerung Movi-PLC. Digitale und analoge Signale des Prüfstands werden durch das Movi-PLC-I/O-System erfasst und über den EtherCAT-basierenden SBusPlus an die Steuerung Movi-PLC angebunden.

Steuerung des Prüfstands
Die Steuerung des gesamten Wälzfestigkeitsprüfstands und der Peripherie erfolgt über die Motion-Control-Steuerung Movi-PLC DHE41B. Dieser Controller ist auch für das Kühlwasser und die Temperaturmessung zuständig. Eine weitere Aufgabe der Movi-PLC ist die positionsbezogene Messdatensammlung. Die gesammelten Messdaten werden dann in einem Ethernet-Frame zum PC gesendet. Hier erfolgt die Visualisierung der Prüfstandszustände und der Daten mit der grafischen Programmierumgebung LabView. Hier werden die Messdaten dann auch verarbeitet, analysiert und archiviert.
Bei der Projektierung der Antriebe für den Wälzfestigkeitsprüfstand arbeitete SEW-Eurodrive mit den Projektverantwortlichen des Fraunhofer-Instituts LBF Hand in Hand. Alle Projektbeteiligten trafen sich regelmäßig, um den Stand und den weiteren Verlauf der Arbeiten abzustimmen. So konnte das Projekt zügig umgesetzt werden.

Kontakt

SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

76642 Bruchsal
Deutschland

07251/75-0

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