Bildverarbeitung

Digitale Mehrkamerasysteme zur Bondflächenprüfung in Echtzeit

15.12.2011 -

Die automatische Prüfung von visuellen Oberflächenmerkmalen stellt heute hohe Anforderungen an die Qualitätskontrolle. Durch den Einsatz von industriellen Bildverarbeitungssystemen (BV-Systemen) ist es möglich geworden, Risse, Kratzer und regionale Strukturdefekte sicher zu detektieren. Solch anspruchsvolle Aufgaben können nur mit Systemen gelöst werden, bei denen die Leistungsdaten der eingesetzten Komponenten sehr gut und mit der BV-Software optimal aufeinander abgestimmt sind. Ein ideales Zusammenspiel zwischen Software, Spezialoptiken und -beleuchtungen sowie einem High-Speed Multikamerasystem stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Kundenforderung: 24 Stunden reproduzierbare Qualität

Der Automobilzulieferer Mühlemann AG produziert komplexe Kunststoff-/Metall-Verbundteile für die Stromerzeugung, die heute in vielen Automarken zum Einsatz kommen. Die Massenproduktion erfordert einen hohen Automationsgrad und die Einhaltung von Qualitätsstandards ist ein Muss. Dazu war es in der Vergangenheit notwendig, die High-Tech-Teile mehrschichtig von qualifizierten Mitarbeitern visuell prüfen zu lassen. Um die Produktionskosten zu senken und mit einheitlichen Qualitätskriterien zu prüfen, wurde die Anschaffung eines automatischen Qualitätssicherungssystems auf Basis eines industriellen BV-Systems evaluiert.

Das Schweizer Vision-Kompetenz-Zentrum QualiVision AG erstellte in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden ein Konzept für ein kompaktes, in die bestehende Anlage integrierbares System, das flexibel an die unterschiedlichen Inspektionsbedingungen angepasst werden kann und zuverlässig die definierten Schlechtteile erkennt, ausschleust und dokumentiert. Als weiteres Ziel sollte die Inline-Qualitätssicherung unmittelbar nach der Produktion eine sofortige Reaktion auf Produktionsmängel ermöglichen und so das bis dahin noch erforderliche Zwischenlager überflüssig machen.

Um diese Ziele zu erreichen, mussten die folgenden Qualitätsmerkmale an 15 Positionen auf den verschiedenen Seiten des Prüflings sicher inspiziert werden:

  • Spritzfehler (nicht ausgespritzt, Überspritzer, Verbrennungen)
  • Vermessen von Graten Verschmutzungen oder Verletzungen von verschiedenen Kontaktflächen
  • Schmutz oder Beschädigungen auf inhomogenen, winkelvariablen Bondflächen
  • Eindrücke und eingebrannte Fettrückstände auf rauen Metalloberflächen

Während der Inspektion sollten zusätzlich mittels einer automatischen Schrifterkennung (OCR) die Teil- und Formnestnummern gelesen und für fehlerhafte Teile protokolliert werden, um so gezielt Mängel während der vorangegangenen Produktionsschritte eliminieren zu können.

Lösung: Einsatz eines automatischen optischen Inspektionssystems

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Machbarkeitsstudien wurde ein BV-System konzipiert. Dieses basiert auf digitalen Matrixkameras von Baumer Optro-nic, telezentrischen Objektiven, speziellen LED-Beleuchtungen und zusätzlichen Prismenoptiken. Erforderliche Spezialfunktionen wie Achsenansteuerung und Automation wurden als Plug-in’s für die konfigurierbare Standard-BV-Software QualiReader programmiert. Nach der Inbetriebnahme des Gesamtsystems wurden während der Test-Produktion die ausgeworfenen Teile zusätzlich noch visuell geprüft, um die Prüfparameter weiter zu optimieren.

Zur Qualitätsprüfung nimmt ein Dreiachsenhandling den Prüfling von einem Rundtakttisch auf und fährt diesen an unterschiedliche Prüfpositionen. Mittels zweier Matrixkameras des High-Speed Kamerasystems mit unterschiedlichen Auflösungen von 1392 x 1040 und 780 x 582 Pixel sowie dem Einsatz von unterschiedlichen Beleuchtungen werden anschließend 17 Bildaufnahmen der Prüfpositionen ausgeführt und automatisch ausgewertet. Für eine absolut sichere Fehlererkennung wurde das Vorgehen des Menschen bei der Qualifizierung der Teile nachempfunden. Ähnlich dem manuellen Kippen und Drehen des Prüfteils wird das Licht bei mehreren Bildaufnahmen von verschiedenen Seiten auf den Prüfling geleitet. Intelligente Algorithmen werten die aufgenommenen Bilder in Echtzeit aus. Bereits nach ca. 4 s wird das Teil wieder auf dem Rundtakttisch abgelegt und ein entsprechendes Gut-/ Schlechtsignal ausgegeben.

Die Kameras

Das eingesetzte Bilderfassungssystem von Baumer Optronic überzeugte bei der Auswahl durch die besten Kamera-Leistungsdaten. Höchste Empfindlichkeit und geringes Rauschen sind bekanntlich die Basis für zuverlässige und reproduzierbare Messergebnisse auch unter komplizierten Aufnahmebedingungen. Die einzelnen Komponenten dieses Systems, Progressive Scan CCD-Digitalkameras, PCI-Interfacekarten wie auch Softwaretreiber stammen aus einem Haus und sichern ein perfektes Zusammenspiel. Dabei war für diese Applikation besonders wichtig, dass sich Kameras mit unterschiedlicher Auflösung beliebig kombinieren lassen und der Bildeinzug in Echtzeit erfolgt. Damit war es möglich, mit den verfügbaren Hardwarekomponenten, Softwaretreibern und Entwicklertools ein echtzeitfähiges Multikamerasystem für diese anspruchsvolle BV-Aufgabe zu realisieren. Zusätzliches Plus: Alle Matrixkameras erlauben im Zusammenspiel mit den PCI-Interfacekarten sowohl eine zeitgleiche wie auch asynchrone Bildaufnahme. Dazu verfügen die Kameras über einen integrierten, optoentkoppelten Triggereingang zur Prozesssynchronisation und einen Ausgang für die exakte Ansteuerung von externen Beleuchtungseinheiten. Die Bilddatenübertragung erfolgt bei geringster CPU-Last, wodurch die volle Prozessorleistung der Bildauswertesoftware ohne Einschränkungen zur Verfügung steht.

Die Beleuchtung

Höchste Anforderungen wurden auch an die eingesetzten LED-Blitzbeleuchtungen gestellt. Diese sollten wartungsfrei arbeiten, über das iX-Kamerasystem auf die Mikrosekunde genau angesteuert werden und somit dafür sorgen, dass bewegte Objekte bei absolut reproduzierbarer Helligkeit für die Bildaufnahme eingefroren werden. Die Bildauflösungen der Kameras sowie die Beleuchtungsart und -dauer werden von Bild zu Bild entsprechend den Auswerteanforderungen „im Flug“ umgeschaltet. Nur so konnten die geforderten Taktgeschwindigkeiten realisiert werden.

Einfache Bedienbarkeit

Eine einfache Benutzerführung war für die Systemakzeptanz entscheidend. Neue Prüflinge werden direkt an der Anlage durch den Maschinenverantwortlichen selbstständig eingelernt. Die einzelnen Prüfschritte werden anschließend aus einer Funktionsbibliothek zusammengestellt. Dabei werden jeweils nur die logisch sinnvollen Funktionen für den auszuführenden Prüfschritt angeboten. Die Prüfschritt-Ergebnisse lassen sich in einem Vorschaubild betrachten und ggf. können Prüfparameter sofort korrigiert werden. Wichtig war auch hier, dass keinerlei Programmierkenntnisse beim Bedienpersonal erforderlich sind.

Fazit

Die Applikation zeigt deutlich, dass BV und Automation als Ganzes betrachtet und gelöst werden müssen. Das Inspektionssystem bewährt sich heute im täglichen Einsatz. Der Endkunde ist mit den Ergebnissen der automatischen Inspektion hoch zufrieden und die Investition in das BV-System hat sich in kürzester Zeit amortisiert. Bis heute wurden auf drei installierten Anlagen viele Millionen Teile ohne Beanstandungen geprüft. Die Flexibilität des Systems ermöglicht jederzeit die Erweiterung hinsichtlich weiterer, neuer Prüfkriterien, um auch morgen den Anforderungen der Qualitätssicherung gewachsen zu sein.

Kontakt Karl-Georg Burri, Geschäftsführer QualiVision A G, Oberrieden, Schweiz Tel.: +41 44 772 20 60 Fax: +41 44 772 20 61 info@qualivision.ch www.qualivision.ch

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