Thermoakustisches Frühwarnsystem sorgt für mehr Energieeffizienz
15.03.2018 -
Das Heizkraftwerk Süd der Stadtwerke München gleicht mit Hilfe von Gasturbinen die Schwankungen, die erneuerbare Energien im Stromnetz verursachen, aus. Das System arbeitet umso effizienter, je niedriger die Minimal-Teillastgrenze der Turbinen ist. Mit Hilfe eines Monitoring- und Frühwarnsystems lässt sich diese Effizienz weiter verbessern.
Die Energiewende und die Entwicklung hin zu erneuerbaren Ressourcen stellen den Energiemarkt vor große Herausforderungen: Der Anteil der erneuerbaren Energien, der ins Stromnetz eingespeist wird, steigt und unterliegt zudem Schwankungen – aufgrund der Sonneneinstrahlung und der vorherrschenden Windverhältnisse. Um diese Schwankungen auszugleichen, wird Regelenergie benötigt. Da Gasturbinen flexibel an den Strombedarf anpassbar sind, sind sie häufig das Mittel der Wahl, um an Regelenergie zu kommen und so das Netz zu stabilisieren. Gegenwärtig sind sie im Grundlastbetrieb, verglichen mit anderen Anlagen (zum Beispiel Kohlekraftwerken), nicht konkurrenzfähig. Um die Regelenergie zu liefern, werden die Maschinen in Teillast betrieben und reagieren so in kurzer Zeit auf zunehmenden oder sinkenden Energiebedarf. Ein breites verwertbares Leistungsband sowie eine niedrige Teillastgrenze sind dabei wichtig.
Phänomene bei Minimallast
In einem Anlagentest im Heizkraftwerk Süd der Stadtwerke München wurde die minimale Teillast von zwei GE-Frame-9E-Gasturbinen erprobt. Zusammen mit einer Dampfturbine bilden sie eine Gas-und-Dampf-Anlage (GuD-Anlage) mit zusätzlicher Wärmeeinspeisung in das rund 800 km lange Münchner Fernwärmenetz. Die Can-Annular-Maschinen (Maschinen mit kreisförmig angeordneten Rohrbrennkammern, auch Cans genannt) haben jeweils eine Nennleistung von 124 MW. Der Hersteller gibt für die untere Teillastgrenze bei vorgemischter Verbrennung unter Einhaltung der Emissionsgrenzwerte einen Wert von 60 MW an, abhängig von atmosphärischen Bedingungen. Ziel ist es, die Maschinen ohne bauliche Anpassungen auf niedriger Last betreiben zu können. Die Strategie ist eine genaue Überwachung der Phänomene, welche die Mindestlast beschränken. Neben Emissionen sind in diesem Betriebsbereich hin und wieder aufklingende Verbrennungsschwingungen ein Problem. Diese schwer vorhersehbaren Schwingungen, ausgelöst durch das Zusammenspiel von Akustik und Wärmefreisetzung, können sehr hohe Amplituden erreichen, die den Betrieb beeinträchtigen und sogar zu Schäden führen können.
Es wurde festgestellt, dass sich die Akustik durch Querzündrohre von Can zu Can um den gesamten Umfang der Gasturbinen verbreitet. Unter welchen Bedingungen sie auftreten ist nicht nur von der Last abhängig, sondern auch von atmosphärischen Bedingungen, transientem Durchwärmen der Maschine sowie Verschmutzung der Brennerelemente.
Akustische Amplituden vermeiden
Die Verbrennungsschwingungen werden mit dem ArgusOMDS-System von IfTA überwacht. Dabei werden unter anderem Amplituden in Frequenzbändern in Echtzeit verfolgt. Da es sich bei Verbrennungsschwingungen um eine rückgekoppelte Schwingung handelt, kann die Amplitude so plötzlich und schnell aufklingen, dass kaum Zeit bleibt, um den Verbrennungsprozess zu stabilisieren. Um dieses Phänomen frühzeitig vorherzusagen, wird zusätzlich der IfTA-PreCursor verwendet, damit die Mindestlast gezielt angefahren werden kann. Der PreCursor ist ein Kriterium, das auf der Abkling-Rate von thermoakustischen Umfangsmoden basiert. Diese Abklingrate wird in Echtzeit auf dem digitalen Signalprozessor berechnet und an die Leittechnik der Gasturbine weitergeleitet. Wenn eine Instabilität bevorsteht, weil sich beispielsweise die atmosphärischen Bedingungen geändert haben, wird die Leistung automatisch wieder leicht angehoben, um schädliche Verbrennungsschwingungen zu vermeiden.
Ergebnis
Es hat sich herausgestellt, dass sich die minimale Teillast bis auf 45 MW reduzieren lässt – unter Einhaltung geltender Emissionsgrenzen. Da die thermoakustischen Umfangsmoden konstant überwacht werden, wird eine Änderung der Stabilitätsgrenze rechtzeitig erkannt und die Gasturbinen können immer unter sicheren Bedingungen betrieben werden. Die Reduktion der Mindestlast um rund 25 Prozent erlaubt den flexiblen Einsatz der Maschinen und entspricht direkt der Brennstoffeinsparung, wenn kein Strom benötigt wird, aber die Fernwärme und/oder Regelleistung abgedeckt werden muss. Außerdem können breitere Leistungsbänder beim Auktionsverfahren auf dem Energiemarkt angeboten werden. Insgesamt kann ein Kraftwerk so deutlich wirtschaftlicher betrieben werden.
Kontakt
IfTA GmbH
Junkersstraße 8
82178 Puchheim
+49 8392 719 84
+49 8392 719 11