Bildverarbeitung

Weiter Anwendungsbereich für die Bildverarbeitung

„Geoinformatik und Vermessung" an der Fachhochschule Mainz

23.05.2014 -

In der industriellen Bildverarbeitung hat sich die 3D-Vermessung mittlerweile als praxistaugliche Methode etabliert. Vermessungsingenieure arbeiten bereits seit Jahrhunderten auf diesem Gebiet, wenn auch meist in größeren Dimensionen als die Bildverarbeiter in der Industrie. Daher lohnt sich ein Blick auf die einschlägigen Studienangebote und Forschungsaktivitäten.

Ingenieure für Geoinformatik und Vermessung, wie sie an der Fachhochschule Mainz ausgebildet werden, beherrschen sowohl die hochgenaue und zuverlässige Vermessung geometrischer Parameter an Bauwerken und Objekten als auch die objektorientierte Programmierung, den Umgang mit Datenbanken, die computergestützte Konstruktion von Karten und Plänen sowie die Grenzvermessung zur Klärung von Eigentumsfragen. Photogrammetrie ist eine der messtechnischen Methoden, die dazu eingesetzt werden. Letztlich geht es dabei um die Geometrieerfassung im dreidimensionalen Raum in allen Maßstäben, von Dimensionen im Bereich von Millimetern bis zu mehreren Kilometern. Auch in der industriellen Bildverarbeitung sind sehr große Objekte keine Seltenheit mehr, z.B. bei der Prüfung von Rotorblättern von Windkraftanlagen. Wenn bei der Inspektion von kleineren Objekten mit Abmessungen zwischen einigen Millimetern und mehreren Zentimetern in der laufenden Produktion die äußere Form erfasst wird, sprechen wir von 3D-Bildverarbeitung. Genauso treffend könnte man diese Methoden der Nahbereichs-Photogrammetrie zuschreiben und wäre unmittelbar im Arbeitsfeld von Vermessungsingenieuren. Wer sich klarmacht, dass Bildverarbeitung eine Ingenieurdisziplin ist, die Messtechnik und Informatik verknüpft, sieht sofort, dass Ingenieure der Geoinformatik und Vermessung gute Voraussetzungen für eine Tätigkeit in der Bildverarbeitungsbranche mitbringen.

Das Studienprogramm

Das Bachelor-StudiumGeoinformatik und Vermessung" führt in der Regelstudienzeit von sechs Semestern zum „Bachelor of Science", das darauf aufbauende, konsekutive Master-Studium mit der Regelstudienzeit von vier Semestern zum „Master of Science" (Weitere Informationen). Beide werden als Präsenzstudium in Vollzeit angeboten. Im Bachelor-Studium gibt es im sechsten Fachsemester eine berufspraktische Phase, bestehend aus dem Praxisprojekt und der Bachelor-Arbeit. Neben der erforderlichen Hochschulzugangsberechtigung muss als Zugangsvoraussetzung lediglich ein Fachpraktikum von 12 Wochen Dauer nachgewiesen werden. Dieses Praktikum kann jedoch auch studienbegleitend bis zum Ende des zweiten Studienjahres absolviert werden. Kernfächer mit unmittelbarem Bezug zur Bildverarbeitung sind Photogrammetrie, Sensorik und Bildverarbeitung. Der Studienbereich ist mit ca. 190 Studierenden im Bachelor-Studiengang, über alle Fachsemester gerechnet, nicht sehr groß. Das Studienprogramm wird von 11 Professoren getragen, so dass eine gute Betreuung gewährleistet ist.

Vertiefung im Master-Studiengang

Der Master-Studiengang ist forschungsorientiert und dient der Vertiefung der im vorgelagerten Bachelor-Studium erworbenen Kenntnisse. Er steht grundsätzlich auch Absolventen fachverwandter Studiengänge offen. Das Studienangebot ist sehr flexibel gestaltet. Lediglich ein Modul und die Master-Arbeit sind Pflichtmodule, alle anderen Module können aus einem Wahlpflichtkatalog zusammengestellt werden. Die Studierenden können damit weitgehend eigene Schwerpunkte bilden. Die Studiengangsleitung schreibt dazu: „Ein im Bereich der Vermessung orientiertes Studienprofil erlaubt z.B. die Vertiefung auf den Gebieten Ingenieurgeodäsie, industrielle Messtechnik, 3D-Photogrammetrie und Land-management. Ein Studienprofil für die Geoinformatik verstärkt die Kompetenzen im Zusammenhang mit der digitalen Bildanalyse, dem Software-Engineering, verteilten Geoinformationssystemen usw." (Weitere Informationen). Kernfächer mit Bezug zur industriellen Bildverarbeitung sind Bildanalyse, 3D-Photogrammetrie und Messtechnik. Entsprechend kann man sich gut vorstellen, dass Studierende sich ein Profil für eine Tätigkeit in der Bildverarbeitungsbranche zusammenstellen können. Auch im Master-Studiengang sind die Studienbedingungen mit ca. 20 Studierenden, über alle Semester gerechnet, sehr gut. Insgesamt werden in Mainz in diesem Studienbereich jährlich etwa 30 Bachelor-Abschlüsse und 15 bis 20 Master-Abschlüsse vergeben.
Eine deutschlandweit einzigartige Besonderheit des Master-Studiengangs in Mainz ist der Bezug zu den Geisteswissenschaften wie Archäologie und Paläontologie. Die 3D-Erfassung von Bauten, Kunstwerken und Ausgrabungsstätten ist ein wichtiges Instrument für die damit befassten Altertumsforscher und Kunsthistoriker (Abb. 1). Professoren und Studierende sind regelmäßig bei entsprechenden Messkampagnen eingebunden, und im Master-Studiengang können entsprechende Module aus den Geisteswissenschaften gewählt werden, so dass ein interdisziplinäres Studienprofil entsteht.

Das Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik

Eine wichtige Ergänzung des Studienprogramms ist das i3, „Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik", in dem die zugehörigen FuE-Aktivitäten gebündelt sind (Weitere Informationen). Es wurde im Jahr 1998 gegründet, um der steigenden Zahl von Drittmittel-Projekten einen Rahmen zu geben. Seitdem ist das Institut, in dem 9 Professoren und mehr als 20 wissenschaftliche Mitarbeiter sowie zahlreiche Studierende tätig sind, mit insgesamt ca. 40 Mitarbeitern zu beachtlicher Größe angewachsen (Abb. 2). Es wird kooperativ von Prof. Boochs und Prof. Klonowski geleitet. Das i3 akquiriert einen Jahresetat von weit mehr als einer Million Euro und greift dazu auf Mittel der FH Mainz, des Landes Rheinland-Pfalz, aus öffentlichen Förderprogrammen, von der Europäischen Union und aus der Wirtschaft zu.

Schwerpunkte des i3

Auch bei den FuE-Aktivitäten spielen interdisziplinäre Ansätze eine große Rolle, z.B. beim 2012 gestarteten EU-Projekt „Colour and Space in Cultural Heritage". Dieses Projekt soll den interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaftlern aus den Geistes-, Natur- und Ingenieurwissenschaften anregen und der Dokumentation des kulturellen Erbes in Europa dienen. Es ist einem der Schwerpunkte des Instituts zugeordnet, dem „Kompetenzzentrum Raumbezogene Informationstechnik in den Geisteswissenschaften". Weitere Schwerpunkte sind optische 3D-Messtechnik, Geoinformationssysteme und Informationstechnik. Diese insgesamt vier Schwerpunkte decken auch vier der insgesamt sechs von der FH Mainz als Handlungsfelder im Forschungsprofil der Hochschule definierten Bereiche ab. Das i3 ist daher ein wesentlicher Träger der Forschung an der Fachhochschule Mainz.
Im Bereich 3D-Messtechnik sind viele Projekte mit unmittelbarem Bezug zur industriellen Bildverarbeitung angesiedelt. Abbildung 3 zeigt ein Messsystem, das aus einer Tiefenbildkamera und einer Standard-Kamera auf einer gemeinsamen Plattform besteht, deren Bilddaten fusioniert werden. Das Institut ist auch in der Lage, Präzisionsmaßstäbe zu kalibrieren. In Abbildung 4 ist der Längenkomparator LK5 zu sehen, der sich insbesondere für die Kalibrierung von Maßstäben mit kreisförmigen Zielmarken eignet.
Eine weitere Besonderheit des i3 sind die intensiven internationalen Aktivitäten. Durch die Anbindung an Fragestellungen aus der Archäologie ergeben sich häufig Projekte mit Einsatzorten auch im fernen Ausland. Darüber hinaus gibt es rege Kontakte zu Hochschulen in Europa, die auch für eine Reihe von kooperativen Promotionen genutzt werden konnten.

Fazit

Das Studienprogramm „Geoinformatik und Vermessung" hat inhaltlich viele Berührungspunkte mit Themenfeldern aus der industriellen Bildverarbeitung. Insbesondere die 3D- oder Stereo-Bildverarbeitung kann als spezielle Ausprägung der Photogrammetrie angesehen werden. Geometrische Kamerakalibrierung oder Bündelausgleich sind Methoden, die sowohl in der Vermessung als auch in der Bildverarbeitung verortet werden können, und auch die Verfahren der Ausgleichsrechnung, die die Vermessungsingenieure verwenden, sind vielen Bildverarbeitern wohlbekannt. Die Kompetenz in der optischen Messtechnik ist offensichtlich, wenn man einen Blick auf die Kalibrierung von Präzisionsmaßstäben wirft. Und die Aktivitäten mit Bezug zu Geisteswissenschaften sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich Anwendungen der Bildverarbeitung aus dem industriellen Umfeld heraus in den Außenbereich ausbreiten. Schließlich ist das angekoppelte Forschungsinstitut i3 ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Verknüpfung von Forschung und Lehre und gibt den Studierenden die Möglichkeit, sich bis hin zur Promotion für eine Tätigkeit im Wissenschaftsbereich weiter zu qualifizieren. Nicht zuletzt ist das i3 auch ein Beispiel dafür, was eine kleine Gruppe von engagierten Enthusiasten über die Jahre mit Beharrlichkeit erreichen kann.

Kontakt

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64295 Darmstadt
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