Bildverarbeitung

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

µ-Inspektionssystem mit Digitalkameras misst mikroskopische Bonddrahtverbindungen

21.10.2013 -

In Sensoren für die Automobilindustrie wird die enthaltene Mikroelektronik mittels Bonddrähten verbunden. Weist die
Verbindung Fehler auf, funktioniert das gesamte elektronische Bauteil nicht. Daher werden die Verbindungen mit Hilfe
eines BV-Systems, Digitalkameras und einer Auswerte-Software geprüft.

Ein Bonddraht ist ein nur wenige Mikrometer dünner Metalldraht, der für Verbindungen in der Mikroelektronik eingesetzt wird. Die Drähte werden maschinell über das sogenannte Ball-Wedge-Bond- beziehungsweise Wedge-Wedge-Bond-Verfahren mit Ultraschall verschweißt. Die Qualität des Bonds sowie die Ausprägung des Bondfußes sind für die Funktion des gesamten elektronischen Bauteils entscheidend. Fehlt eine Bondverbindung beziehungsweise ist sie fehlerhaft, funktioniert das gesamte Produkt nicht.
Ein solches Risiko ist zum Beispiel für Hersteller von Sensoren für die Automobilindustrie, die oftmals eine Sicherheitsfunktion erfüllen, nicht akzeptabel. So gab ein führender Anbieter von Sensortechnik den Unternehmen SMD Production-Technology (SMD-PT) und Weno den Auftrag, eine Prüfanlage zu entwickeln, die jeden einzelnen Bonddraht auf jedem Sensor kontrollieren kann. Weno entwickelt seit 1982 industrielle Automationssysteme und bietet seinen Kunden zudem Dienste für die Auftragsfertigung von Präzisionsteilen an. Im Zusammenhang mit der Bildaufnahme sowie der Entwicklung von Sonderbeleuchtungen hat die SMD-PT die Auswertung mit der AlfaVis-Software weiterentwickelt.

Präzision im Mikrometerbereich
Bei den zu prüfenden Sensoren werden 30 µm Aluminiumdrähte sowohl auf dem Chip als auch auf dem Goldpad gebondet/verschweißt. Nach dem Schweißen hat der Draht nur noch rund 10 bis 15 µm Höhe, die Breite, sprich die Deformierung, beträgt 35 µm bis 60 µm je nach Spezifikation. Die Toleranz liegt im Regelfall bei ±2 bis 4 µm. Anhand dieser Eckdaten wird die technische Herausforderung deutlich: Bisher gab es laut Hersteller keine Bildverarbeitungssysteme auf dem Markt, die eine Präzision unter 100 µm gewährleisten konnten.
Ein diesen Anforderungen entsprechendes System entwickelten die Firmen Weno und SMD-PT mit dem µ-Precision-Inspektionssystem. Für die Messung werden die Sensoren auf einer Trägerplatine in eine 8x10 Matrix gesetzt, sodass bei einem Prüfvorgang 80 Sensoren kontrolliert werden. Je nach Ausführung sind die einzelnen Sensoren mit 18 bis 26 Bonddrähten bestückt, die jeweils beide Bondpositionen Source und Destination aufweisen.
Die Platine wird horizontal in die Prüfzelle eingeführt. Diese besteht aus zwei Achsen, auf denen sich Digitalkameras samt Beleuchtung über die Platine bewegen. Insgesamt ist das System mit drei Kameras ausgestattet. Mit der ersten Kamera erfolgt die Lagekorrektur über Fiducialmarken, um die Position der Platine in der Prüfzelle, die von einem Messvorgang zum anderen leicht abweichen kann, auszurichten. Aus den ermittelten Informationen wird die Positionierungsmechanik der beiden weiteren Kameras kalibriert. Diese erfassen parallel Bilder von zwei unterschiedlichen Sensoren in mehr als 2.000 Prüfpositionen, die mit hoher Präzision mechanisch angefahren werden.
Bei den Kameras handelt es sich um Guppy-F-146B-Monochromkameras von Allied Vision Technologies. Die kleinen FireWire-Kameras für industrielle Inspektionsanwendungen sind mit einem 1,4Megapixel-CCD-Sensor ausgestattet und liefern 17,7 fps bei voller Auflösung. Beide Prüfkameras sind mit telezentrischen Messobjektiven ausgestattet. Mit Hilfe einer speziell für diesen Zweck entwickelten LED-Beleuchtung wird der Kontrast zwischen Bond/Schweißpunkt und Untergrund erhöht.

Mikroskopische Prüfung ohne Mikroskop
Die erfassten Bilder beschränken sich auf eine AOI (Area of Interest) von 500 x 700 Pixeln und bieten eine Auflösung von rund 0,8 µm pro ­Pixel. Sie werden von einer ebenfalls speziell für diese Applikation programmierten Software ausgewertet. Diese basiert auf der Bibliothek von Matrox Imaging.
Jeder Draht bildet einen Bogen zwischen zwei Verbindungspunkten. Auf dem Rücken dieses Bogens wird eine Lichtreflexion erzeugt, die von der Software erkannt wird. Anhand dieser Informationen werden die Drähte gezählt und auf ihre Vollständigkeit geprüft. Form und Position der Reflexion geben zudem Informationen über die Höhe des Bogens. Schließlich analysiert die Software die Bilder der Bond-Schweißpunkte und errechnet präzise ihre Maße aus deren Geometrie. Auch der Abstand zwischen Schweiß- und Abreißpunkt (Tail) wird gemessen. Durch die Kombination aus Belichtungskonzept und Software erreicht µ-Precision laut Unternehmen als einziges konventionelles Bildverarbeitungssystem eine solche Genauigkeit. Alle Daten werden protokolliert und jedem einzelnen Bauteil zwecks Rückverfolgbarkeit zugeordnet.
Am Ende eines Prüfvorgangs zeigt die Maschine die Matrix der Messplatine an einem druckempfindlichen Bildschirm an: In einem 8x10er Raster werden die fehlerfreien Bauteile als grüne, die fehlerhaften als rote Fläche dargestellt. Drückt der Maschinenführer auf eine rote Fläche, erhält er Einblick in die Bildersammlung des fehlerhaften Bauteils, um die Ursache für den Fehler zu suchen. Ein fehlerhafter Kontakt reicht aus, um das gesamte Bauteil zu verwerfen.

Kontakt

Allied Vision Technologies GmbH

Taschenweg 2A
07646 Stadtroda
Deutschland

+49 36428 / 677- 0
+49 36428 / 677- 28

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