Temposünder in Erklärungsnot
Zero-Defekt-Konzept für die Automotive-Industrie
Wenn Sie die Polizei demnächst anhält, weil Sie etwas schneller unterwegs waren als die erlaubten 50 km/h, haben Sie hoffentlich eine gute Ausrede parat. Denn an schlecht erkennbaren Zahlen auf der Geschwindigkeitsanzeige kann es nicht gelegen haben. Denn die Ziffernblätter werden bei Johnson Controls, einem Zulieferer der Automobilindustrie, mit einem AOI-Konzept auf ihre Erkennbarkeit geprüft.
Moderne KFZ-Instrumententafeln sind mit Anzeigesymbolen in Durchlichttechnik ausgestattet. Die Translumineszenz der weiß hinterlegten Folie ist so eingestellt, dass die Konturen der Symbole bei abgeschalteter Hinterleuchtung nicht zu erkennen sind. Die Bauteiloberfläche erscheint im Bereich der Anzeigeelemente völlig homogen, was dem Fahrer ein Gefühl von Eleganz, Klarheit und Übersichtlichkeit vermittelt.
Als internationaler Zulieferer der Automobilindustrie muss Johnson Controls hohe Fertigungsstandards erfüllen. Daher gehören eine hohe Produktivität und die Garantie eines stabilen Zero-Defekt-Qualitätsniveaus zu den primären Konzernzielen. Um diese umzusetzen, suchte das Unternehmen im Jahr 2010 nach AOI-Konzepten (Automatisch Optische Inspektionssysteme), mit denen die Ziffernblätter vollautomatisch geprüft werden können. Diese sollten die bisherige Sichtprüfung ablösen und sich innerhalb von maximal 18 Monaten amortisieren. Der Aufgabe stellte sich Panasonic Electric Works Europe und entwickelte gemeinsam mit dem Sondermaschinenbauer Mach'Tel ein flexibles AOI-Bildverarbeitungskonzept für die 100-Prozent-Inspektion von Displayfolien für Fahrzeug-Ziffernblätter beziehungsweise Armaturentafeln.
Farbzeilen individuell steuern
Bei dem AOI-Konzept testen zwei unabhängige optische Prüfstationen die Displayfolien. Die Nachtansicht-Darstellung wird mit weißem Durchlicht geprüft. Deutlich komplexer ist es, die Tagansicht mit roter und blauer Beleuchtung zu prüfen. Um den hohen optischen Prüfanforderungen hier gerecht zu werden, werden LED-Zeilenarrays mit mehr als 200 selektierten High-Efficiency-LEDs eingesetzt. Diese mikroprozessorgesteuerten, intelligenten Beleuchtungen werden vom Leitrechner in Helligkeit und Einfallswinkel optimal an die Prüfaufgabe angepasst.
Für die Bildaufnahmen wurde eine Zeilenkamera eingesetzt, bei der sich die einzelnen Farbzeilen individuell in der Belichtungszeit steuern lassen. Daraus resultiert die Möglichkeit, drei voneinander getrennte Farbbilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten gleichzeitig in einem Durchgang zu prüfen. Der Anwender kann so einen Großteil der bislang benötigten Zeit einsparen. Zudem gewinnt man Flexibilität bei der Detektion von schwierigen Oberflächenfehlern, die im Normalfall kaum zu finden sind.
Da hier sehr große Datenmengen anfallen und die gesamte Prüfaufgabe sehr rechenintensiv ist, wird pro Farbkanal ein Rechner zur Auswertung des Bildes herangezogen. Durch die parallele Verarbeitung der Bilder auf mehreren Rechnern können zudem recht kurze Taktzeiten realisiert werden.
Das vorgestellte Konzept deckt ein Bildfeld von bis zu 350 x 145 mm ab. Bei der aktuellen Kameraauflösung von 4.096 Pixel und einer vertikalen Anzahl von über 11.500 Zeilen beträgt die resultierende örtliche Auflösung 36 µm/Pixel. Die bereits gesammelten Produktions-Erfahrungen zeigen, dass kleinste Defekte wie minimale Kratzer, Pinholes, Lacküberschuss oder minimale Kontur-Abweichungen der Symbole beziehungsweise die Anlagerung von kleineren Staubpartikeln zuverlässig erkannt werden.
Software-Paket für optische Qualitätsprüfung
Als Bildverarbeitungs-Software wird das Machine Vision Tool Vision P400 von Panasonic eingesetzt. Das seit 1996 kontinuierlich weiterentwickelte System bietet neben den üblichen Routinen der industriellen Bildverarbeitung gute Customising-Möglichkeiten. Innerhalb der bekannten Standardoberfläche steht dem Kunden ein neues, maßgeschneidertes Prüfelement zur Verfügung. Mit der speziell für diese Anwendung entwickelten Prüffunktion - auch genannt Checker - Adaptive Pattern Inspection lässt sich ein produktionsfertiges Prüfprogramm mit effektiver Fehlerabdeckung in weniger als einer halben Stunde erstellen. Das kundenspezifische Prüfelement hilft, dass die wichtigsten Einstellungen bei der Programmgenerierung (Training) weitgehend automatisiert ablaufen. Bei manuellen Parameter-Anpassungen sieht der Benutzer über die Darstellung der einzelnen Verarbeitungsschritte sofort in Echtzeit, welche Auswirkung die Änderung nach sich zieht. So kann der Werker effizient arbeiten und gegebenenfalls kleinere Anpassungen sicher selbst vornehmen.
Die Bildverarbeitung alleine nutzt wenig, das heißt die komplette AOI-Anlage muss harmonieren, alle einzelnen Komponenten und Prozessverfahren müssen exakt aufeinander abgestimmt werden, ohne dass der Kostenrahmen überschritten wird.
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