Geschnappt und verpackt
Pick&Place-Lösung mit Smart-Kamera platziert gezielt in Verpackung
Werden PUR-Schaumprodukte mit bestimmten Inhaltsstoffen abgefüllt und später verkauft, ist es Pflicht, bereits während des Abfüllprozesses jeder Dose ein Paar Schutzhandschuhe beizulegen. Mit Hilfe einer Smart-Kamera hat der Schweizer Sondermaschinenbauer Elwitec eine Pick & Place-Lösung entwickelt, mit der Deltaroboter Handschuh-Päckchen gezielt aufnehmen und sicher in den Ventilschutzkappen der Dosen platzieren können.
Der Sondermaschinenbauer Elwitec entwickelte die Pick&Place-Lösung, in der die zweidimensional erfassende Industrial-Vision-Kamera IVC-2D von Sick verwendet wird, für den Endkunden Polypag. Entschieden hat sich Elwitec für die Kameratechnik von Sick aus mehreren Gründen: Sie arbeitet genau, lässt sich einfach integrieren und parametrieren, kommt im Betrieb ohne Rechner- oder PC-Unterstützung aus und stellt dem Roboter - ohne externe Umrechnung - per Ethernet bereits in der Kamera kalibrierte Pick-Koordinaten zur Verfügung. Polypag entwickelt und produziert Polyurethan-Produktsysteme (PUR) für professionelle Bau- sowie private Heimwerker-Anwendungen. Eingesetzt werden die PUR-Schäume direkt aus den sogenannten Druckgaspackungen heraus für Arbeiten an Fassaden, Dächern, Türen, Fenstern und im Innenausbau. Obwohl sie als Chemieprodukt ausgereift, sicher und unbedenklich in der Anwendung sind, führt das Inkrafttreten einer EU-Richtlinie über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen und ihre entsprechende Umsetzung in einer Schweizer Verordnung unter anderem dazu, dass jeder abgefüllten Dose für die Öffentlichkeit mit PUR-Schaum ein paar Einwegschutzhandschuhe beizulegen sind. Diese sollen Rückstände an den Händen der Anwender vermeiden. „Um diese Verpackungsanforderung mit hoher Geschwindigkeit zuverlässig und dokumentierbar zu erfüllen, beauftragte uns Polypag mit der Ausarbeitung einer automatisierten Lösung für die Handschuh-Bestückung der Ventilschutzkappen für die PUR-Druckgaspackungen", erklärt Urs Thoma, Geschäftsführer von Elwitec.
Nichts dem Zufall überlassen
Umgesetzt haben die Elwitec-Ingenieure die Aufgabenstellung mit einer Komplettanlage, die im Wesentlichen aus zwei Förderbandsystemen, einem Deltaroboter zum gezielten Aufnehmen und Platzieren der in flache Päckchen verpackten Einweghandschuhe sowie einem Rundtakttisch, über den die Ventilschutzkappen zugeführt werden, besteht. Die Handschuh-Päckchen werden als Schüttgut in Behältern an der Maschine bereitgestellt, dann über Förderbänder zugeführt und später soweit möglich vereinzelt. „Der Roboter pickt sie mit einem Doppelsaugnapf-System auf und platziert sie jeweils in zwei entsprechend vorbereiteten Ventilschutzkappen auf dem Rundtakttisch", beschreibt Urs Thoma. Die Ventilschutzkappen mit den durch einen Leimpunkt fixierten Handschuh-Päckchen verlassen den Bestückungsroboter und werden anschließend wieder in den Karton verpackt. Der gesamte Pick&Place-Prozess läuft mit einer Geschwindigkeit bis zu 120 Picks pro Minute ab. Damit der Roboter bei dieser Geschwindigkeit die zufällig positionierten Päckchen gezielt vom Band aufnehmen kann, braucht er zur Sichtführung einen entsprechend schnellen und genauen Blick.
Echtzeitdaten für Pick&Place-Prozess
Die IVC-2D von Sick im robusten und kompakten Gehäuse ist eine zweidimensional erfassende Industrial-Vision-Kamera mit Auflösungen von 640 x 480 bis 1024 x 768 Bildpunkten. Sie kombiniert neue Bildverarbeitungstechnik mit der flexiblen und bedienfreundlichen Programmbibliothek IVC-Studio zur schnellen Applikationsentwicklung. Es stehen über 100 Software-Tools zur Verfügung, mit deren Hilfe die Kamera sehr detailliert auf die jeweilige Aufgabenstellung und ihre Randbedingungen bei der Objekterkennung eingestellt werden kann. Eines dieser Tools ist der sogenannte Shape-Locator. Er erkennt die Päckchen innerhalb des definierten Suchfeldes auf dem Zuführband und kommuniziert die ermittelten x- und y-Koordinaten sowie die Drehlage über eine Fast-Ethernet-Anbindung an den Deltaroboter. „Die Koordinaten zur Robotersichtführung werden direkt in der Kamera in kalibrierte Umweltkoordinaten umgewandelt, sodass diese direkt und in Echtzeit für den Pick&Place-Prozess verwendet werden können", stellt Urs Thoma einen Vorteil der Kamera heraus. Neben der Ethernet-Schnittstelle bietet die IVC-2D kommunikationsseitig auch eine RS485-Schnittstelle sowie sechs frei programmierbare Ein- und Ausgänge.
Vollautomatisch bestückt und dokumentiert
Die EU-Richtlinie, die die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen regelt, ist zum 1. Dezember 2010 in Kraft getreten. Rechtzeitig dazu wurde die automatische Bestückungsanlage von Elwitec an Polypag übergeben und in Betrieb genommen. Die Installation und Integration der Anlage wie auch das Feintuning der IVC-2D-Bildverarbeitungslösung vor Ort gingen gut vonstatten", bestätigt Urs Thoma. Mit hoher Verfügbarkeit werden seitdem rund 80 % der Ventilschutzkappen vollautomatisch mit Einweghandschuhen bestückt und dieser Prozess auch vollständig dokumentiert.