Bildverarbeitung

Blinder Passagier an Bord

Mit Wärmebildtechnik Einlagerungen in Flugzeugen erkennen

27.03.2012 -

Durch enorme Druckschwankungen während eines Fluges kann Wasser in die Außenhaut von Flugzeugen eindringen. Dieses gefriert mit zunehmenden Höhenmetern und taut bei der Landung wieder auf. Da dieser sich ständig wiederholende Vorgang das Material schädigt, werden die Flugzeuge nach der Landung mit Wärmebildkameras auf Wassereinlagerungen untersucht.

Verbundwerkstoffe für moderne Flugzeuge müssen zum einen extrem robust, zum anderen sehr leicht sein. Zudem hängt von den Werkstoffen die Leistungsfähigkeit und Flugtüchtigkeit ab. Die moderne Luftfahrt nutzt daher bei ihren Konstruktionen häufig die Wabenstruktur. Sie ähnelt den Honigwaben in einem Bienenstock und zeichnet sich sowohl durch Leichtigkeit als auch Widerstandsfähigkeit aus. Solange diese Struktur intakt ist, besteht ein ausgeglichenes Verhältnis von Gewicht zu Stabilität - vorausgesetzt, die Waben sind mit der Außenhaut dauerhaft verklebt, wie es bei Tragflächen der Fall ist. Häufig werden für ihre Herstellung Verbundwerkstoffe wie zum Beispiel Kohlenstofffasern eingesetzt.
Trotz optimierter Klebeprozesse ist das Waben- und Außenhautmaterial nicht perfekt miteinander verbunden, sodass durch große Druckschwankungen Luft in die Waben hineingedrückt und wieder herausgesaugt werden kann. Da Flugzeuge beim Steigen und Sinken enormen Druckschwankungen ausgesetzt sind, ist das Risiko relativ groß, dass auf diesem Weg Wasser eindringen kann. Wenn ein Flugzeug beim Start Höhen erreicht, in denen der Luftdruck niedriger ist, entweicht Luft aus nicht vollständig versiegelten Waben. Zudem ist die Luft in großen Höhen kälter, sodass sich Kondenswasser bilden kann, das dann in den Waben zurückbleibt. Nach der Landung des Flugzeugs strömt dann wärmere und feuchtere Luft in die Zellen. Wenn sich dieser Vorgang mehrmals wiederholt hat, füllt sich die Wabe mit Wasser. Jedes Mal, wenn das Flugzeug große Höhen erreicht, gefriert das Wasser in den Zellen und dehnt sich aus, was folglich die Verklebung angreift. Auf diese Art und Weise kann sich auch bei benachbarten Waben die Verklebung lösen. Auch durch einen Hagelschaden kann die Verklebung beschädigt werden, sodass Wasser eindringen kann.
Die Wabenstruktur ist zwar flexibel und widerstandsfähig, doch wenn sie einmal beschädigt ist, verliert sie diese Eigenschaften. Zudem greift das Eis auch die Klebeverbindungen der Wabenkonstruktion selbst an. Durch Vibrationen wird die gesamte Klebestruktur geschwächt oder teilweise sogar zerstört. Letztendlich wird dadurch die Stabilität des Flugzeugs geschwächt. Neben der Instabilität beeinflusst das Eis auch das Gleichgewicht des Flugzeugs. Zusätzlich verursacht das steigende Gesamtgewicht einen höheren Treibstoffverbrauch. Angesichts dieser Tatsachen müssen Wassereinlagerungen frühzeitig erkannt werden, sodass entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.

Inspektion unter Zeitdruck

Eine Möglichkeit, Wasser in den Tragflächen zu erkennen, sind Wärmebildkameras. Verwendet werden diese von dem holländischen Unternehmen Thermografisch & Adviesbureau Uden, das sich auf die Durchführung von Flugzeug-Inspektionen spezialisiert hat. „Der Großteil unserer Arbeit besteht aus elektrischen und mechanischen Inspektionen", so Ralf Grispen, kaufmännischer Leiter bei Thermografisch & Adviesbureau Uden. Wärmebildkameras werden bei regelmäßigen, vorbeugenden Instandhaltungsinspektionen im Bereich der Triebwerke und anderen Flugzeugteilen wie auch für das Aufspüren von Wassereinlagerungen in den Tragflächen und im Rumpf eingesetzt. „Derzeit haben wir schon Erfahrungen bei Inspektionen von etwa 75 Luftfahrzeugen für mehrere MROs (Maintenance, Repair and Overhaul - Luftfahrtechnische Wartungsbetriebe) und Fluglinien gesammelt", so Ralf Grispen weiter.
„Die Wärmebildtechnik bietet sich an, um Wassereinlagerungen zu entdecken", erklärt Paul Kennedy, Composite/Painting und Supervisor/Inspector bei Air Atlanta Aero Engineering. „Denn in großen Höhen bei Temperaturen von -40°C und darunter gefriert das Wasser in den Waben. Dieses ist bei der Landung noch gefroren, sodass die Wärmebildkamera die kalten Stellen noch eindeutig identifizieren kann. Mit Wärmebildtechnik sind wir zudem in der Lage, große Oberflächen in einem sehr kurzen Zeitraum zu untersuchen, das heißt bevor das Eis geschmolzen ist. Je nachdem, welche Temperaturverhältnisse am Boden herrschen, kann man sagen, dass uns in der Regel nur eine Stunde für die Inspektion eines Flugzeugs bleibt."

Durch Schnelligkeit überzeugt

Verwendet wird bei der Suche nach gefrorenem Wasser die Wärmebildkamera Flir P660. Sie liefert scharfe Wärmebilder mit einer Auflösung von 640 x 480 Pixeln, auf denen noch Details zu erkennen sind. Zudem lassen sich mit ihr Temperaturunterschiede von 0,03°C sichtbar machen. Sie besitzt einen großformatigen, aufklappbaren 5,6″-LCD-Bildschirm sowie einen Sucher, mit dem sich Inspektionen gerade im Sommer und wenn die Sonne auf das Display scheint einfach durchführen lassen. „Nach der Inspektion erstellen wir mit Hilfe der Reporter-Software einen Bericht. Mit einem einfach zu bedienenden Computerprogramm können wir den für die Reparatur zuständigen Mitarbeitern einen detaillierten und durchgängig dokumentierten Bericht mit all unseren Ergebnissen an die Hand geben. Da die Flir P660 die Möglichkeit bietet, dem Wärmebild ein Tageslichtbild als Referenz zuzuordnen, können wir ihnen die reparaturbedürftige Stelle am Flugzeug genau zeigen. Wenn die Kamera irgendeine Stelle mit beträchtlichen Wassereinlagerungen findet, wird die Außenhaut geöffnet und das Wasserbeseitigungsprogramm läuft an."
In ein Flugzeug eingedrungenes Wasser kann auch mit anderen Methoden aufgespürt werden. Doch im Vergleich zur Wärmebildtechnik entstehen hierbei erhebliche Nachteile. Beispielsweise kann man Flüssigkristall-Sensorfolien unter Vakuum auf die zu untersuchenden Bereiche kleben. Hierbei handelt es sich aber um ein langsames Verfahren, das zudem nur bei kleineren Stellen funktioniert. Die Inspektion mit Röntgenstrahlen ist ebenfalls zeitaufwändig und erfordert viel Ausrüstung und Personal.

Kontakt

Teledyne Flir

Berner Straße 81
60437 Frankfurt am Main
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