Zahnstangengetriebe als Roboter-Alternative
03.05.2024 - Kundenspezifisch gefertigte Portalanlagen für Pick-and-Place- und Handling-Aufgaben
Pick-and-Place- und Handling-Aufgaben werden in der Industrie meist von Robotern ausgeführt. Doch sind Portalanlagen eine mögliche Alternative und haben dabei noch einen Vorteil: Die Systeme können kundenspezifisch gefertigt werden und erfüllen deshalb die Anforderungen der jeweiligen Anwendung.
Ein gutes Beispiel für eine Pick-and-Place-Anwendung ist die Bestückung von Blistern mit fertigen Produkten – beispielsweise in der Pharmaindustrie. Hier kommt es auf Schnelligkeit und Genauigkeit gleichermaßen an. Ein Greifarm nimmt ein Rohteil aus einem Blister, legt es zur Weiterverarbeitung auf ein Laufband und holt zeitgleich die fertigen Produkte vom Band, um sie zurück in den Blister zu legen. Da die Prozesse in dieser Anwendung relativ einfach sind, eignen sich Roboter gut für diese Aufgabe. Nachteil: Sie sind ziemlich teuer und damit für viele Unternehmen unerschwinglich.
Die Konstrukteure von Leantechnik entwickelten daher eine kostengünstige und präzise arbeitende Pick-and-Place-Anlage, die nicht auf Roboter, sondern auf robuste, hochgenaue Zahnstangengetriebe aus der eigenen Fertigung setzt.
Positionieren mit hoher Präzision
Konstrukteur Lukas Piofczyk und seine Kollegen entwarfen eine Leantechnik P&P-Pick-and-Place-Anlage, die aus einem 3-Achs-Greiferarm und einem 2-Achs-Palettierer besteht. Als Grundlage dienten bewährte Lifgo-linear- und Lifgo-doppel-Zahnstangengetriebe. Die Getriebe können auch schwere Lasten präzise und synchron positionieren, da sie über eine vierfache Rollenführung verfügen. Diese Getriebe sind in verschiedenen Ausführungen mit Hubkräften von 2.000 bis 25.000 N lieferbar und bieten Hubgeschwindigkeiten von bis zu 3 m/s.
Lange Verfahrwege
Lifgo-linear-Zahnstangengetriebe eignen sich speziell für Anwendungen mit langen Hub- und Verfahrwegen und sind entweder mit fest montierter Zahnstange oder mit fest montiertem Getriebe und beweglicher Zahnstange verwendbar. Um lange Verfahrwege zu bewältigen, können mehrteilige Zahnstangen genutzt werden.
Für die Greifbewegung der Leantechnik P&P-Anlage kommen Lifgo-doppel-Zahnstangengetriebe zum Einsatz. Diese Getriebe sind mit zwei parallel zueinander angeordneten Zahnstangen ausgestattet. Ein Ritzel im Inneren des Getriebes treibt die Zahnstangen an, die sich in entgegengesetzte Richtungen bewegen. Sowohl die Lifgo-linear- als auch die Lifgo-doppel-Getriebe werden in der Pick-and-Place-Anlage in der Größe 5.3 verbaut, die eine Hubkraft von 15.900 N aufweist.
Gantry-System für die PKW-Fertigung
Schnell und hochpräzise müssen auch Handlingsysteme für die Automobilindustrie sein. Die enge Taktung der Fertigung kann nur eingehalten werden, wenn die einzelnen Komponenten just in time und exakt an der vorgesehenen Position zur Weiterverarbeitung bereitstehen. Leantechnik entwickelt seit vielen Jahren Shuttle- und Positionieranlagen für namhafte PKW-Hersteller, die genau diese Aufgabe erfüllen. Dazu zählen unter anderem Anlagen, mit denen die Produktion verschiedener Karosserie-Varianten auf einer einzigen Linie möglich ist, aber auch ein Leantechnik Gantry-System zur Beförderung von Stoßfängern.
Der sogenannte Bumper Conveyor fährt die Stoßfänger von einer Bearbeitungsstation zur nächsten. Er hebt jeweils zwei Stoßstangen aus der Halterung, in der sie nach Beendigung des vorhergehenden Fertigungsschrittes geparkt wurden. Anschließend setzt die Anlage die Stoßfänger auf einer Art Shuttle ab, bewegt sie zur nächsten Station und übergibt sie dort an eine Halterung.
Wie beim Leantechnik P&P-System bilden auch beim Bumper-Conveyor Lifgo-5.3-Zahnstangengetriebe das Herzstück der Anlage. Die Getriebe sorgen für die präzise und schnelle Umsetzung der Bewegungen in Längs- und Querrichtung. Durch den Einsatz der Lifgo-Getriebe erreicht der Conveyor eine Positioniergenauigkeit von 0,05 mm an der Bauteilaufnahme, eine Wiederholgenauigkeit von 0,02 mm und Verfahrgeschwindigkeiten von bis zu 3 m/s.
Individuelle Anpassung der Getriebe
Leantechnik liefert sowohl Zahnstangengetriebe als auch maßgeschneiderte Handling-, Positionier- und Shuttlesysteme. Die Getriebe werden nach dem Baukastenprinzip gefertigt und lassen sich deshalb beliebig miteinander kombinieren. Durch die flexible Montage an jeder der vier Getriebeseiten, den Anbau von Zubehör wie Saugern oder Greifern und ein individuell einstellbares Zahnflankenspiel (Excenter-Ausführung) können die Getriebe zudem kundenspezifisch angepasst werden. Neben den bereits erwähnten Lifgo-Zahnstangengetrieben hat das Unternehmen auch die Baureihe Leantechnik SL im Programm. Diese Getriebe wurden für synchrone Hubaufgaben entwickelt, in denen eine Querkraftaufnahme bereits vorhanden ist. Sie eignen sich für alle Anwendungen, bei denen eine Führung bereits vorhanden ist. Die Leantechnik-SL-Zahnstangengetriebe sind in verschiedenen Baugrößen und in zwei Ausführungen erhältlich, können Hubkräfte von 800 bis 25.000 N aufnehmen und erreichen Hubgeschwindigkeiten von bis zu 0,6 m/s. Neben dem Standardmodell gibt es auch eine Variante für Greif- und Zentrierbewegungen.
Sonderausführungen nach Kundenwunsch
Unter dem Namen Leantechnik Unique konstruieren die Oberhausener zudem Zahnstangengetriebe exakt nach Kundenwunsch. Dazu gehört unter anderem die Oberflächenveredelung mit einer Dünnchrom-Beschichtung oder durch Brünierung: Die Verfahren schützen das Getriebe nicht nur vor Korrosion, sondern auch vor aggressiven Reinigungsmitteln, wie sie unter anderem in der Lebensmittelindustrie verwendet werden.
Leantechnik entwickelt aber auch komplette Zahnstangengetriebe nach individuellen Vorgaben – wie zum Beispiel das Leantechnik SL 5.m. Dieses Getriebe wurde speziell für einen Schokoladenhersteller konzipiert, der einen möglichst kleinen Antrieb für sein Qualitätskontrollsystem suchte. Er sollte eine Edelstahlspitze in die flüssige Schokolade führen, damit sie eine Probe für das hauseigene Labor nehmen kann.
Autor
Sven Schürmann, Teamleitung Marketing