Bildverarbeitung

Optisches Radar

Möglichkeiten und Grenzen der industriellen Anwendung

11.05.2018 -

Radarsysteme sind für eine lange Zeit Anwendungen in der Luftfahrt vorbehalten gewesen. Insbesondere in den letzten 20 Jahren hat der Einsatz von Radarsystemen im Automotive-Bereich die Entwicklung von siliziumbasierten integrierten Schaltungen zu immer höheren Frequenzen ermöglicht. Auf dieser Basis vollzog sich die Entwicklung von hochintegrierten, leistungsstarken Radarsystemen, was der Radartechnologie zahlreiche neue Anwendungsfelder eröffnete.

Radarsysteme arbeiten von wenigen MHz bis in den THz Bereich. Sie können nicht nur den Abstand und die Geschwindigkeit eines Objektes sehr präzise vermessen, sondern durchdringen auch abhängig von der Wellenlänge eine Vielzahl von elektrisch nicht leitenden Stoffen sowie Regen Nebel oder Schnee. Durchdringt die elektromagnetische Welle ein Medium, wird sie verzögert. Die gemessene Verzögerung erlaubt dann bei bekanntem Medium eine exakte Schichtdickenmessung. Es überrascht somit wenig, dass Radarsysteme im industriellen Umfeld zuerst ihre Anwendungen in Bereichen gefunden haben, in denen die Sichtbedingungen kritisch sind. Zu den ersten industriellen Anwendungen gehörte die Überwachung von Füllständen. Nach und nach wurden weitere Anwendungen erschlossen wie z. B. in der Stahlindustrie zur Bestimmung der Breite in Walzprozessen oder die Bestimmung der Schichtdicke von Kunststoffen in Extrudern.

Bei allen Vorteilen bleibt ein Nachteil der Radartechnologie bestehen. Die großen Wellenlängen, die einerseits es erst ermöglichen Medien zu durchleuchten, begrenzen das Auflösungsvermögen abbildender Radarsysteme. Vergleicht man den Wellenlängenbereich von Radarsystemen, der sich vom Meterbereich bis in den Millimeterwellenbereich erstreckt mit dem Bereich des sichtbaren Lichtes von 750nm bis 400nm, dann benötigt ein Radarsystem eine um den Faktor 1.000 bis 1.000.000 größere Apertur um eine vergleichbare Bündelung zu erreichen. Hier setzt nun die Entwicklung abbildender Radarverfahren an, die sich im Wesentlichen auf drei Verfahren zurückführen lässt.

Abbildung mit Millimeterwellen-Optiken

Nahbereichsanwendungen nutzen in der Regel eine fokussierende Optik wobei sich das zu betrachtende Objekt im Brennpunkt befindet. Wird das Objekt im Brennpunkt bewegt kann es zweidimensional abgebildet werden. Die Wellenlänge der verwendeten Messfrequenz bestimmt dabei die erreichbare laterale Auflösung, für ein System bei 300 GHz kann bei starker Bündelung mit kurzer Brennweite eine Fokussierung auf unter 500 µm erreicht werden.

Da Radarsysteme eine Phasen- und Laufzeitmessung ermöglichen, können Objekte nicht nur zwei- sondern auch dreidimensional rekonstruiert werden. Hierbei muss zwischen der Auflösung und Messgenauigkeit unterschieden werden. Die Auflösung bestimmt die Fähigkeit eines Radars zwei benahbarte Objekten voneinander zu trennen. Der minimale Abstand zweier zu trennender Objekte wird dabei durch die Bandbreite des Radarsystems bestimmt und liegt in der Regel bei maximal 10% bis 30% der Mittenfrequenz des Radarsystems. Der Einfachheit halber wird beispielsweise eine Entfernungsauflösung von 2mm angenommen. Befindet sich nun in dieser Entfernungszelle nur ein einzelnes Streuzentrum z.B. ein plane Fläche kann die Entfernung zu dieser Fläche über die Phaseninformation bei einem kohärenten Radar deutlich genauer bestimmt werden. Üblicherweise liegt die longitudinale Messgenauigkeit um den Faktor 100 höher als die laterale Auflösung eines entsprechenden Systems.

Für die in Abbildung 1c) dargestellte Messung wurde ein Radarsystem bei einer Mittenfrequenz von 240 GHz mit einer Bandbreite von 40 GHz genutzt. Der komplette Hochfrequenzteil des Radars wurde in SiGe- Technologie in einem einzelnen Chip realisiert. Das Radarsystem tastet mittels eines XY-Schrittmotors eine Schieblehre ab, welche auf einem Styroporblock liegt, unter dem sich eine Metallplatte befindet. Durch die Fusion der Reflektion der Oberfläche der Schieblehre mit den Abschattungseffekten und der Phasenauswertung kann ein exaktes 3D-Bild der Schieblehre erstellt werden.

Theoretisch können auf diese Weise verpackte Produkte kontrolliert werden, jedoch ist die Messzeit für den Einsatz in einer Bandstraße viel zu langsam, sodass die Technologie sich eher zur Einzelstückprüfung eignet. Dies gilt insbesondere bei Kunststoffformteilen bei denen die Zusammensetzung und Struktur innenliegender Schichten abgebildet werden soll.

Wesentlich schneller arbeiten Systeme auf Basis eines rotierenden Scanners. Bei diesen Systemen wie T-Sense wird eine Transmissionsmessung durchgeführt. Das zu vermessende Objekt wird dabei zwischen zwei rotierenden Sonden durchgeführt. Dabei werden die Proben kreisförmig abgetastet. In der aktuellen Gerätegeneration werden mit diesem besonders schnellen Scanverfahren pro Sekunde 30.000 Messpunkte abgetastet. Hierdurch ist es z.B. möglich einen DINA4 Briefumschlag innerhalb weniger Sekunden zu scannen.

Abbildung mit SAR-Verfahren

Für größere Strukturen wie Fensterrahmen oder Windkraftflügel sind diese Messverfahren jedoch ungeeignet. Für komplexere 3D Strukturen wird dabei gerne auf synthetische Apertur Verfahren (SAR) zurückgegriffen. Bei diesen wird das zu untersuchende Objekt in einem größeren Abstand mit einem kohärenten Radar abgetastet und dabei eine synthetische Apertur aufgespannt. Dabei werden keine stark bündelnden Antennenkonzepte eingesetzt, wie bei der Nahbereichsabtastung, sondern Antennen mit einer besonders breiten Antennenkeule.

Während der Abtastung werden die einzelnen Reflektionspunkte des zu vermessenden Objektes unter verschiedenen Winkeln erfasst und durch mathematische Verfahren wie dem „Backprojection“-Algorithmus ein fokussiertes Bild erzeugt. Bei der Verwendung einer synthetischen Apertur bei einer endlos laufenden Bewegung wird die numerische Apertur der Abbildung nur durch den Öffnungswinkel der Antenne bestimmt. Mit steigender Entfernung von Messobjekt wächst gleichzeitig auch die Größe der synthetischen Apertur, sodass die räumliche Auflösung entfernungsunabhängig ist. Aus diesem Grunde werden SAR Verfahren häufig von satellitengestützten Radarsystemen zur Erdbeobachtung eingesetzt. Sie eignen sich aber auch hervorragend für Nahbereichsanwendungen und werden heute insbesondere für Sicherheitsscanner eingesetzt.

Bildgebung durch MIMO-Radarsysteme

Jedoch benötigen SAR-Verfahren die Bewegung entweder des Sensors oder des zu untersuchenden Objektes. Aktuell steht die Entwicklung von radargestützten Kamerasystemen im Fokus der Forschung. Da vollbesetzte Antennenarrays noch zu aufwendig sind, wird auf MIMO Systeme zurückgegriffen bei denen in der Regel sequentiell Sender durchgeschaltet sind, deren Signale von einer Empfangszeile detektiert werden. Hierdurch entsteht ein virtuell voll besetztes Array.

Die bekannteste Anwendung für diese Technologie ist der QPS200 Köperscanner von Rohde & Schwarz der mittlerweile an zahlreichen deutschen Flughäfen installiert ist. Steigert man die Frequenz entsprechender Systeme und kombiniert sie gleichzeitig mit einer günstigen Silizium-Technologie lassen sich hochintegrierte Radarkameras entwickeln. Erste kompakte Prototypen existieren bereits, jedoch steht diese Entwicklung erst am Anfang und erfordert noch weitere Schritte insbesondere bezüglich der Integration und der Entwicklung hin zu höheren Frequenzen. Langfristig könnten 300 GHz-Radarkameras aber in einer Vielzahl von industriellen Bereichen zur Anwendung kommen.

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