Der Preis der Aerodynamik
Optimierte Bilderfassung und -analyse ermöglichen kostengünstige Echtzeit-Messungen im Windkanal
Für Branchen wie die Luft- und Raumfahrt oder die Automobilindustrie sind reale Aerodynamiktests in Windkanälen immer noch nicht wegzudenken. Solche Messungen sind aber extrem kostenintensiv. Deshalb sollte die Zeit im Windkanal immer möglichst effizient genutzt werden.
Im Windkanal dauert die Messung selbst oft nur einen Bruchteil der Gesamtnutzungszeit - der Großteil wird für die Vorbereitung des Experiments und die nachträgliche Verarbeitung der Daten aufgewendet. Je nach Datenmenge und verfügbarer Rechenleistung kann die Datenverarbeitung mehrere Stunden dauern. Um diese teure und ineffiziente Standzeit zu vermeiden, werden die Bilddaten oft erst einmal abgespeichert und später ausgewertet. Stellt sich dann heraus, dass aus irgendeinem Grund die Daten nicht auswertbar sind, muss die gesamte Messung wiederholt werden.
Das Forschungsinstitut für Bildverarbeitung, Umwelttechnik und Strömungsmechanik (FIBUS) in Hamburg entwickelt Messmethoden und Softwarelösungen, um bei gleicher Präzision Windkanalexperimente zu beschleunigen und somit Kosten zu reduzieren. Hauptanwendungsgebiete sind die Analyse von Vibrationen, Torsionen und Schwingungen des Testobjekts - etwa einer Tragfläche - unter dem Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit im Flugbetrieb oder die Messung der Luftströmungen und Turbulenzen um das Objekt herum. In beiden Fällen werden High-Speed-Kameras eingesetzt, um die kleinsten Veränderungen in den kürzesten Zeitabständen zu ermitteln und auch hochfrequente Schwingungen erfassen zu können.
Luftströmungsanalyse mit Particle Image Velocimetry
Für die klassische Aerodynamikmessung, also die Analyse der Luftströmungen und Turbulenzen, wird die sog. Particle-Image-Velocimetry-Methode (PIV) verwendet. Die Luftströme werden dadurch sichtbar gemacht, dass dem Luftstrom Mikropartikel zugesetzt werden. Spezielle Bildverarbeitungssysteme erfassen Bilder dieser Partikel im Luftstrom und kalkulieren über eine Korrelationsanalyse deren Laufbahn. Daraus entsteht eine präzise Modellierung der Strömungen und Turbulenzen etwa an der Tragfläche eines Flugzeugs.
Bei der PIV von turbulenten oder wirbelbehafteten Strömungen geht es darum, die Strömung mit einer möglichst hohen Bildrate zu erfassen, wobei gleichzeitig die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Bildern so gering wie möglich zu halten ist. Nur so kann die Position von korrelierten Partikeln in den aufeinander folgenden Bildern einfach ermittelt und die Messgenauigkeit auch bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten beibehalten werden.
PIV kann entweder zweidimensional oder dreidimensional gemessen werden, indem eine bzw. zwei Kameras eingesetzt werden. Bei der dreidimensionalen Messung wird die Position der Partikel im Raum mittels Triangulation ermittelt.
Das FIBUS Institut entwickelte eine spezielle Software für PIV: PicColor. Diese Software ist für die Auswertung hochauflösender Bilder in Echtzeit ausgerichtet. Sie kann auf bis zu 32 Prozessorkernen betrieben werden.
Das Prinzip der PicColor-Software ist es, nicht jeden einzelnen Partikel zu verfolgen, sondern die Veränderungen im Bildmuster von Bild 1 zu Bild 2 zu messen (Abb. 2). So lässt sich die Rechenleistung optimal nutzen und der Rechenprozess erheblich beschleunigen. Um dennoch eine ausreichende Genauigkeit zu erzielen, wird das Vollbild in kleine quadratische Auswertungsfenster aufgeteilt. Standardmäßig sind diese Fenster 32 x 32 Pixel groß, diese Maße können aber je nach Anwendung angepasst werden.
Bisher wurden die meisten PIV-Messungen bei quasistationären Strömungen durchgeführt, deren Verlauf über die Zeit nahezu unverändert bleibt. In letzter Zeit kommen jedoch immer mehr Messaufgaben dazu, in denen nicht stationäre Strömungen untersucht werden sollen, die sich über die Zeit unvorhersehbar verändern. Bei diesen ist es wichtig, in sehr schneller Zeitfolge PIV-Bilder zu erzeugen. Dies ist das sog. Time-Resolved-PIV.
Für solche PIV-Applikationen eignet sich die Bonito CL-400 Kamera von Allied Vision Technologies in besonderer Weise. Die Kamera ist mit einem 4 Megapixel Global Shutter CMOS-Sensor ausgestattet und liefert knapp 400 Bilder pro Sekunde.
Außerdem verfügt die Bonito über einen speziellen PIV-Modus, in dem die Kamera ohne Verschluss für jedes Trigger-Signal nicht nur ein, sondern zwei aufeinanderfolgende Bilder generiert. Die Bildaufnahme wird durch den Takt einer mit der Kamera synchronisierten gepulsten Beleuchtung bestimmt. Durch den Wegfall des elektronischen Shutters kann der zeitliche Bildabstand auf ca. 550 ns reduziert werden. So lassen sich Laufbahn und Geschwindigkeit der Partikel noch genauer ermitteln.
Streaming und Bildverarbeitung in Echtzeit
Ein weiterer Vorteil der Bonito CL-400 Kamera ist der Echtzeit-Datentransfer über die doppelte 10-tap Camera Link Full+ Schnittstelle. Die in Windkanälen oft eingesetzten Hochgeschwindigkeitskameras erreichen zwar hohe Bildraten über 1.000 fps bei voller Auflösung, die Bilddaten müssen aber erst in den begrenzten internen Speicher der Kamera zwischengespeichert werden, um nachträglich mit einer geringeren Datenrate an den Rechner übertragen zu werden. Dieser sequenzielle Prozess bringt eine erhebliche Zeitverschwendung mit sich, die in Windkanälen teuer sein kann.
Mit entsprechender ROI können mit der Bonito sehr hohe Bildraten über 1.000 fps erzielt werden und die Bilddaten in Echtzeit übertragen und verarbeitet werden. Im Windkanal lässt sich so mit Echtzeit-Bildverarbeitung viel Zeit und Geld sparen. Der clevere Einsatz von ROIs, die intelligenten Bildauswertungsalgorithmen des FIBUS Instituts und AVTs Bonito-Kameras mit integriertem PIV-Modus machen es möglich.
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