Viewpoint: Vom Akademiker zum Geschäftsmann
07.12.2009 -
In einem Interview für unsere Visionäre-Reihe haben wir kürzlich den Aufsichtsratsvorsitzenden der Dalsa Corporation, Dr. Savvas Chamberlain, gefragt, was denn eigentlich erforderlich war, um als erfolgreicher Wissenschaftler auch ein erfolgreicher Unternehmer zu werden. In seiner Geschichte dazu finden wir einige ganz aufschlussreiche Business-Erkenntnisse, so dass wir uns dazu entschieden haben, diese separat als Viewpoint zu veröffentlichen.
In den frühen 1970ern habe ich gemeinsam mit Professor David Roulston das Silicon Devices and Integrated Circuits Labor der Universität Waterloo gegründet. In diesem Labor habe ich gemeinsam mit meinen Studenten Pionierarbeit bei der Entwicklung der grundlegenden Theorie des Ladungstransfers in kleinen CCD-Bausteinen geleistet. Zu Beginn der 80er hatten wir im Labor einen CCD-Baustein, der etwa 20-mal schneller arbeitete als der damalige Stand der Technik.
Während meiner Zeit an der Uni habe ich über das Waterloo Research Institute (WRI) einiges an Consulting im Bereich CCD-Bildsensor-Design für IBM in York-town Heights erbracht. Northern Telecom in Ottawa habe ich in Design und Entwicklung der MOSFET-Technologie beraten. Zu Beginn der 80er war ich als erfolgreicher Akademiker anerkannt, hatte viele Publikationen und Patente veröffentlicht oder mit-veröffentlicht, und war ein weltweit bekannter Wissenschaftler. Ich war Doktorvater zahlreicher Studenten und hatte für die Universität nicht unbeträchtliche Fördergelder eingeworben.
Und obwohl meine Consultingtätigkeit finanziell ganz lukrativ war, wollte ich meine CCD-Technologie doch in Produkte umgesetzt sehen und ich wollte nicht, dass meine Forschungsergebnisse in wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Aktenschränken verstauben.
Also ging ich den frühen 80ern zu IBM und machte ihnen einen Vorschlag. Da sie ja ein Interesse an CCD-Bildsensoren hätten und da sie mich ja dafür bezahlten, diese Bildsensoren zu entwickeln, könnte ich ihnen dabei helfen, einen CCD- Geschäftsbereich aufzubauen. Sie sagten, das sei eine großartige Idee. Sie würden sofort eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anstellen. Nachdem sie Marktanalyse und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt hatten, kamen sie wieder auf mich zu und sagten, dass das ja nun kein 100 Mio. US-$ pro Jahr Geschäft ist und dass sie deswegen nicht daran interessiert seien. Wenn ich das aber selbst als Geschäft aufziehen würde, würden sie mir weiterhin Aufträge geben. Meine nächste Station war dann Northern Telecom. Sie haben sofort gesagt, dass sei eine großartige Idee und sie würden ihren Leiter Geschäftsentwicklung darauf ansetzen. Die Antwort war, dass das ja nun kein 50 Mio. US-$ pro Jahr Geschäft ist und sie nicht daran interessiert seien. Sie würden mir aber weiterhin Aufträge geben.
Mit diesem Ergebnis bin ich dann zur WRI gegangen. Die sagten, sie könnten mir dabei helfen, eine Firma zu gründen. Meine erste Antwort war: „Was weiß ich denn von Geschäft? Ich bin ein Techniker." Aber die Herausforderung war auch irgendwie attraktiv. Meine Forschungsergebnisse kommerziell genutzt zu sehen, war sehr verlockend.
Ich habe also mein eigenes Geld genommen, mit der Hilfe der WRI etwas Venturekapital erhalten und alles eingesetzt für den Kauf von Computern und Laborausstattung. Als ich versucht habe Venturekapital zu beschaffen, wurde ich gefragt nach meinem Fünf-Jahres-Businessplan. Zu der Zeit hatte ich von Businessplänen keine Ahnung. Alles was ich wusste, war dass ich bereits Kunden hatte, dass ich bessere CCD-Chips produzieren musste als jeder andere, dass ich weitere Kunden gewinnen musste und dass ich aus den CCDs Schritt für Schritt Standardprodukte machen musste. Ich wusste nichts von „vorläufigen Jahresabschlüssen" oder „Ertragsrechnungen", alles was ich kannte war „Gelderhalt". Es sollte mehr Geld in die Kasse kommen als ausgegeben werden. Später habe ich dann beim Harvard Owner/Management Programm gelernt, dass man das „Cash Flow" nennt.
In den 80ern nahm man weithin an, dass man mit Halbleitern und Elektronik in Ontario nichts werden kann. Ich glaube, Dalsa ist erfolgreich geworden, weil ich das nicht wusste.