LED-Beleuchtung für die Inspektion von Verschlusskappen
Druckbildkontrolle auf unebenen Oberflächen
Industrielle Bildverarbeitung ist schon seit vielen Jahren in den weltweiten Produktionslinien etabliert und nicht nur im Zuge von Industrie 4.0 entwickelt sich die Automatisierung von Produktionsstraßen immer rasanter. Der Trend geht deutlich in Richtung schnellere Abläufe, um eine größere Anzahl von Produkten in kürzerer Zeit herzustellen. Parallel steigt die Anforderung an die Qualität und der Druck, den Ausschuss zu minimieren. Nicht selten findet sich mehr als ein Bildverarbeitungssystem an entscheidenden Qualitätskontrollpunkten einer Produktionsline und nicht, wie noch vor einigen Jahren, nur als reine Endkontrolle des fertigen Produktes am Ende der Prozesskette.
Zusätzlich werden durch Weiterentwicklungen von Kameras immer höhere Auflösungen möglich, die, auch durch schnellere Signalübertragung und steigender Rechnerleistung, Möglichkeiten in der Bildverarbeitung eröffnen. Ein gutes Beispiel ist die künstliche Intelligenz (KI). Deep Learning, neuronale Netze mit mehreren Ebenen für das sichere Erkennen von Fehlern ohne komplizierte Parametrierung wird in der nahen Zukunft eine immense Verbesserung der Bewertung von aufgenommenen Bilder bringen und über kurz oder lang für viele Aufgaben der Standard werden.
Was macht ein gutes Bildverarbeitungssystem aus?
Ein Bildverarbeitungssystem ist immer nur so gut wie seine Komponenten: Kamera, Optik, Licht und Software. Wird auch nur eine Komponente vernachlässigt, liegt das Ergebnis deutlich unter den Möglichkeiten des Systems und der Anwender verschenkt letztendlich Geld. Nur gut aufeinander abgestimmte Komponenten liefern ein perfektes Bild und damit die beste Voraussetzung für die Inspektionssoftware und damit die Grundlage für eine sichere Fehlererkennung.
Verschlusskappen-Inspektion mit zehn Teilen pro Sekunde
MBJ Imaging bietet seit 2014, oft in enger Kooperation mit Systemintegratoren, Beleuchtungen für spezielle Bildverarbeitungsaufgaben an. So auch in der Zusammenarbeit mit dem spanischen Bildverarbeitungsunternehmen Inesoptics. Dieses entwickelte für das international tätige Unternehmen Torrent eine vollautomatische optische Inspektion zur Druckbildkontrolle von Flaschenverschlüssen. Torrent designt und fertigt nach sehr individuellen Kundenwünschen Flaschenverschlüsse für Spirituosen, Öle oder andere abfüllbare Flüssigkeiten. Die verwendeten Materialien variieren in der Farbe, im Glanz, in Form und Größe. Zudem sind die Verschlüsse meist bedruckt.
Das Inspektionssystem sollte als 100-Prozent-Prüfung direkt in der Produktionslinie integriert sein. Die Taktzeit beträgt 100 ms, das heißt, es sollen zehn Teile pro Sekunde geprüft werden. Nur Produkte mit einwandfreiem Druckbild sollen weiterverarbeitet werden, während fehlerhaft bedruckte Verschlüsse automatisch aus dem Produktionsablauf entfernt werden müssen. Zudem soll die Prüfung während des laufenden Transports der Produkte stattfinden, ohne Stopp des Transportbandes.
Für die Inspektion verwendet Inesoptics vier symmetrisch um das Transportband angeordnete Digitalkameras, die synchron ein Bild von vier verschiedenen Seiten rund um das Objekt aufnehmen. Der Trigger für die Bildaufnahme wird von einer Lichtschranke über ein digitales Eingangssignal an alle Kamera geschickt. Zum Einsatz kamen GigE-Kameras, die es ermöglichen, die Daten mit bis zu 1.000 Mbps über ein Ethernetkabel direkt an den verarbeitenden Rechner zu liefern.
Deep Learning hilft bei der Prüfaufgabe
Die eigens für diese Prüfaufgabe entwickelte Software IOVI 360 setzt die vier Bilder zu einem aufgefalteten entzerrten Gesamtbild zusammen. Die vollautomatische Bildverarbeitung und Bewertung erfolgt auf den zusammengesetzten Bildern mit einer Kombination von klassischer Bildverarbeitung und der noch recht neuen Technologie Deep Learning.
Bei Deep Learning werden genau auf den Kunden zugeschnittene Kriterien zur Bildauswertung über Beispielbilder festgelegt, die zum einen den Fehlerfall und zum anderen das ideale Produkt zeigen. Mit künstlicher Intelligenz werden aus den ausgewählten Bildern selbstständig Merkmale extrahiert, die dann als neuronales Entscheidungsnetz die automatische Klassifikation in der Produktionslinie übernimmt.
Die Klassifizierung und Bewertung erfolgen in Echtzeit. Als fehlerhaft erkannte Produkte können dann sofort ausgeschleust werden. Im Inspektionssystem bei Torrent wird dies über eine Ausblasung gelöst: Die Software schickt ein Ausgangssignal an eine Druckluftdüse, die bei einem als schlecht erkannten Teil die Druckluft kurz aktiviert. Das Teil wird durch den Luftdruck vom Band gestoßen und landet in einer Sammelbox für schlechte Teile.
Die von Inesoptics entwickelte SW IOVI-Teach ermöglicht das Anlernen von neuen Teilen in wenigen Sekunden: Durch einen Mausklick legt der Anwender Prüfkriterien wie Farbe, Form, Gleichmäßigkeit oder Integrität fest. Das System ermittelt dann automatisch eine große Anzahl von Eigenschaften und ist somit in der Lage, mehrere Defekte und deren Variationen in einem Bild zu identifizieren.
Die Auswahl der idealen Beleuchtung
Für die richtige Auswahl der Beleuchtung ist eine genaue Beschreibung der zu beleuchtenden Objekte unabdingbar. Größe, Form, Farbigkeit, Material, Hintergrund und Halterung oder Position auf einem Transportband haben eine erhebliche Auswirkung auf die Wahl der Beleuchtung. Zusätzlich muss bei Auswahl der Beleuchtung auch geklärt werden, welche Fehler detektiert werden sollen. Die Beleuchtung kann dabei diffus oder gerichtet sein. Je nach Fehlerart kann zudem die Lichtfarbe eine große Rolle spielen.
Inesoptics ist mit dem Anforderungskatalog für die Prüfaufgabe Verschlusskappeninspektion an MBJ Imaging herangetreten, um die ideale Beleuchtung zu finden. Die runde Form und Materialien von matt bis metallisch glänzend schränken die Auswahl der Beleuchtungsart sehr ein. Zusätzlich durfte auch kein Schattenwurf zu den Seiten der Bilder erfolgen, da dies das spätere Image Stitching (zusammenfügen der Bilder zu einem Gesamtbild) stark beeinflusst hätte.
Dombeleuchtung mit seitlichen Kameras
Für diese Aufgabe eignet sich besonders eine Dombeleuchtung. Die Beleuchtung besteht aus einem LED-Ring, der nach oben in eine mattweiße Kuppel leuchtet. Die Kuppel reflektiert das Licht durch ihre Krümmung diffus in alle Richtungen und durch die untere Öffnung auf das Prüfobjekt. Im Standardaufbau für eine Dombeleuchtung blickt die Kamera von oben durch eine Öffnung in der Kuppel nach unten. Es können aber auch andere Anordnungen verwendet werden, wie im Beispiel der Verschlusskappeninspektion: In diesem besonderen Fall beobachten mehrere Kameras von der Seite das Objekt während die Dombeleuchtung sich oberhalb des Objektes befindet. Die Dombeleuchtung erzeugt ein sehr homogenes, reflexionsfreies Licht auch auf hochreflektierenden Oberflächen. Zudem verhindert sie effektiv Schattenwürfe bei gewölbten oder verformten Oberflächen.
Die LED-Dombeleuchtung SDL-20 von MBJ Imaging bietet ein Leuchtfeld mit 200 mm Durchmesser und damit genügend Raum und Abstand für die Prüfaufgabe. In der Standardausführung liefert sie maximal 24 Watt im Dauerlichtbetrieb. Im Blitzbetrieb lassen sich die LEDs bis zu vierfach überstromen, was zu einer bis zu dreifachen Lichtmenge führt. Ein eloxiertes Alugehäuse mit einem Dom aus robustem ABS und ein Standard-M8-Anschlusskabel mit vier Adern machte die Montage und Integration in ein Inspektionssystem sehr einfach.
Ringbeleuchtung für Inspektion der Beschriftung
In einem weiteren Produktionsschritt des Kunden Torrent war die Aufgabe eine Beschriftung im Deckelinneren eines durchsichtigen Flaschenverschlusses zu prüfen. Für diese Inspektionsaufgabe wurde eine Kamera senkrecht über dem Transportband montiert, um in das Innere der Öffnung sehen zu können. Um eine homogene schattenfreie Ausleuchtung des Innenbereiches zu erhalten wurde für diese Aufnahmesituation ein SRL-04 aus der Ringlichtserie von MBJ Imaging ausgewählt.
Bei einer Ringbeleuchtung wird das Objektiv in der Mittenöffnung des Rings positioniert, dadurch entsteht ein gerichtetes, oder wahlweise auch diffuses Licht, das rund um das Objektiv von allen Seiten gleichmäßig auf das Objekt fällt. Dies ist ideal beim Ausleuchten von Vertiefungen oder zur Vermeidung von Schlagschatten durch die Objektform. Die Kamera und das Licht lassen sich sehr einfach im richtigen Abstand zueinander über den passenden MBJ-Kamera-Beleuchtungshalter montieren.
Beleuchtung auch für kleine Gehäuse
Mit einem Innendurchmesser von 33 mm ist genug Platz für das Objektiv der Kamera. Mit einem Außendurchmesser von 60 mm ist die Beleuchtung kompakt genug, um auch in kleinen Gehäusen montiert zu werden. Das SRL-04 liefert mit der weißen LED (5.000 K, CRI80) 460 Lumen. Weitere verfügbare LED-Farben sind Rot (625 nm), Infrarot (850 nm), Grün (525 nm), Blau (465 nm) und Gelb (580 nm). Im geblitzten Betrieb, bei 200 Prozent Überstromung, erreicht der kleine Ring im besten Fall die doppelte Helligkeit.
Seit dem ersten gemeinsamen Projekt von MBJ und Inesoptics im Jahr 2017 hat sich eine stete produktive Zusammenarbeit in vielen weiteren Projekten ergeben. Die langjährige Erfahrung der beiden Partner und das gesammelte Wissen um alle Aspekte einer Inspektionsaufgabe führt hier zu einer sehr effektiven Zusammenarbeit, die besonders dem Endkunden zu Gute kommt. Dies gilt im Besonderen für Lösungen von Inspektionsaufgaben, in denen eine Standardlösung einfach nicht ausreicht. Nur durch die Abstimmung der Experten für Kameras, Objektive und Beleuchtung kann das für den Kunden leistungsfähigste und kostengünstigste System entwickelt werden.