Automatisierung

Individuelle Autos und Sauerkraut

Marktstudie: Näherungsschalter als strategisches Produkt

07.02.2012 -

Zugegeben, Näherungsschalter werden oft treffend mit dem Wort „Schüttgut" beschrieben, aber von diesem Schüttgut können viele ­Firmen - gerade in Deutschland - gut leben. Der strategische Vorteil ist hierbei nicht zwangsläufig der bessere Sensor, sondern vielmehr das breitere Portfolio. Der folgende Artikel basiert auf einer Studie der ARC Advisory Group zum Thema Näherungsschalter, die im ersten Quartal 2012 veröffentlicht wird.

Zwar bieten einige wenige Technologien noch den Vorteil der Differenzierung: IO-Link, Verfügbarkeit, Ganzmetallsensoren (induktive und Ultraschallsensoren), Universalsensoren. Doch letztlich bleibt es eine Differenzierung in Nischen, die nur in wenigen Fällen ein Dealmaker oder Dealbreaker sein kann. Der Markt für Näherungsschalter teilen sich induktive, kapazitive und Ultraschall-Sensoren. Die Betrachtung schließt schaltende wie messende Sensoren mit ein und bezieht sich auf den Weltmarkt. 75 % des Marktes nehmen, gemessen am Marktvolumen in Euro, induktive Sensoren ein. Betrachtet man die Stückzahlen beträgt der Anteil über 90 %.
    Der Weltmarkt wird im Wesentlichen durch Anbieter aus Westeuropa, insbesondere aus der D/A/CH-Region, und Japan bestimmt. Hersteller aus diesen Regionen machen rund 90 % des Weltmarktes aus. Betrachtet man den Markt nach Branchen, so sind der Automobilbau und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie neben dem Maschinenbau die größten Zielmärkte.

Schwankender Automobilbau

Die Automobilbranche stellt Automatisierer und Sensorik-Hersteller vor einige Probleme. Viele Ausrüster hatten vor allem mit dem stark zyklischen Charakter zu kämpfen, als im Jahr 2009 die Aufträge trotz Subventionsprogrammen über Nacht einbrachen. Über das Jahr verteilt sanken die Investitionen der Automobilhersteller in Maschinen- und Anlagen sowie deren Ausrüstung um 30 % (siehe Abb. Entwicklung der Automobilindustrie). Folglich mussten auch Automatisierer kräftige Auftragsrückgänge hinnehmen.
Die zukünftige Entwicklung in der Automobilindustrie wird nicht weniger turbulent sein als die vergangenen Jahre. China wird weiter wachsen und Russland zunehmend zu einem interessanten Markt, da der dortige Automobilmarkt westeuropäischen (Automatisierungs-) Anbietern gegenwärtig noch weitestgehend verschlossen ist. Auch Länder wie Südafrika gewinnen in der globalen Wertschöpfungskette weiter an Bedeutung.
Rund 80 % der eingesetzten Sensoren im Automobilbau sind induktive Sensoren. Dieser Prozentsatz wird tendenziell sinken, da intelligente Sensorik und messende Systeme weiter an Bedeutung gewinnen werden. Intelligente Sensoren können sich selbst auf Umweltbedingungen einstellen, messen und schalten materialunabhängig und übermitteln Zusatzinformationen zur Messgröße (Stichwort IO-Link). Das macht intelligente Sensorik universell einsetzbar und verkürzt Rüstzeiten. Trotz allem werden induktive Näherungsschalter den Markt weiterhin beherrschen.
Diese Entwicklung ist nachhaltig, da sie nicht durch Technologieanbieter oder Anwender getrieben wird, sondern letztendlich vom Konsumentenverhalten. Dieses führt zu kürzeren Produktlebenszyklen und zu individuellen Endprodukten, zum Beispiel laufen bei einigen Automobilherstellern keine zwei identischen Autos pro Tag vom Band. So müssen Umrüstzeiten kürzer werden, um effizient zu bleiben. Die dazu eingesetzten sogenannten 3G-Maschinen, das heißt Maschinen der dritten Generation, die durch neue Automatisierungs- und Antriebstechnik hoch flexibel sind, benötigen intelligente Sensorik.
Um der Nachfrage gerecht zu werden, wird sich das Portfolio der Sensorik-Anbieter weiter verändern und ausweiten. Da der Preisdruck hoch ist, wird auch das Brand-Labeling als Strategie immer attraktiver. Da die Aufgaben der Sensoren komplexer werden und die Menge und Vielseitigkeit der Sensoren zunimmt, wird der Bedarf an Lösungen steigen. Hier liegt allerdings bei fotoelektrischen Sensoren das bedeutend größere Marktpotential.

Konstante Nahrungs- und Genussmittelindustrie

Während die stark konjunkturabhängige Automobilbranche viele der Zulieferfirmen ordentlich gebeutelt hat, bietet die Nahrungs- und Genussmittelindustrie ein ruhigeres Fahrwasser. Der Grund ist einfach: Gegessen wird immer, Autokäufe werden verschoben. Wirtschaftswissenschaftler sprechen hier von Nachfrageelastizität. Der Markt hat sich in der Vergangenheit stabil entwickelt. Auch für die kommenden Jahre gilt die Nahrungs- und Genussmittelbranche als eine der am schnellsten wachsenden Industrien. Ein Grund sind Schwellenländer, die in ihre Ernährung zunehmend auch industriell erzeugte Nahrungsmittel einbeziehen. Die Aufgaben sind vielseitig. Die Anwendungen schließen die Herstellung von Sauerkraut, aseptische Abfüllanlagen, Verpackungsmaschinen und auch Getreidemühlen mit ein. Aber nicht nur die technischen Anforderungen unterscheiden sich, auch Kunden, Investitionszyklen und Preissensibilität differenzieren stark.  
Die wesentlichen Marktentwicklungen der Branche sind die zunehmende Durchdringung des Herstellungsprozesses mit Sensoren getrieben durch Gesetzgebungen sowie kleinere Gebinde und die sich verändernde Konsumentennachfrage. Regulierungen verlangen einen immer stärker überwachten Fertigungsprozess, sodass letztendlich die schiere Anzahl an Sensorik steigt. Im Vergleich zur Automobilindustrie ist der Anteil an induktiven Sensoren mit knapp unter zwei Drittel gering. Ultraschallsensoren machen einen großen Teil des Marktes aus, zumindest in Bezug auf den Umsatz, denn hinsichtlich Stückzahlen liegen induktive Sensoren weit vorne.
Das Konsumentenverhalten wird zunehmend von Modeerscheinungen geprägt. Gerade in den USA müssen Produzenten schnell auf den neuesten Ernährungs-Trend umstellen, angefangen bei „low carbon bread" bis hin zu „green food" oder „functional food". Allein durch diese Trends werden Gebinde kleiner. Auf Maschinenseite bedeutet das flexible Sensoren. Zusätzlich führen starke Schwankungen der Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt zu Anpassungen der Füllmenge. Beide angesprochenen Trends sind nachfrageinduziert und werden über die nächsten Jahre Veränderungen in der Produktion bewirken.
Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie ist, wie auch die Automobilbranche, ein Vorreiter in der Nutzung neuester Automatisierungstechnik. Firmen, die hier erfolgreich sind, können das erworbene Know-how oft zeitverzögert in anderen Branchen nutzen. Viele Maschinenbauer reduzieren nicht nur die Zahl der eingesetzten Sensoren (spart Ingenieurszeit), sondern auch die Zahl der Zulieferer (spart administrativen Aufwand). Ein stärkerer Fokus auf das Produktportfolio ist daher für die Sensorik-Anbieter zwingend notwendig. Da bei Ultraschallsensoren viele Patente im Spiel und die Stückzahlen gering sind, ist Brand-Labeling eine beliebte Strategie, die nach Meinung von ARC weiter an Bedeutung gewinnen wird. 

Kontakt

ARC Advisory Group

Stadttor 1
40219 Düsseldorf
NRW

+49 (0)211/3003-416
+49 (0)2104/960-244

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