Bildverarbeitungssystem für Kugellagerkontrolle
Die Kontrolle von Kugellagern stellt aufgrund ihrer naturgemäß großen Typenvielfalt mit stark variierenden Durchmessern, Kugelzahlen und Kugeltypen an Bildverarbeitungssysteme hohe Anforderungen bezüglich Flexibilität und Zuverlässigkeit. Und gerade aus diesem Grund hat sich ein führender Wälzlagerhersteller für ein Visionsystem der NeuroCheck GmbH entschieden.
In der Qualitätssicherung kommen immer mehr BV-Systeme zum Einsatz. Auslöser hierfür ist in allen produzierenden Unternehmen die Forderung nach gleich bleibend hoher und reproduzierbarer Fertigungsqualität der Teile und die Minimierung der Fehlerquote. Eine wichtige Forderung an die Hersteller solcher BV-Systeme heißt dabei: eine für den Anwender einfach zu bedienende Softwareoberfläche, die schnell konfigurierbar und parametrierbar ist. Gleichzeitig sollte die BV-Software schnelle Lösungen für Entwicklungsabläufe ermöglichen.
Aufgabenstellung
Bei der gegebenen Aufgabenstellung beinhaltet die visuelle Kontrolle von Kugellagern die Prüfung auf vollständige Bestückung der Kugelanzahl sowie auf korrekt bestückte Kugeltypen. Mögliche Fehler bei der Kugellagermontage sind fehlende Kugeln und falsche Bestückungen (Keramik- anstatt Stahlkugel und vice versa).
Dabei erfolgt die visuelle Prüfung an einem Handmessplatz. Während bei der Abnahme der BV-Anlage lediglich rund 20 Typen eingerichtet waren, soll die Typenanzahl sukzessive auf bis zu 500 ansteigen. Für die einzelnen Typen variieren die Außendurchmesser der Kugellager in einem Bereich von 10 mm bis 120 mm und als Kugeltypen kommen Stahlkugeln sowie einige Keramikkugelarten zum Einsatz.
Die Einrichtung neuer Typen soll laut Anforderung vom Kunden selbst durchgeführt werden können.
Hardware-Realisierung
Herausforderungen bei dieser Realisierung sind zum einen die große Typenvielfalt und zum anderen die Tatsache, dass eingesetzte Stahl- und Keramikkugeln in ihrer Oberflächenbeschaffenheit und -farbe sehr ähnlich sind (Abb. 1, rechtes Bild). Die Varianz der Außendurchmesser, konstruktive Restriktionen der Prüfstation und die Vorgabe einer einfachen Typerweiterung durch den Kunden waren die Rahmenbedingungen für die Hardwarekomponentenauswahl sowie für die Realisierung des Prüfablaufs in der BV-Software.
Hinsichtlich der eingesetzten Beleuchtungen wurde eine Kombination aus Durchlicht (Flächenbeleuchtung vom Typ DS 1116/BI) und Auflicht (Flächenbeleuchtung vom Typ Planistar 3QB2-VD und LED-Ringlicht vom Typ DS 1157) gewählt. Während im Durchlicht eine Überprüfung der bestückten Kugellager auf Vollständigkeit sichergestellt wird, kann mit Hilfe des zusätzlichen Auflichts die Unterscheidung zwischen Metall- und Keramikkugeln erfolgen. Das zusätzliche LED-Ringlicht ermöglicht die vollständige Ausleuchtung kleiner Kugellagertypen.
Die eingesetzte Messsensorik besteht aus einem Farbkamera-Modul vom Typ Sony FCB-IX47AP (in ein Umgehäuse integriert) an einem Framegrabber vom Typ IDS Eagle, mit einer effektiven Bildauflösung von 768 x 576 Bildpunkten. Hinzu kommt eine Zweifach-Nahlinse zur Verringerung des Arbeitsabstandes.
Das Kameramodul kann vollständig über Visca-Protokoll und serielle Schnittstelle RS232C gesteuert werden. Von Bedeutung sind insbesondere Kameraparameter wie Zoom, Fokus und Belichtungszeit. Die Veränderung des Zooms ist, im Kontext der hier vorliegenden Typenvielfalt, die markanteste Eigenschaft, die zum Einsatz des Moduls geführt hat. Damit kann der Durchmesserbereich von 10 mm bis 120 mm problemlos überwunden werden, so dass alle Kugellagertypen stets bildfüllend dargestellt werden. Über entsprechende mechanische Adapter beim vorliegenden Handmessplatz wird eine konstante Position des Kreismittelpunkts für alle Kugellagertypen erreicht.
Die Ansteuerung des Kameramoduls wird in NeuroCheck durchgeführt. Über das permanente Ansprechen der Kamera und der gleichzeitigen Visualisierung des Kamera-Livebildes können Parametersätze neu erzeugt, verändert, gelöscht etc. werden. Im „GoTo“-Schritt (aus PlugIn-DLL) des Prüfprogramms wird der passende Datensatz geladen und die Kamera damit belegt.
Software-Realisierung
Die Ansteuerung des Kameramoduls und Einbindung in die BV-Software NeuroCheck wurden als DLL-Dateien (Data Link Library) realisiert. Eine Implementierung von Spezialfunktionen und Hardwareanbindungen wird durch die PlugIn-Schnittstelle von NeuroCheck ermöglicht. Grundsätzlich stellt die PlugIn-DLL eine Reihe von Funktionen bereit, die auf einfache Art und Weise als sog. Prüfschritte in die Struktur eines Prüfprogramms integriert werden können.
Ausgehend von dem zu prüfenden Kugellagertyp wird im jeweiligen Prüfprogramm das Kameramodul angesteuert und das Kugellager formatfüllend aufgenommen. Der Innenkreisbereich wird binarisiert und eine Abwicklung am Außenkreis des Binärobjekts (Ausgleichsgeometrie durch mittlere Kreiserzeugung) durchgeführt (Abb. 2). Damit kann die weitere Abarbeitung auf der Basis eines rechteckigen ROI (Region of Interest) erfolgen (Abb. 3).
Der abgewickelte Bereich wird mit einem gewissen Überlappungsbereich versehen, um die evtl. Erzeugung nicht kompletter Kugeln zu verhindern. Im abgewickelten ROI werden die Kugelzwischenräume binär erzeugt. Eine sichere Nachpositionierung wird aufgrund eines detektierten Startzwischenraums am linken Ende des Bereichs vorgenommen. Daraufhin erfolgt mit Hilfe des Mustererkennungsverfahrens Template Matching die Detektion der Kugeln. Für die Unterscheidung von Metall- und Keramikkugeln wird im Kernbereich der einzelnen Kugeln eine Grauwertanalyse durchgeführt. Die sequentielle Auswertung des Kugellagers ist damit abgeschlossen und die IO/NIO Ergebnisausgabe kann über die dafür vorgesehene Stablampe angezeigt werden.
Die Darstellung im Automatikmodus zeigt Abb. 3. Schwerpunkte der Visualisierung sind das Gesamtergebnis der Prüfung (IO/NIO) sowie der abgewickelte ROI mit Zwischenschritten des Prüfprogrammablaufs und entsprechendem Ergebnisstatus (Startzwischenraum zur Nachpositionierung, neu gesetzte Arbeitsbereiche und Anzahlüberprüfung). Die beliebige Belegung der Funktionstasten im Automatik-Konfigurationsmodus von NeuroCheck verbessert zusätzlich die Bedienbarkeit des BV-Systems.
Einrichtung neuer Typen
Die Erstellung neuer Prüfprogramme erfolgt stets nach derselben Vorgehensweise und wird von geschultem Personal des Anwenders vor Ort durchgeführt. Durch Kopie einer Prüfprogrammvorlage können die nötigen Parameteranpassungen für neue Typen schnell eingerichtet werden. Für den neuen Typ wird entsprechend ein Kameradatensatz erzeugt, indem das Livebild des Kugellagers bildfüllend und helligkeitsoptimiert dargestellt wird. Die übrigen Parameteränderungen in Einzelschritten wie z.B. „Arbeitsbereiche definieren“, „Template Matching“ und „Arbeitsbereiche Anzahl überprüfen“ sind individuell für den neuen Kugellagertyp zu optimieren. Dem neu erstellten Prüfprogramm wird eine noch nicht belegte Typ-ID Nummer vergeben, anhand derer der Typwechsel erfolgt.
Offline-Fehleranalyse und Fernwartung
In NeuroCheck sind Prüfprogramme in Einzelprüfungen untergliedert. Die dafür notwendigen Programmschritte werden mit dem BV-Software interaktiv aneinander gereiht und lassen sich im Manuell- Modus schrittweise ausführen und das Ergebnis kontrollieren. Dies erlaubt die schnelle und methodische Entwicklung komplexer Prüfabläufe für die optische Qualitätskontrolle. Außerdem besteht die Möglichkeit, pro Prüfmerkmal bis zu 1.000 Fehlerbilder abzuspeichern und offline zur Fehleranalyse heranzuziehen. Somit kann der Informationsaustausch über den aktuellen Zustand der Prüfanlage per E-Mail-Versand von Prüfroutinen (inkl. abgespeicherter Bilder neuer Muster sowie Fehlerbilder) durchgeführt werden. Neue Lösungswege können so schnell und effizient erarbeitet werden, was die Reaktionszeiten des Supports erheblich reduziert.
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