Automatisierung

Shape from Shading: Detektion kleinster Formabweichungen bei hohen Prüfraten

08.06.2011 -

Für den industriellen Einsatz gerade bei hohen Prüfraten bieten Systeme basierend auf dem Messprinzip Shape from Shading eine interessante Alternative für die Automatisierung. Sie erkennen selbst bei großen Unterschieden in der Reflektivität kleine geometrische Defekte und Strukturen sicher. Was noch für sie spricht, erfahren Sie auf den nächsten zwei Seiten.

Eine häufige Anforderung in der Qualitätsprüfung von Oberflächen ist die Erkennung von kleinsten Formabweichungen. Auch der Nachweis, dass gewünschte Strukturen vorhanden sind, ist eine wichtige Aufgabe. In der Industrie müssen dabei die Prüfungen zum einen mit hoher Prüfrate und zum anderen sehr robust erfolgen, um für die Automatisierung geeignet zu sein. Problemstellungen der ersten Art sind typischerweise das Auffinden von lokalen Defekten. Hierzu sind seit vielen Jahren für die Kameraprüfung spezielle Beleuchtungen entwickelt worden. Bei sehr kleinen Defekten ist dies aber nicht mehr ausreichend. Ebenso sind bei stark strukturierten oder „fleckigen" Oberflächen die Kontraste nicht ausreichend. Hier wird die lateral hoch aufgelöste Information über die Tiefe benötigt. Taktile Methoden sind dabei zwar sehr genau, aber erkaufen dies mit langen Prüfzeiten. Die Triangulation als das meist eingesetzte Verfahren benötigt Bewegung. Entweder durch das mechanisches Verfahren oder das Scannen von Lichtstrukturen, die auf den Prüfling projiziert werden. Ein Beispiel für die zweite Fragestellung der Detektion gewünschter Strukturen ist die Inspektion der gesetzlich vorgeschriebenen Blindenschrift auf den Verpackungen von Medikamenten. Dazu wird auf die Verpackung über den Aufdruck ein Text in Braille-Punkten aufgeprägt. Die Prägung erfolgt in transparentem Material, so dass der Text darunter weiterhin für Sehende lesbar ist. Die 2D-Bildverarbeitung bietet für diese Thematik keine Lösung, da die Prägung durchsichtig ist.

Schatten auswerten

Um beide Aufgaben mit hoher Prüfrate und ohne bewegten Teile robust zu lösen, bietet sich an, die Teile aus verschiedenen Richtungen zu beleuchten und die sich ergebenden Schatten an den Vertiefungen bzw. Erhebungen auszuwerten. Diese Verfahren nennt sich daher Shape from Shading (Form aus Schattierung). Sonnenuhren nutzen im Grunde das umgekehrte Prinzip: Aus der Lage und Länge des Schattens wird auf den Stand der Sonne (also der Beleuchtungsrichtung) geschlossen. Die Helligkeitsverteilung verändert sich je nach Richtung der Beleuchtung in Abhängigkeit von der lokalen Steigung des Prüflings. Die Helligkeitsverteilung in den entsprechenden Kamerabildern des Prüflings erlaubt so Rückschlüsse auf die Gradienten der Prüffläche. Mit den Gradienten kann dann unter gewissen Annahmen die Form bestimmt werden. Meist reicht aber bereits die Kenntnis der Steigungen aus, um Defekte zu detektieren.

Reflektivitätsunterschiede ausblenden

Konzeptuell am einfachsten ist die Beleuchtung aus vier Richtungen (+ und -X bzw. + und -Y) und der Auswertung des X- und Y-Gradienten aus jeweils zwei entsprechenden Aufnahmen. Wird dabei die gleiche Beleuchtung verwendet, dann kann der Einfluss der Reflektivität der Oberfläche von der Geometrie getrennt werden. Vereinfacht kann man sich das am Beispiel eines farbigen Markierung auf der Prüffläche so vorstellen: Beleuchtet man die Oberfläche von links oder rechts, dann wird die Kamera die Farbmarkierung immer an derselben Stelle sehen. Eine geometrische Erhöhung wird aber links einen anderen Schatten werfen als rechts. Die Differenz der beiden Aufnahmen wird daher die Farbe verschwinden lassen, die Erhöhung aber sichtbar machen.

Deshalb eignet sich dieses Verfahren, um geometrischen Formabweichungen von reinen Reflektivitätsunterschieden (Farbe, nicht erhabene Verschmutzung, Texturen) zu trennen. Das Verfahren ist auf nicht-spiegelnde Oberflächen anwendbar. Die besten Ergebnisse werden auf planen Flächen erzielt.

Hohe Prüfraten

Vier Bildaufnahmen und vier Beleuchtungsrichtungen sind aufwändig und bei vielen industriellen Anwendungen zeitlich nicht möglich. Mathematisch ausreichend sind bereits drei linear unabhängige Beleuchtungen. Daher hat Visicontrol auf dieser Basis ein Modul entwickelt, dass mit einer Beleuchtungseinheit und einer Kamera hohe Prüfraten mit dem Shape from Shading realisieren kann. Damit ist dieses Modul für die Automatisierung besonders geeignet, da auch keine bewegten Bauteile notwendig sind. So lässt sich dieses Verfahren bei in-line Prüfungen einsetzen oder den Inspektions- und Sortierautomaten vom Typ VisiSort einbauen. Die Bildverarbeitungssoftware VisiTeach+ von Visicontrol übernimmt die Auswertung und übergibt die Ergebnisdaten an übergeordnete Steuerungen. Über die Dimensionierung der Beleuchtungseinheit kann das Modul auf verschiedene Teilegrößen angepasst werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit dem Shape from Shading-Modul bei Teilen mit großen lokalen Reflektivitätsunterschieden auch kleine geometrische Defekte und Strukturen sicher automatisiert erkennen lassen. (gro)

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